Ich inspiriere gern, besonders die jüngere Generation. Ach, vielleicht habe ich gar nicht direkt inspiriert, vielleicht lag es ohnehin in der Luft.
Ich schrieb mal übers »Menschenrecht, in Ruhe gelassen zu werden«. Das war 2019, also vor der Corona-Panik und vor der Energie-Krise (also näher am Jahr 2018, damals, als Peinlichminister Maas sich und Deutschland in der UN lächerlich machte, indem er und seine Mannen über Trumps Warnung vor der Abhängigkeit vor Russland lachten). Und schon 2019 konnten die Regierung und ihre Journalisten nicht davon ablassen, uns zu belehren.
Drei Jahre später setzt nun auch welt.de einen Titel, der beinahe klingt, als hätte ich die lieben Journalisten inspiriert: »Regierungs-Kampagne: Es gibt ein Recht, in Ruhe gelassen zu werden« (welt.de, 19.10.2022 (€)). (Das »Menschenrecht, in Ruhe gelassen zu werden« wurde zuvor von Roland Baader formuliert, wie ich schon 2019 via Nachtrag ergänzte. Die Chancen stehen also gut, dass wir beide inspiriert sind!)
Der kommentierende Journalist bezieht sich auf ein neues Erziehungsvideo der deutschen Regierung. Man sollte Energie sparen, so heißt es. Und völlig richtig stellt der Journalist (noch vor der Bezahlschranke) fest, dass die Regierung mit solchen Maßnahmen vom eigenen Versagen ablenkt.
Rolex für (fast) alle
Die neuen Aufrufe zum Energiesparen erinnern ja ohnehin an ganz andere Zeiten oder Weltteile. Mancher DDR-Bürger fühlt sich ja von gewissen politischen Entwicklung und Meinungsvorgaben an den real existierenden Sozialismus erinnert. Würde aber die Generation, die noch den Zweiten Weltkrieg selbst erlebte, nicht allmählich zu ihren eigenen Ahnen eingehen, würden sich heute noch weit mehr Bürger an die Kriegszeit erinnert fühlen, als Energie und andere Ressourcen rationiert wurden. Ja, ist es denn wieder soweit?
Die Regierung will offenbar durch Millionen Euro teure Kampagnen aus dem eigenen Versagen eine moralische Pflicht der Bürger ableiten. Der Bürger soll das Regierungsversagen durch Sparsamkeit abfedern – und wenn das nicht genügt, soll er sich selbst die Schuld am Zustand der Nation geben.
Doch da wäre noch etwas.
Verschwendung für den Status
Der Energieverbrauch ist ein Gradmesser von Wohlstand, und zwar sowohl bei Nationen (siehe etwa ourworldindata.org, 2015; grida.no, 2012), also auch bei Individuen (vox.com, 20.3.2020).
Ressourcen verschwenden zu können demonstriert den sozialen Rang des Verschwendenden.
Der Pfau, der Ressourcen für etwas funktional Sinnloses wie seinen Schwanz verschwendet. Die Genossin, die demonstrativ eine Rolex und edelsten Schmuck trägt (siehe Essay vom 30.3.2021: »Dann kotzen Sie mal«) – oder der Revolutionär Fidel Castro, mit ähnlichem Uhrengeschmack (rolexmagazine.com 26.2.2013). Afrikanische Potentaten, die in Luxus leben, während die eigene Bevölkerung nicht einmal Kanalisation hat. Genosse Olaf »Erinnerungslücke« Scholz, der Merkels selbstbewusste Pläne für ein bald eine Milliarde Euro teures Kanzleramt weiterführt (spiegel.de, 16.8.2022), während man eine millionenschwere Kampagne fährt, die das Volk zur Entbehrung auffordert. Und natürlich die ungezählten »Klimaschützer«, die mit Privatflugzeugen von Klimakonferenz zu Klimakonferenz jetten.
All diese Instanzen demonstrieren die auf animalischer Ebene verankerte Funktion des Verschwendens von Ressourcen als Demonstration des eigenen sozialen Status. Beim Menschen kommt noch dazu, dass es die eigene Macht demonstriert, sich nicht an die Regeln halten zu müssen, die man doch anderen auferlegt.
Kampagnen wie die zum »Energiewechsel« (bmwk.de, 10.6.2022) mögen vordergründig zum Stromsparen wie in Kriegszeiten aufrufen. Wenn man jedoch zusätzlich bedenkt, dass die-da-oben auch weiter Ressourcen verschwenden werden – auch weil sie das zur Erhaltung ihres sichtbaren Status schlicht müssen – und dass Energieverbrauch ein zuverlässiges Zeichen von Wohlstand ist, dann wirken diese Kampagnen wie der Versuch, die Bürger via Propaganda weich zu schlagen, brav die eigene Verarmung hinzunehmen, während sie den Reichen beim sprichwörtlichen Reicherwerden zuschauen.
»Was für eine perfide Heuchelei!«, mögen Sie an dieser Stelle ausrufen – doch es wird noch, äh, spannender.
»man muss«
Mitte Oktober 2022 übertraf der für seine gefährlich exzentrischen Aktionen berüchtigte Minister Lauterbach sich selbst. Auch das Gesundheitsministerium des deutschen Propagandastaates fährt derzeit eine teure Kampagne (32,7 Millionen Euro laut kom.de, 16.10.2022).
Zur ankündigenden Pressekonferenz ließ sich der exzentrische Gesundheitsminister von der Spiegel.de-Kolumnistin Margarete Stokowski begleiten, die von ihren »Long Covid«-Erfahrungen berichtete.
Ich habe diese Person in einem Essay von 2018 erwähnt. Jener Text hieß »Wie Gaffer beim Logikunfall«. Die Journalistin Stokowski gehört zu jenen Personen, die ihren Platz in der Aufmerksamkeitsökonomie durch recht brachiale Vulgarität in Kolumnenform sichern. So wie wir bei einem Verkehrsunfall hinschauen »müssen«, »müssen« wir auch den Logikunfällen von Stokowski & Co. hinschauen.
Am 14.10.2022 legte nun Lauterbach einen selbst für den aktuellen Zustand des Propagandastaates skurrilen Auftritt mit eben jener Spiegel-Textarbeiterin hin.
Stokowski berichtete von ihrer Covid-Erkrankung und wie sehr sie Long-Covid belaste. Und sie berichtete, dass sie ordentlich geimpft und geboostert sei, und danach erkrankt sei.
Ein Journalist stellt die eigentlich naheliegende, doch für Deutschland sehr mutige Frage, wie das denn zusammengeht, dass sie durchgeimpft und doch recht schwer erkrankt sei. Frau Stokowski antwortet, sie könne sich das auch nicht erklären. Generell rät sie aber zur Impfung, um davor zu schützen, wovor die Impfung sie nicht hat schützen können.
Frau S. fragt sich öffentlich, wie es ihr ohne die Impfungen gehen würde – die zumindest sprachlogisch denkbare Antwort »womöglich besser« wäre vermutlich das Ende ihrer Karriere als Logikunfall-Kolumnistin und Lauterbachs Aushängeschild.
Frau S. klagt nun extra lautstark, wie ihr nach der Pressekonferenz nun Häme entgegenschlägt, ob ihrer Covid-Erkrankung trotz Impfung und Boostern. Um die innere Verdrahtung solcher Personen zu bebildern, genügt eigentlich, Frau S. zu zitieren: »Darf man sich freuen, wenn Trump Corona hat? Nein, man muss.« (zitiert nach politik.watson.de, 15.10.2022)
Würde ein absurder Dramaturg so etwas inszenieren wie das deutsche Gesundheitsministerium es inszeniert – länger schon – würde man ihm dieses Stück als zu platt ablehnen, zu unglaubwürdig, zu offen unsinnig.
Und doch genügt es nicht, das absurde Theater von Karl L. und Margarete S. nur als offenkundigen Unsinn wegzusortieren.
Nochmal ganz andere
Warum gibt es keine Kampagnen, welche die Bürger von der Schwerkraft überzeugen wollen?
Wem jemals etwa ein Ziegelstein auf den Zeh gefallen ist, der weiß auch ohne Kampagne, dass die Schwerkraft existiert und funktioniert. (Wem aber der Ziegelstein auf den Kopf gefallen ist, der vergisst das womöglich gleich wieder, und außer seiner Beule gibt es für seine Mitmenschen keinen Hinweis darauf, warum er plötzlich die Grünen wählt.)
Der Bürger kann die Schwerkraft selbst erleben. Es sind Glaubensangelegenheiten, religiöse Dogmen, die sich eben nicht aus der Realität ableiten lassen, welche viele Millionen Euro teure Kampagne notwendig machen.
Spätestens aber, wenn die Regierung eine Person zum Zeugen aufführt, bei welcher die gepredigte Maßnahme so nachdrücklich nicht funktionierte, dürfen wir nochmal ganz andere Mechanismen vermuten.
Nicht Absicht
Ich weiß nicht, welche Absicht die Leute hinter dieser Kampagne fahren. Das monatliche Gehalt, direkt oder indirekt vom Steuerzahler finanziert, wird für die Motivation nicht abträglich sein.
Die Interessen der Parteien und Politiker sind natürlich total rein, und auf keinen Fall von Spenden und eventuellen »Anschlussverwendungen« von Pfizer & Co. motiviert.
Die Motivation, ob bewusst oder unbewusst, der Handelnden macht für den tatsächlichen Effekt wenig Unterschied.
Der tatsächliche Effekt dieser Kampagnen ist nämlich, dass ein Teil der Bevölkerung sich schwertun wird, die Regierung zu irgendeinem Thema ernst zu nehmen. Der Tag wird kommen, da werden Menschen sterben, weil sie die Regierung nicht ernst nahmen – und wie konnten sie auch eine Regierung ernst nehmen, die eine Angst-Kampagne fürs Impfen mit einer Person veranstaltet, die nach allen Impfungen schwerwiegend daran erkrankte, wogegen sie doch geimpft war?
Ein anderer Teil der Bevölkerung aber wird auch diese Kampagne »ernst nehmen«.
Dies ist nur möglich, indem man schwerste kognitive Dissonanzen in sich zum Schweigen bringt – oder längst zum Schweigen gebracht hat.
Womöglich sogar
Wenn ich sage, wohin ein Pfeil fliegt, habe ich dadurch nicht gesagt, dass derjenige, der ihn abschoss, auch tatsächlich dorthin zielte. (Es ist denkbar, dass er nur zufällig »in die Luft« schoss, et cetera.)
Ich treffe keine Aussage darüber, warum diese Kampagnen so gefahren werden und nicht anders. Diese Kampagnen werden von Agenturen entworfen, deren Kunde das Ministerium ist – also letztendlich Leute wie Lauterbach – und die Kampagne muss damit nur im Hirn des Herrn Lauterbach einen Sinn ergeben, und sonst nirgends.
Was auch immer das erhoffte Ziel solcher Kampagnen ist, der tatsächliche Effekt bei einem Teil der Bevölkerung wird sein, dass man sich erstens mit der Armut abfindet, und zweitens damit abfindet, dass die Impfung eine moralische Pflicht ist, unabhängig davon, ob sie überhaupt nutzt – oder womöglich sogar schadet.
Vom Menschenrecht
Der junge Journalist in der Welt klagte, dass es ein Recht gebe, in Ruhe gelassen zu werden. Ja, ich stimme ihm zu – ich hatte es sogar ein Menschenrecht genannt.
Das Problem dieser Kampagnen ist aber viel tiefer als »nur«, dass die Regierung durch so dilettantische wie lächerliche Versuche der Volkserziehung von ihrem eigenen Versagen ablenken will.
Das Problem ist, dass die Menschen, die darauf hereinfallen – oder sich geschlagen geben, weil sie schlicht zu erschöpft sind – sich damit abfinden, dass arm zu sein moralisch ist, dass die Regierung auch dann Recht hat, wenn ihre Aussagen keinen Sinn ergeben, sprich: dass Deutschland zu einem »gottlosen Gottesstaat« geworden ist.
Die Kampagnen der Regierung erinnern an ein klischeehaftes Mittelalter, nur eben ohne Gott.
Den Menschen wird gepredigt, dass Armut moralisch ist – und wer darauf hinweist, dass diejenigen, welche die Armut predigen, doch selbst prassen und verschwenden, der gilt als »Ketzer« und »Antichrist« – neudeutsch: »Rechtsextremer«.
Den Menschen wird gepredigt, dass diese oder jene Maßnahmen wirken und deshalb moralisch notwendig sind, während man ihnen vor die Augen eine Person setzt, bei der sie offensichtlich nicht wirken – und aus zahlreichen Berichten kennen wir ja viele weitere.
Wie eh und je
Die so teuren, wie wirren und moralisch fragwürdigen Kampagnen des Propagandastaates predigen einen »Gottesstaat ohne Gott«. Der Bürger soll glauben und gehorchen, auch wenn sein Verstand und der einfache Augenschein ihm das Gegenteil sagen. Der Bürger soll sich mit seiner Armut abfinden, während die-da-oben prassen und verschwenden wie eh und je.
Ich persönlich hätte gern »weniger Gottesstaat, mehr Gott« – und das sage ich als Atheist (wenn auch mit liebevoller Affinität zu Religion und Ritual).
Um uns her toben Kampagnen des offenkundigen Unsinns. Wir dürfen es als Test deuten. Die Aufgabe ist heute doch, all den Lärm des Propagandastaates loszulassen, und in uns selbst etwas Ruhe zu finden, die Stille im Auge des Kampagnensturms, die heimliche Vernunft im Irrsinn des Propagandastaates.
Es gibt ein Recht darauf, in Ruhe gelassen zu werden – das ist wahr. Vor allem aber sollte es ein Recht darauf geben, nicht fortwährend Manipulationsversuchen ausgesetzt zu sein (und sie selbst finanzieren zu müssen), die unseren Verstand beleidigen und bald auch unsere Würde verletzen.
Die Menschen im Iran protestieren gegen die Übergriffigkeit des Gottesstaates. Ich bin sicher, dass auch die Deutschen gegen die Übergriffigkeit ihrer Regierung protestieren werden – sobald jemand von der Regierung sie dazu aufruft, am besten mit einem Logikunfall-Journalisten an seiner Seite!