Alle Schweine sind gleich, aber einige sind gleicher, so heißt es in der Farm der Tiere. Es will sagen, dass politische Funktionäre sich schon mal selbst nicht an die Regeln halten, die sie anderen aufbürden.
Wenn man aber sagt, etwas sei »ein Schweinestall«, dann meint man damit, dort herrsche schlimme Unordnung.
Wissen Sie, was kein Schweinestall ist? Meine Papiere!
Meine Rechnungen sind ordentlich und ordnungsgemäß (probieren Sie es selbst). Meine Quittungen sind sortiert, gescannt und ordentlich archiviert. Wenn ein Gerät kaputtgeht, braucht es nur ein oder zwei Handgriffe, um festzustellen, dass die Garantie eine Woche zuvor abgelaufen ist.
Das ist wahr!
Nein, nicht alles ist so ordentlich wie meine Papiere. Manchmal bin auch ich etwas schusselig, ein richtiges Dummerchen. Und manchmal übertreibe ich sogar etwas!
Heute habe ich etwa dem Hund, ganz in Gedanken mit diesem Essay beschäftigt, Cornflakes statt Hundefutter in den Napf geschüttet. Der Hund war irritiert, aber verständnisvoll. Dem Sohn bereitete ich dafür eine leckere Schüssel Hundeglück Spezial mit Schweineohren.
„Iss deine Schweineohren. Die Kinder in Afrika haben gar nichts zu essen!“
Ja, ich vergesse schon mal, was ich tun wollte (oder was ich sagen wollte). Als Beispiel: Ich ging eben erst in die Küche. Dort angekommen wusste ich nicht, warum ich in die Küche gegangen war. Zur Inspiration inspizierte ich den Kühlschrank. Eine mysteriöse Schale stand darin: Ah, mein Sohn hatte sein Frühstück nicht gegessen.
Am Dienstag habe ich aufgegeben, mir den aktuellen Wochentag merken zu wollen. Das war so um vorletztes Weihnachten herum.
Aber fragen Sie mich nach der Rechnung für die Kaffeemaschine – ein Griff, zwei Klicks – Tadaa!
Ordnung muss sein!
Für die Ordnung wichtiger Papiere gibt es Ordner, im Büroregal wie auch im Computer. Man locht und heftet ab, und dann bewahrt man es in Ordnern auf.
Wir kennen es ja: Wir kommen in ein Büro, wir sehen die Ordner in den Regalen, nach Jahresdaten und Geschäftsgebieten sortiert, und wir wissen: Da herrscht Ordnung. (Und außerdem ist man noch nicht so richtig im digitalen Zeitalter angekommen).
Wissen Sie, wo augenscheinlich keine Ordnung herrscht? Bei gewissen Politikern, und besonders oft bei denen, die sich gern betont moralisch geben.
Wir kennen etwa die Frau Schwesig, die ist Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern und dazu Genossin bei der SPD.
Frau Schwesig findet offenbar die Homöopathie toll (aerztezeitung.de, 13.5.2019) und Zensur noch toller (spiegel.de, 10.8.2009). Frau Schwesig findet traditionelle Familienbande super wichtig, wenn es um die Familien von Migranten geht, weshalb sie unbegrenzten Familiennachzug fordert (zeit.de, 17.1.2016), ansonsten findet sie ein traditionelles Konzept von Familie, wenn ich es richtig lese, eher »rückwärtsgewandt« (welt.de, 30.8.2016).
Frau Schwesig setzt sich dazu auch noch mit ihrem ganzen Sozen-Herzen für den Klima- und Umweltschutz ein. Dafür hat sie eine dolle Klimastiftung eingerichtet, weil die Förderung von Klima- und Umweltprojekten »vielen Menschen in unserem Land am Herzen liegt« (zitiert nach spiegel.de, 8.1.2021).
Diese »vielen Menschen« werden sich also bestimmt freuen, dass sie via Steuergeld hunderttausende Euro in diese Stiftung pumpen dürfen – deren erstes Projekt es war, die Pipeline »Nord Stream 2« zu unterstützten. Ein anderer Unterstützer dieser Stiftung war die Nordstream AG, deren Mehrheitseigner der russische Gazprom-Konzern ist (so spiegel.de, 8.1.2021). Hat vielleicht ein SPD-Parteikollege da vermittelt? Es soll ja den einen oder anderen Sozen mit guten Beziehung zu Herrn Putin geben.
Das ist nicht verwerflich!
Es ist doch schön, wenn dem Herrn Putin ebenso wie Frau Schwesig der Schutz der Umwelt und des Klimas ebenso wie »vielen Menschen in unserem Land am Herzen liegt«.
Irgendwelche Nörgler maulen herum, was bitteschön der Bau einer Leitung für einen fossilen Energieträger mit Umweltschutz zu tun hat, und warum sich deutsches Steuergeld mit russischem Geld vereint, um Propaganda für Putins Lieferwege zu machen.
Aktuell kommen immer neue interessante Vorgänge heraus, etwa aktuell bild.de, 1.5.2022: »Schummel-Stiftung zahlte Rechnung für Gazprom«, »Schwesigs Stiftung fungierte offenbar als schwarze Kasse, aus der Rechnungen für den Kreml beglichen wurden!«
Nun wollen einige Nörgler genauer nachschauen, was es mit dieser Stiftung auf sich hat – und sie wollen gleich beim Anfang der Angelegenheit beginnen.
Leider, leider, leider kann Frau Schwesig aber gerade die Gründungsakte dieser Stiftung nicht finden (focus.de, 29.4.2022). Überhaupt ist es unter ihrer Würde, sie danach auch nur zu fragen. Dem Staatsfunk gab sie zu Protokoll, sie könne sich doch »nicht um diese Details kümmern« (ndr.de, 2.5.2022).
Ich stelle mir vor, dass wenn das Finanzamt mich nach einem wichtigen Ordner fragt, und ich bloß flapsig erwidere, ich könne mich »nicht um diese Details kümmern«.
Ach, seien wir realistisch: Wenn man Sie oder mich nach einer wichtigen Akte fragte, und wir könnten sie nicht sehr bald vorlegen, bekämen wir so richtig Ärger. Wir bekämen den Ärger übrigens von Leuten wie Frau Schwesig selbst, welche (laut Wikipedia, Stand 2.5.2022) Diplom-Finanzwirtin (FH) ist und als Steuerfahndungsprüferin arbeitete.
Das ist Ordnung!
Alle Schweine mögen gleich sein, doch einige sind eben gleicher – und Sie und ich zählen wahrscheinlich nicht dazu. (Sonst würden Sie diesen Text nicht selbst lesen, sondern von Ihrem Pressereferenten sichten lassen. Lieben Gruß an dieser Stelle nach Berlin und Kiel!)
Ich habe in meinem Leben noch keinen Ordner verloren, den ich nicht verlieren wollte, und tatsächlich habe ich noch überhaupt keinen Ordner verloren, was auch daran liegen könnte, dass ich noch nie einen Ordner verlieren wollte. Aber gut, ich bin auch kein Ministerium, da ist alles viel komplizierter, da kann das schon mal aus Versehen passieren.
Im Ernst aber: Nicht dass noch einer denkt, es sei ein reichlich unordentlicher Schweinestall, in dem gewisse Sozen sich zu wühlen scheinen!
Manche Schweine sind gleicher – aber ich bin kein solches. Ich bin ein ganz gewöhnliches Schwein. Wenn ich einen wichtigen Ordner verliere, verpassen mir die Behörden einen Satz heiße Schweineohren.
Aber nein, vielleicht sind die komischen Vorgänge rund um Frau Schwesig nicht ein einziger großer Schweinestall. Vielleicht wollte sie nur Ordnung machen und hat sich von Kurt Tucholsky raten lassen, welcher uns bekanntlich ermahnt, dass die Basis einer gesunden Ordnung ein großer Papierkorb ist.
Ich wette darauf!
Eine Umweltstiftung, die eine Gaspipeline unterstützt, das sei »als würde ein Vegetarierbund Schlachthöfe betreiben«, so schrieb Kurt Stukenberg (spiegel.de, 8.1.2021).
Die heutige Außenministerin Baerbock kategorisierte den heutigen Wirtschaftsminister Habeck einst als jemanden, der mit »Hühner, Schweine, Kühe melken« zu tun habe, sie aber mit »Völkerrecht«. (Habeck ist promovierter Philosoph; Baerbock … nun ja, wir kennen die Story.) Man würde ja gern hoffen, dass der »Schweinebauer« hier ausmistet, doch tatsächlich hält das Habeck-Ministerium in verwandter Angelegenheit ein wichtiges Gutachten zurück (so spiegel.de, 29.4.2022). Begründung: Die Veröffentlichung würde »hohen politischen Druck auf die Bundesregierung« aufbauen. – Sorry, einen tatsächlichen Schweinestall, der sich so etwas erlauben wollte, würden die Behörden aus gutem Grund bald dichtmachen.
Die Glaubwürdigkeit der Politik in Deutschland befindet sich heute in einer »existenziellen Krise« – ähnlich übrigens wie die wirtschaftliche Lage der Schweinehalter in Schleswig-Holstein (ndr.de, 4.11.2021).
Wenn unsere ach-so-demokratischen Politiker mehr zur Rechtfertigung ihrer Macht vorbringen wollen als das »Bätschi« der Sozin Andrea Nahles, werden sie Figuren wie Schwesig schnell loswerden müssen.
Ich bin sicher, dass Frau Schwesig die Gründungsakte jener wunderbar moralischen Stiftung bestimmt bald findet, und dass sich auch sonst alle Meldungen als Missverständnis herausstellen, da wette ich drauf, und wenn dem nicht so ist, beiß ich in ein Schweineohr!
Ich habe in der Schule gelernt, dass Deutschland eine Demokratie ist. Ich habe auch gelernt, es sei das zentrale Merkmal der Demokratie, dass Politiker abgewählt, zum Rücktritt bewegt oder unter Umständen entlassen werden können. Das heißt: Anders als etwa eine Diktatur ist eine Demokratie friedlich »ausmistbar«.
Es stinkt, und der Geruch verbreitet sich aus den goldenen Ställen, welche die Deutschen mit ihren Steuergeldern finanzieren. Es wäre eine gute Idee, den einen oder anderen Stall mal wieder auszumisten.