Dushan-Wegner

22.04.2022

Richtig gezweifelt

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten, Foto von Giu Vicente
Es gibt Kritik, die ist tatsächlich mehr eine Auszeichnung, etwa: »Du bist doch auch so ein Zweifler!« – Das ist die Art von Kritik, wo man antworten darf: »Super, wenn du das sagt, habe ich wohl einiges richtig gemacht!«
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Ich versuche, immer wieder aufs Neue, demütig Kritik anzunehmen und Veränderungen an mir vorzunehmen, so mir die Kritik begründet und die Veränderungen klug erscheinen. Die oberflächlichen Schichten unseres Gemüts wehren sich ja oft gegen Kritik, wie manche Kinder sich gegen Brokkoli oder grüne Bohnen wehren.

Wenn wir jedoch in Seelenangelegenheiten gebildet sind, wissen wir doch, dass auch Kritik, die wir gerade nicht mögen, sehr nützlich sein kann – so wie Brokkoli auch dann gesund ist, wenn es einem gerade nicht schmeckt.

Und dann gibt es Kritik, die uns erst aufhorchen lässt – und uns dann sagen lässt: »Danke! Da habe ich wohl einiges richtig gemacht!«

»Und ihr alle verkauft Hoffnung?«

Wir alle kennen das Medien-Kuriosum namens »CNN« (auch wenn wir den Sender nicht gucken). Es ist ein ans Manische grenzender Anti-Trump-Sender, der jetzt, wo Donald J. Trump als US-Präsident abgesetzt wurde, tapfer weiter gegen Trump kämpft (siehe aktuell etwa cnn.com, 21.4.2022). Derweil wundert man sich bei CNN, dass täglich weniger Leute diesen Zirkus sehen wollen (forbes.com, 21.2.2022 titelt: »CNN’s Ratings Collapse: Prime Time Down Nearly 70% In Key Demo«, zu Deutsch etwa: »CNNs Quoten kollabieren: Hauptsendezeit fast 70% herunter in Kernzielgruppe«).

Innerhalb des Kuriosums CNN ist Brian Stelter einer der extra-kuriosen sogenannten »Journalisten« (natürlich noch immer vom eigenen Hass auf Trump besessen).

Wie so oft bei professionellen Linken ist die ach-so-hohe Moral des Herrn Stelter aber womöglich nicht ganz so ausgeprägt, wenn es um die eigenen Leute geht. Laut dailymail.co.uk, 2.2.2022 fordern Branchen-Insider, dass Stelter gefeuert wird, weil er zwar gewusst haben soll, dass der CNN-Boss eine heimliche Beziehung zur CNN-Funktionärin Allison Gollust unterhielt, dies aber nicht meldete. Gollust hatte übrigens zuvor für den Trump-Hasser und New-York-Bürgermeister Andrew Cuomo (US-Democrats) gearbeitet (der während der Covid-19-Panik desaströs patzte). Später berieten sie und CNN-Boss Jeff Zucker den Covid-Versager Cuomo, wie er auf Trumps Kritik reagieren solle (rollingstone.com, 3.2.2022). Zucker trat Anfang Februar 2022 im Skandal zurück, und CNN weist in der betreffenden Schlagzeile darauf hin, dass die Beziehung der beiden in der Politik mitmischenden »Journalisten« einvernehmlich war (cnn.com, 2.2.2022). Brian Stelter wusste wohl von manchen dieser Vorgänge – und schwieg.

Nein, in internen Angelegenheiten übersieht Herr Stelter schon mal Dinge, die nach US-Moral und eventuell auch US-Recht nicht ganz winkelgerecht sind.

Bei anderen aber, bei seinen politischen Feinden – ja, die sogenannten »Journalisten« von CNN haben kaum zu leugnende politische Feinde – da sieht der Herr Stelter schon mal einen Anlass zur Kritik, der uns schmunzeln lassen könnte – und dann doch sehr viel über Herrn Stelter und CNN aussagt.

Am 19.4.2022 zitierte Stelter, offenbar in Ton und Ausrichtung zustimmend, einen Philip Bump von der »Privatpostille des Amazon-Chefs«, der Washington Post.

Tucker Carlson is always selling the same thing, @pbump says: „He’s selling doubt…“ (@brianstelter, 19.4.2022, Tweet enthält Link zu washingtonpost.com, 18.4.2022)

Zu Deutsch etwa: »Tucker Carlson verkauft immer die gleiche Sache, sagt Philip Bump: »Er verkauft Zweifel…«

Im eigentlichen Artikel wird Carlson dann angegriffen, dass er zwar kontroverse Themen anspricht, aber keine Lösung dafür liefert (»deliver real solutions to the problems«).

Ich bin nach dem Schreiben von aktuell 1.368 Essays (Stand 22.4.2022) und der dafür notwendigen Lektüre reichlich abgehärtet, doch beim Lesen dieser »Kritik« vom CNN-Mann hielt ich kurz die Luft an und schüttelte dann ungläubig den Kopf.

Für CNN-Stelter und Washington-Post-Bump ist es kritikwürdig, wenn Journalisten öffentlich an den Aussagen von Politikern und Konzernen zweifeln (wie Tucker Carlson von Fox News es tut) – und wenn sie keine Lösungen liefern, sprich: gar nicht erst als Politiker auftreten wollen.

Diese Kritik war selbst für die heutige »Linke« derart daneben, dass der Twitter-Gründer persönlich (!) hämisch antwortet: »and you all are selling hope?« (@jack, 19.4.2022), zu Deutsch etwa: »und ihr alle verkauft Hoffnung?«

Die flapsige Rückfrage von Jack Dorsey ist etwa kryptisch. Es wäre aber nicht vollständig unplausibel, »hope«, also »Hoffnung«, also Chiffre für die Interessenskreise zu lesen, welche einen Obama an die Macht brachten, der ja auch mit dem sachleeren politischen Schlagwort »Hope« operierte.

Im Gegenteil!

Wir leben in einer Zeit, in welcher Medienkonzerne sich wie politische Akteure verhalten, und als solche den journalistischen Zweifel für schlecht und böse erklärt haben, während sie selbst »Lösungen« und »Hoffnung« anbieten wollen – und dies auch von ihren Kollegen einfordern!

Vor einiger Zeit habe ich mir sehr bewusst »Ich habe Zweifel« aufs T-Shirt geschrieben. Wir erleben es ja auch in Deutschland, dass Politik und Presse den Zweifel für unmoralisch erklärt haben. Ach, auch nur zu erklären, dass man etwas nicht weiß, wo die Propaganda eine »offizielle Wahrheit« vorgibt, kann den Ungehorsamen heute schnell ins Abseits stellen (siehe Essay »Die Realität und ihre Lücken«).

Super!

Ich will mich gern und täglich darin üben, mir Kritik anzuhören, ihre Aussagen immer wieder mit offenem Geist bedenken, und danach, wenn sie mir berechtigt erscheint, will ich versuchen, mich entsprechend zu ändern. Ich bin ja ein Erwachsener, und ich würde meinen Brokkoli auch dann brav essen, wenn ich ihn nicht lecker fände (was ich aber tue, etwa als Auflauf oder mit einem Spritzer Zitrone).

Es gibt aber auch Kritik, die hört man sich an, und dann beschließt man, genau gar nichts zu ändern – im Gegenteil!

Wenn die Figuren von CNN & Co. den Zweifel als solchen verteufeln, dann dürfen wir selbstbewussten Zweifler diese »Kritik« auf uns selbst beziehen!

Wenn man uns vorwirft, allzu quer zu denken, allzu dreist selbst nach Informationen zu suchen (statt »der Wissenschaft zu glauben«, als ob echte Wissenschaft wie eine Religion »geglaubt« werden wollte), dann ist diese Kritik eher eine Auszeichnung.

Wenn man es uns zum Vorwurf macht, allzu frech zu zweifeln, dann dürfen wir lächeln, uns selbst auf die Schulter klopfen, und stolz erklären: »Super! Danke! Wenn du mich einen ›Zweifler‹ nennst, habe ich wohl einiges richtig gemacht!«

Weiterschreiben, Wegner!

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