Dushan-Wegner

30.10.2020

Die 2020er

von Dushan Wegner, Lesezeit 9 Minuten, Foto von George Fitzmaurice
»Uff, was für ein blödes Jahr, dieses 2020…«, so seufzt mancher, »zum Glück ist es bald vorbei!« – Seien wir ehrlich, wir ahnen es alle: 2020 ist bloß der Auftakt zu einer Dekade des, äh, »Umbruchs«.
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Ein Mann bricht zur Wanderung auf, einen Berg hoch. Er ist ein Hobby-Forscher, ein enthusiastischer Amateur, und er plant, das Geheimnis des Gipfels zu ergründen.

Der Mann hat sich seit Tagen und Wochen vorbereitet. Er hat seine Wanderstiefel zur Probe geschnürt, immer wieder. Er hat unverderbliche Vorräte in seinen Rucksack gepackt.

Und dann bricht er auf – doch, schon nach einer Stunde stößt er auf Schwierigkeiten, die er nicht vorhersah.

Der Weg ist steinig, die Steigung steil. Die Brücken sind brüchig, und die Bergbäche, die er durchqueren muss, prüfen seinen Willen.

»Ich muss neue Kräfte sammeln!«, sagt er bereits nach einer Stunde seiner Wanderung. Er setzt sich auf die Kante eines kleinen Felsens, und bereitet sich ein wohlverdientes Festmahl aus seinen Vorräten.

»Hm, das schmeckt!«, sagt er, in der einen Hand einen Laib Brot und in der anderen Hand eine Dauerwurst.

Eigentlich hätten die Vorräte noch weit länger halten sollen, als nur diese eine Stunde – ja, eigentlich.

Er nimmt einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche, und sagt sich: »Hach, das erfrischt! Ich will auch Wasser über meinen Kopf schütten, um mich abzukühlen!«

Wie er da so sitzt, wie er da so kaut, verdaut und sich seiner selbst besinnt, da fällt ihm auf und ein, dass seine Füße schmerzen!

»Was nutzen mir diese alten Wanderstiefel«, so ruft er sich selbst zu, »wenn doch meine Füße darin brennen!« – und derart schimpfend, im festen Glauben, darin klug zu handeln, schnürt er seine Stiefel auf und wirft sie fort, eine Bergspalte hinab, wo auch er selbst sie nicht mehr heben könnte, sollte er es bald wollen.

»Ah, so ist es leichter«, sagt der Mann, »wohlgenährt und barfuß! Der Rucksack ist auch schon viel leichter, so werde ich den Gipfel erreichen und erforschen!«

Die Marder im Dunkel des Waldes könnten es ihm verraten, die Geier auf den Ästen der toten Bäume ahnen es, und sie wiegen wissend ihre haarlosen Köpfe auf den dünnen Hälsen, ja sogar die Würmer in der Erde werden sich nicht drum rum winden können – der Wanderer ohne Schuhe und nun auch ohne Vorräte, er wird wohl nicht den Gipfel erreichen.

Warum hat er eigentlich die Schuhe fortgeworfen? Warum hat er sich viel zu früh vollgegessen, so dass ihm keine Nahrung mehr für den Rest des Aufstiegs blieb?

/nichts-wirklich/

Die Nachrichten berichten heute, Ende Oktober und Anfang November 2020, was sie gestern berichteten, nur matter, nervöser. Der Arzt, der ermattend einsieht, dass er diese Krankheit nicht wird heilen können, und der Journalist, der nervös erkennt, dass man ihm seine Lügen nicht mehr glaubt – beiden bleibt nur eines: dem Patienten die Wahrheit zu sagen.

»Lockdown« klingt besser als »Ausgangssperre« und »Abriegelung« – es ist aber eben das. Deutschland soll in den »Lockdown«, jetzt aber wirklich. Das bleibt noch etwas länger in den Nachrichten.

Noch immer und wieder in den Nachrichten, ganz nach dem Motto »Berlin schwätzt, Frankreich erträgt«: Frankreich.

Frankreich ist bekannt für teuren Wein, feine Mode und seit einiger Zeit auch für fies mordende Terroristen.

Mitte Oktober ermordete ein islamistischer »Flüchtling« einen Lehrer. Macron kündigte den Kampf gegen Islamisten an. Ich fragte (am 18.10.2020), so neugierig wie rhetorisch: »Was will er tun, was er bislang nicht getan hat?« – Gestern, am 29.10.2020, hat wieder ein islamistischer »Flüchtling« zugestochen, diesmal in Nizza. Diesmal drei Morde. Macron kündigt den Kampf gegen Islamisten an. Was wird er anders tun (dürfen)? Ich erlaube mir, die URL meines Essays vom 18. Oktober zu zitieren: /nichts-wirklich/.

Man hört wieder gutmenschliche Glaubensbekenntnisse nach dem Muster »X-ismus hat nix mit X zu tun« (»Den Islamisten geht es nicht um Religion…«, @johannesvogel, 29.10.2020). Dieser gutmenschliche Glaube, besser als der Täter zu wissen, was in seinem Kopf vorgeht (zuverlässig begleitet von weitgehender Ahnungslosigkeit vom Gegenstand), er wäre beinahe amüsant, wenn er sich nicht in der politischen Praxis niederschlagen würde und so mittelbar weitere Menschenleben kosten könnte. Dummheit, auch die freiwillige, praktische Dummheit ansonsten schlauer Menschen, tötet durch Wegschauen – und sie wird weiter töten.

In den USA finden am Dienstag, drei Tage nachdem ich diesen Text schreibe, die US-Wahlen 2020 statt. Tatsächlich wird schon seit Wochen gewählt, in diversen Vorab- und Briefwahlen. US-Präsident Trump warnt eindringlich vor dem möglichen Chaos und möglichen Wahlbetrug bei Briefwahlen – und selbst der trumphassende Deutsche Staatsfunk muss zugestehen, dass Trump schlicht richtig liegen könnte (»100.000 Wähler betroffen – Briefwahlchaos in New York«, tagesschau.de, 6.10.2020). Ich selbst tue mir auch ohne Briefwahl-Unstimmigkeiten schwer, einen möglichen Sieg des greisen Biden legitim und demokratisch zu nennen: Einzelne Mitarbeiter der Sozialen Medien und Medienkonzerne machen wenig Hehl daraus, dass sie etwa »die nächste Trump-Situation verhindern wollen« (vergleiche etwa @JamesOKeefeIII, 26.2.2019) – und zwar mit allen Mitteln, wozu inzwischen recht offene Zensur konservativer und nicht-globalistischer Stimmen gehört. Ist eine Wahl »demokratisch«, wenn Teile des Volkes rund um die Uhr in Propaganda eingebettet sind und ihnen die Wahrheit vorenthalten wird, mit dem Ziel, den Kandidaten der Globalisten an die Macht zu heben?

Die Demokratie in Deutschland wie in den USA ist unter Attacke, von Seiten derer, die sich »gut« nennen. Seit Monaten schon rufen US-Democrats recht offen zu Unruhen gegen Trump auf (Video-Zusammenschnitt: @CaldronPool, 31.8.2020) – erfolgreich. Antifa und Black-Lives-Matter plündern und brandschatzen seit Monaten in US-amerikanischen Städten (siehe etwa den Text »Der linke Mob, eine ›no dad gang‹«). In den Sozialen Medien kursieren recht offene Gewaltdrohungen für den Fall, wenn nicht der greise, unter Korruptionsverdacht stehende Rassist Joe Biden an die Macht gebracht wird (um bald durch die weitgehend gewissensbefreite Kamala Harris ersetzt zu werden). Gewisse Netzwerke scheinen in den USA an die ganze Macht zurück zu wollen – und sie werden »gelernt« haben, die Entscheidung übers Präsidentenamt nie wieder der Demokratie allein zu überlassen.

Nun, die Amerikaner wählen zumindest noch (wenn auch unter massivem Propagandafeuer seitens der Medienhäuser im Konzernbesitz – in Deutschland wurden die Maßnahmen zum Lockdown gar nicht erst dem Parlament vorgelegt. Und, als ob das Merkel-System in aller Nachdrücklichkeit belegen wollte, wie wenig man von Demokratie hält, lässt man aktuell prüfen, ob man die nächsten Wahlen nicht »wegen Corona« aufschieben könnte (tichyseinblick.de, 30.10.2020 – man darf weiterhin vermuten: Merkel bleibt »Kanzlerin, so lange sie will«.)

Nein, die Nachrichten berichten nicht viel Neues – ein Anglophiler könnte sagen: »these news aren’t really new« – nur die Stimmung der täglich aufs Neue falsch liegenden Linken und Lügner wird gereizter, ihre Nervosität ist mit Händen greifbar.

Wie Straßenräuber umherstolpern

Welche rationalen Gründe und Argumente, außer unserem Wunschdenken, sprächen für die Annahmen, dass 2020 eine große Ausnahme war und 2021 wieder eitel Sonnenschein wird?

Bei der Pandemie vor 100 Jahren schlug die »zweite Welle« im Herbst 1918 weit heftiger zu als die erste (history.com, 3.3.2020).

Die Motivation der Mächtigen, zum »alten Normal« zurückzukehren, ist null – selbst wenn sie wollten: ich bezweifele, dass sie es überhaupt könnten.

Was wird denn im Januar 2021 wirklich anders sein? Oder im Januar 2022?

Die Mehrzahl der Deutschen wird weiterhin vom Staatsfunk »gehorsam« gehalten werden.

Wenn jetzt, bald ein Jahr nach Ausbruch des Virus, kein Impfstoff gefunden ist, obwohl die besten Experten der Welt daran forschen und kaum beziffernde Summen damit zu verdienen wären – wie stehen die Chancen, dass er in drei oder sechs Monaten gefunden wird?

Ich will weder meine Macht ausbauen noch irgendwen ruhig halten. Meine erste und letzte Motivation ist es, mich mit Ihnen gemeinsam in der Kunst zu üben, meine »Kreise zu ordnen«. Dazu ist es unabdingbar, die Realität als solche zu akzeptieren, und seine Vorhersagen an den wahrscheinlichsten Möglichkeiten auszurichten, nicht (nur) an den wünschenswertesten.

Ich sehe 2020 als Beginn einer Umbruchs-Dekade (und wenn Sie zu jenen Genauen gehören, denen eine Dekade mit einer 1 beginnen muss, betrachten Sie bitte 2020 als Auftakt vor der eigentlichen Dekade – danke…). Regierungen und Konzerne ringen um die Macht. Die Macht der Konzerne ruht auf der Klugheit der Konzerne – die Macht der Demokratien ruht auf der Klugheit der Wähler. Wählen Sie Ihren Favoriten! Nicht nur die Mächte selbst werden teils ganz neue und teils sehr alte sein (nicht selten beides zugleich) – das Konzept der Macht selbst wird schärfer definiert werden. Nein, ich glaube nicht, dass die Herrschaften scherzen, wenn sie inzwischen ganz offen vom »Great Reset« reden – ich fürchte nur, dass die, die es offen tun, sich überschätzen, und dass es andere sein werden, welche den Knopf betätigen. Deutschland mutiert bereits jetzt zu einem »Propagandastaat«, doch, um es mit einem Liedtitel zu sagen: »You ain’t seen nothing yet…«

Erfolgreiche undemokratische Regierungen werden wie Konzerne strategisch klug ihre Macht ausbauen, und ihre Bürger werden gehorsam sein (siehe wieder: China). Erfolglose undemokratische Regierungen werden wie Straßenräuber umherstolpern und ihre Bürger werden leiden (siehe diverse »fragile states«) – die Demokratien werden an ihrer schwächsten Stelle angegriffen werden, nicht selten schon jetzt von jenen, die sie zu bewahren beauftragt wurden.

Gerade erst begonnen

Der Mann in unserer Geschichte zum Einstieg des Essays, der Wanderer, der seine Vorräte schon nach der ersten Stunde verfutterte und seine Schuhe fortwarf, weil sie ein wenig drückten – er soll uns als Mahnung dienen!

Wir schließen in diesen Wochen nicht (nur) das »schreckliche 2020« ab – wir haben ein neues Jahrzehnt begonnen!

Was war die Motivation des dummen Wanderers, was trieb ihn? Ich habe keinen Zweifel, dass er sich just in dem Moment gerechtfertigt fühlte – doch ein Gefühl der selbstbewussten Selbstgerechtigkeit allein trägt niemanden den Berg hinauf.

Der Wanderer in der Geschichte handelte nicht danach, was ihn sicher an seinem Ziel ankommen lassen würde – der Wanderer handelte danach, was sich just in dem Moment »gut anfühlte«.

Das Jahrzehnt hat gerade erst begonnen. Ich sage: Prüft eure Vorräte – und ich meine damit heute zuerst die geistigen, seelischen und emotionalen Vorräte!

Die Reise in die 2020-er hat gerade erst begonnen. Habe ich genug Weisheit und Mut in meinem geistigen Werkzeugkoffer?

Auch allzu euphorisch

Die Stiefel aus der Geschichte, die der Mann allzu übereilt fortwarf, sie stehen für manches alte Ritual, manche nützliche Gewohnheit und manchen alten Wert, die wir fortwarfen oder verkümmern ließen, weil sie uns ein wenig drückten – doch wir könnten sehr bald spüren, dass sie uns schützten, dass sie uns Halt gaben, dass wir ohne sie sehr bald sehr blutige Füße haben werden.

Ruft nochmal den Freund an, der euch so gut versteht, und den anderen, der klugen Rat weiß – die 2020-er werden ein Jahrzehnt sein, in welchem man nicht allein sein will.

Allein den Berg hoch zu wandern ist gefährlich. Man kann ausrutschen und fallen. Es kann einem düster um die Seele werden oder auch allzu euphorisch. Beides ist gefährlich, und es empfiehlt sich, Freunde an seiner Seite zu haben, die einen in die seelische Balance zurückziehen.

2020 ist nicht der Gipfel des Berges, dies sind erst die Mühen der ersten Anhöhe. Dies ist nicht das Ende der Reise – dies ist der Beginn.

Weiterschreiben, Wegner!

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