Dushan-Wegner

28.10.2018

Hast du deinem Verräter die Windeln gewechselt?

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild: der Autor, Teil-Bilder: T. van Kessel, S. Millar
Wenn Eltern daheim Angst haben müssen, was sie über Politik sagen, weil Kinder sie verraten könnten (oder Artikel in linker Zeitung schreiben), dann sind wir als Gesellschaft unten angelangt. Linker Wahn zerstört alles, was er berührt – auch Familien.
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Ein Witz, darf ich Ihnen einen charmanten kleinen Witz erzählen? Ja? – Oh, das ist charmant von Ihnen, dass ich das darf!

Räusper, räusper, hier ist er:

Sagt der eine: Wieso hängst du dir ein Hufeisen über die Tür? Glaubst du denn an sowas?
Sagt der andere: Nein, natürlich nicht. Aber ich habe gehört, es soll wirken, auch wenn man nicht dran glaubt.

Ein wahrhaft charmantes Witzlein, oder? Und so viel Wahrheit darin! Wo findet man denn noch so wahre Wahrheit in diesen wahrlich verlogenen Zeiten?

Endzeitstimmung

Darf ich Ihnen nach dem Witz nun auch etwas aus der Bibel zitieren? Sie wissen ja – haha – es soll auch wirken, wenn man nicht dran glaubt.

»Es wird aber ein Bruder den andern zum Tod überantworten und der Vater das Kind, und die Kinder werden sich empören gegen ihre Eltern und werden sie zu Tode bringen.« (Mt. 10:21)

Es gibt einen guten Grund, warum ich hier jenes Buch zitiere, das als Vorlage für »Life of Brian« gewisse Berühmtheit erlangte, doch zu diesem guten Grund kommen wir – oh Grundgütiger! – im zweiten Akt.

Strukturen (relevante)

Es ist ja fast, als hätte der Autor der Bibel die Relevanten Strukturen gelesen, oder der Autor der Relevanten Strukturen hätte etwas Theologie studiert, auf jeden Fall lassen sich die Vorschriften, Werte und Gebote der Bibel zuverlässig in Strukturen und Relevanz übersetzen.

Die 10 Gebote sind eine Liste hochrelevanter Strukturen – die ehernen Werte in loser Reihenfolge: Gott, Ehe, Eltern, Leben, Ruhetag, Eigentum, Wahrheit, Zufriedenheit.
Relevante Strukturen bedeuten, schnell zusammengefasst: die Kontexte, in die du eingebettet bist, von denen du abhängst, die zu stützen deine Pflicht ist, damit du, dein Volk und letzten Endes die Menschheit überleben.

Die meisten der Zehn Gebote geben schlicht Anweisung: Tu dies nicht, lass jenes sein. Einige einzelne Gebote aber unterscheiden sich im Aufbau, eines davon ist das vierte:

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird. (Exodus 20:12)

Das vierte Gebot ist das einzige Gebot, dass explizit ein handfestes Nützlichkeits-Versprechen enthält. Andere Gebote liefern Begründungen, etwa dass man aus ägyptischer Knechtschaft geführt wurde. Das vierte Gebot, das Gebot, wonach man seine Eltern ehren soll, enthält eine Wenn-Dann-Aussage: wenn du X tun wirst, dann wird Y passieren.

Moral hat mit relevanten Strukturen zu tun. Moral ist der innere Drang, eine als relevant anerkannte Struktur zu stärken. Die Zehn Gebote listen besonders relevante Strukturen auf (zum Beispiel das Eigentum des Nächsten, liebe Sozialisten! – und die Wahrheit, liebe Journalisten!), die zu stützen moralisch geboten ist. Für jede einzelne der gelisteten Strukturen ist es überlebenswichtig (für den Einzelnen wie für die Gemeinschaft), dass sie zu stützen ein allgemein anerkannter Wert ist; das Gebot, seine Eltern zu ehren, sticht innerhalb der Zehn Gebote darin heraus, dass die praktische Wichtigkeit explizit ausbuchstabiert wird: Wenn ihr als Volk eure Eltern nicht ehrt, werdet ihr es nicht lange machen – in eurem Land nicht und anderswo wohl auch nicht.

Hatte mein Vater etwa?

Die Deutschen verehren Brecht, aber sie lesen ihn zu wenig. Die zehnte Szene, »Der Spitzel«, in »Furcht und Elend des Dritten Reiches« liest sich, als ob sie bald aktuell werden würde. Der Sohn wollte die Zeitung lesen, weil sein Gruppenführer ihm gesagt hatte, dass alles, was in der Zeitung steht, gewusst werden darf. Der Vater wirft zurück, nicht der Gruppenführer, sondern er entscheide, was der Sohn lese, und in den Zeitungen stünden »Schweinereien«. Der Sohn verschwindet plötzlich, und die Eltern haben Angst, dass er losgezogen sein könnte, seine Eltern zu verpfeifen. Die Frau wirft dem Mann vor, dass er vorm Kind gesagt habe, dass in den Zeitungen lauter Lügen stehen. Angst, magenverdrehende Angst, von seinem eigenen Kind verpfiffen zu werden.

Auch heute empfiehlt es sich nicht, vor seinen Kindern zuzugeben, dass man die offizielle Berichterstattung für Lügen hält. Nehmen wir an, jemand ruft bei Ihrem Chef an und berichtet, Sie hätten sich angeblich rechtspopulistisch geäußert – wie wird sich das auf Ihre Karriere auswirken? Nicht alle Bürger können sagen, dass der Chef es weglachen würde.

Im Tagesspiegel erschien dieser Tage ein Text mit dem Titel »Spaltung einer Familie – Wenn der Vater AfD wählt« (tagesspiegel, 26.10.2018).

Lesen Sie den Artikel selbst! Der anonym bleibende Autor ist angeblich 24 Jahre alt und studiert Sozialwissenschaften. Der Text beschreibt die Entfremdung von seinem Vater, als klar wird, dass der Vater wohl die AfD gewählt hat. Um meinen Glauben an die Menschheit nicht zu verlieren, gehe ich davon aus, dass der Text ein Phantasie-Produkt ist, also Prosa, nicht »wirklich«. Der Text liest sich wie das erschreckende Protokoll einer Gehirnwäsche.

Hatte mein Vater etwa AfD gewählt? Mein Vater? Ehemaliges SPD-Mitglied und selbsterklärter Sozialist? Mein Kindheitshelden-Papa? Das passte nicht zusammen. Unser zweites Telefonat dauerte nur wenige Sekunden, die Sachlage hatten wir schnell geklärt. Ja, er hatte es getan. (tagesspiegel, 26.10.2018)

Es geht in diesem Ton weiter. Weil der Vater etwas wählte, was dem 24-Jährigen sowie seinem »Freundeskreis« nicht passt, dauerte das zweite Telefonat »nur wenige Sekunden«.

In diesem Stil geht es weiter. Der Text ist ein Zeitdokument. Es geht nicht um Verstehen, nicht um Empathie und an allerletzter Stelle um Verstand oder Logik. Das Denken des Autors reduziert sich auf das mechanische Reproduzieren linker Tropen darüber, was »Rechte« angeblich alles so sind, und gipfelt irgendwann in dem vulgären Vorwurf an den Vater, er sei Rassist. Es scheint in der Abwesenheit allen fühlbaren Anstands kaum als echt vorstellbar, und ich gehe fest davon aus, dass es ausgedacht oder zumindest stark überspitzt ist.

Der Text dokumentiert nicht eine andere Moral, er dokumentiert nicht eine übersteigerte Moral, er dokumentiert die Abwesenheit von Moral und die Selbstreduktion eines (hoffentlich) ausgedachten Menschen auf ein gehorsames Rädchen im ideologischen Apparat.

Wenn Sie verstehen wollen, wie es Hitler gelang, Jugendliche gegen ihre Eltern aufzubringen, lesen Sie »Wenn der Vater AfD wählt« im Tagesspiegel – so, genau so. So übel der Text auch ist, Sie dürfen nicht vergessen, was es bedeutet, dass Sie ihn lesen können: Nehmen wir hypothetisch an, dass er echt ist (ich kann und will es nicht ganz glauben), dann müssen wir uns dessen bewusst werden, dass er in einer vielgelesenen Publikation erschien. Der Vater wird es lesen. Die Familie wird es lesen. In was für einem Zustand seelischer Verwahrlosung muss jemand sein, der glaubt, dass sein Vater ein »Rassist« und damit maximal verachtenswert ist, und der das auch noch publiziert?

Das Hufeisen

Mit dem Versprechen des vierten Gebotes ist es wie mit dem Hufeisen in jenem Witz: Es wirkt, auch wenn man nicht daran glaubt.

Eine Ideologie, die Kinder gegen ihre Eltern aufbringt, ist nicht nur offensichtlich moralisch entleert, sie wird auch die Menschen, das Volk und mit ihm das Land zerstören.

Es gibt viele Gründe, gegen linke Ideologie zu kämpfen, doch der erste ist: Linke Ideologie macht alles kaputt, was sie berührt: das Gewissen und das Glück des Einzelnen, den Wohlstand und den Frieden des Landes, und, wie hier: die Familie.

Warum sollten wir Tag für Tag gegen linken Wahn argumentieren? Weil er alles zerstört, was er berührt. Eltern erkennen ihre gehirngewaschenen Kinder nicht mehr wieder, und sie fragen sich: Wer sind diese Leute, und wer gibt ihnen das Recht, meiner Familie so etwas anzutun?  Dieses Kind, dem ich eben noch die Windeln wechselte, wird es mich verraten?

»Kinder werden sich empören gegen ihre Eltern und werden sie zu Tode bringen«, sagt Jesus über die »Endzeit« – ich höre von am Boden zerstörten Eltern, deren Kinder ihnen wie gehirngewaschene Zombies vorkommen, vulgär und dumm, politische Haltungs-Roboter.  (Heute nennt man automatisierte politische Meinung auch »non player character«.) Für diese Eltern ist die persönliche »Endzeit« ein Stück weit Realität. Was soll ich denen raten? Wie sprichst du mit deinem Kind, wenn du Angst hast, dass es deine Sorge gegen dich verwendet, wenn es längst keinen Argumenten mehr zugänglich ist, aber in dir den ärgsten Feind sieht?

Auch ich spreche häufig von »Linken« und »Konservativen«, doch es wird immer klarer, dass es darum immer weniger geht. Der Graben zieht sich heute zwischen Zerstörern und Bewahrern. Zwischen denen, die Opfer für ihre Ideologie verlangen – und denen, die einfach nur leben wollen.

Es ist heute so einfach wie profitabel, im Namen der »Haltung« zu zerstören, was frühere Generationen erhofft, erarbeitet und oft genug sich vom Mund abgespart haben. Es ist dagegen brutal hart, gegen den zerstörerischen Zeitgeist zu kämpfen, und der Gegenwind wird derzeit nicht schwächer, sondern stärker.

Ja, der Preis kann hoch sein, denn unser Verlust ist deren Gewinn. Und doch, jeden Tag: Wenn wieder einmal die Zerstörer auf die Bewahrer losgehen, werde ich immer auf der Seite der Bewahrer sein – immer!

Weiterschreiben, Wegner!

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