Zunächst, liebe Leser, das Schneidebrett – und dann das Fleisch. Das Schneidebrett seien hier 2 theoretische Absätze – aus Gründen, die bald erkennbar sein werden!
Ich arbeite mit (gemeint: »denke in«) »A-, B- und C-Begriffen«. Im Text Essay vom 27.11.2020 ist es ausführlicher erklärt – hier zusammenfassend: Den »A-Begriff« nenne ich, was man im Alltag mit einem Wort meint, ein »B-Begriff« ist das, was mit dem Begriff tatsächlich aus der Welt herausgegriffen wird (wie es »funktioniert«), und der C-Begriff ist der Versuch der Experten, diesen Begriff kohärent nachzuzeichnen. – Es folgt bald die konkrete Anwendung des »A-, B- und C-Begriffe«-Modells – doch zuerst, die Nachrichten.
Namensmissbrauch
Natürlich droht die Coronakrise in Deutschland bald zu einer veritablen Staatskrise rund um Merkels ausufernde Machtphantasien zu werden, doch Merkel ist heute nicht die einzige auffällige Person.
Neben den Wissenschaftlern und nichtpraktizierenden Medizinern, die in diesen Monaten zu bis dato ungeahnter Wichtigkeitsfülle anschwollen (die praktizierenden Mediziner mit Realitätskontakt sind auffallend unbeliebt), steht in dieser Krise ein Bankkaufmann mit stets jugendlicher Frisur im Fokus unserer Aufmerksamkeit.
Herr Spahn gibt (Stand 24.3.2021) den deutschen Gesundheitsminister. An Peinlichkeit kann er es bald mit seinem Amtskollegen aufnehmen, dem Peinlichminister im Auswärtigen Amt, formal ist er jedoch nicht Mitglied der Partei mit den vielen Zeitungen sondern jener Partei, deren Name wie ein täglicher und andauernder Verstoß gegen eines der Zehn Gebote anmutet , die dazu aber in letzter Zeit weiterhin mit der Kadavertreue zur Jungkommunistin und ansonsten mit Korruptionsfällen auffällt.
Anfang 2020 wiegelte Spahn noch ab, alle Warnungen vorm Virus seien »rechte Verschwörungstheorie«: »Was mir die größte Sorge macht, sind Verschwörungstheorien, die Unsicherheit verbreiten« (siehe Essay vom 13.3.2020). Heute fällt derselbe Herr durch seinen tapferen Kampf gegen Journalisten auf – eigentlich müsste er mich da ja an seiner Seite haben, doch er kämpft gegen Journalisten, die tatsächlich noch Journalisten im alten und guten Sinn des Wortes sind (also Leute, welche die Wahrheit herausfinden und publizieren wollen), nicht im neuen, klebrigen Sinn (also Leute, die dafür entlohnt werden, das Volk duldsam zu halten).
150 Jahre
Wir lesen aktuell (welt.de, 22.3.2021), dass Immobilienprofi Spahn seine Anwälte ermitteln ließ, »welche Journalisten zu seinem Villa-Kauf recherchieren«, und das Amtsgericht Schöneberg soll dann die Namen der Reporter, so die Berichte, tatsächlich offengelegt haben.
Laut tagesspiegel.de, 19.3.2021 haben Spahns Anwälte zwischenzeitlich auch einen »Rechteverzicht« erklärt, und man darf den Kaufpreis wohl inzwischen nennen. Ganz als ob ich dem Braten noch nicht so recht traute, will ich es umschreiben: Wenn eine Krankenschwester etwa 2.300 Euro monatlich verdiente und davon keinen Pfennig an Steuern oder Abgaben zahlte (etwa um Herrn Spahns Ministereinkommen zu finanzieren), wenn für sie also brutto gleich netto wäre, und wenn sie dabei null Ausgaben hätte (etwa weil sie das Leben, warum auch immer, durch »Kostenpauschalen« bestreiten könnte), dann müsste sie noch immer knapp 150 Jahre lang arbeiten, um so viel zu erhalten, wie die Spahnvilla gekostet hat.
Wenn die Krankenschwester nicht so lange warten wollte – 150 Jahre sind eine lange Zeit, selbst wenn einem die Tage so schnell herumgehen wie einer Krankenschwester! – dann könnte sie gewiss ebenfalls einen Sparkassen-Kredit erhalten, und den bekäme sie sicherlich unabhängig davon, ob sie wie Immobilienprofi Spahn zuvor im Verwaltungsrat jener Sparkasse sitzt (siehe businessinsider.de, 4.10.2020). (Und sollten doofe Lokaljournalisten in der Angelegenheit herumstochern, dann wird das Landgericht zweifellos auch dem Anwaltsteam der 150-jährigen Krankenschwester die Namen der Unbotmäßigen herausgeben.)
»Ich bin der König«
Seit in Deutschland die politische Gewalt (siehe etwa Essay vom 29.7.2019) ein »neues Normal« ist (und mit Bekenntnissen wie »Ich bin Antifa« sogar als öffentlich akzeptabel gilt), mit der raschen Umwandlung Deutschlands in einen »Propagandastaat« (siehe Essay vom 27.11.2020) und spätestens seit der im Wortsinne un-verschämten Rücknahme von Wahlergebnissen auf Wunsch der DDR-Funktionärin Merkel hin (siehe Essay vom 6.2.2020) scheint für manchen Bürger die Frage beantwortet zu sein, ob Deutschland sich vollumfänglich eine Demokratie nennen kann.
Legen wir unsere Ansprüche eben tiefer, und fragen wir, ob Deutschland ein Rechtsstaat sei – und dazu »stellen wir uns mal janz dumm«, und fragen: Was ist ein Rechtsstaat?
Die dem akademisch Verbildeten »natürliche« Reaktion auf die Frage nach dem Rechtstaat wäre, ein Expertenlexikon zu befragen, doch ergäbe das selbstverständlich die »richtige« Antwort? (Ist die Angabe von hormonellen und neuronalen Zuständen die »richtige« Antwort auf die Frage nach dem Wesen der Liebe?)
Lassen Sie uns ans Schneidebrett der A-, B- und C-Begriffe treten, und mit sichererer Hand sezieren, was es ist, das wir meinen, wenn wir »Rechtsstaat« sagen.
Wir wollen zunächst den A-Begriff von »Rechtsstaat« begreifen. Wenn ein »normaler Bürger« (ist ein Experte nach Feierabend denn nicht auch »normal«?) vom »Rechtsstaat« spricht, dann meint er etwa: »Ein Staat, in dem es mit rechten Dingen zugeht. Also ein Staat, in dem für alle die gleichen, und insgesamt fairen Regeln gelten.«
Wenn wir den B-Begriff betrachten (ein introspektives Betrachten, kein Zweifel), stellen wir fest, dass es für uns zwar für »Rechtsstaat« (proto-) typisch sein mag, auch »demokratisch« zu denken, doch es ist keineswegs Teil des B-Begriffs! Etwas weniger präzise, dafür aber vielleicht verständlicher formuliert: Damit es »mit Recht und Ordnung« zugeht, muss das zugrundeliegende System nicht zwingend »demokratisch« sein, zumindest nicht auf begriffslogischer Ebene. (Man beachte den Traum vom benevolenten Diktator – und wer hätte in romantischen Momenten noch nicht den Glanz der Monarchie vom Horizont der Geschichte her schimmern sehen?)
Seien wir, wie hoffentlich stets, ehrlich: Der B-Begriff von »Rechtsstaat« ist dem »einfachen Bürger« recht egal: Was funktioniert, funktioniert – und was nicht, das nicht.
Wir könnten natürlich noch den C-Begriff zu analysieren versuchen, also was Experten zur Realisierung der im A-Begriff formulierten Erwartungen empfehlen. Man könnte hierzu etwa die entsprechende Linkliste der Wikipedia abarbeiten – man wird jedoch bald auf die Propaganda-Kampagne »Wir sind Rechtsstaat« ausgerechnet des deutschen Justizministeriums (das mit den Zensurgesetzen) stoßen, und man kann kaum anders, als sich an jenes Game-of-Thrones-Zitat erinnert zu fühlen: »Any man who must say ›I am the king‹ is no true king« (siehe YouTube), zu Deutsch etwa: »Ein Mann, der sagen muss ›Ich bin der König‹, ist kein wahrer König.«
Bananen und Orangen
Wenn also einer fragte, ob Deutschland ein Rechtsstaat sei, und zwar ganz konkret in Anbetracht der Dinge, mit denen Merkel länger schon und Spahn in letzter Zeit »durchkommen«, was würde/sollte/könnte man ihm antworten?
Auch hier wäre die richtige Antwort: »Kommt drauf an!«, und auf die Rückfrage »Worauf?« wäre die Antwort: »Auf den A-Begriff!«
Vom Deutschen aus dem Deutschen ins Deutsche übersetzt: Ob Deutschland ein Rechtsstaat ist, hängt davon ab, was man unter »Rechtsstaat« versteht.
Mancher mag einwenden »das alles sagst du nur, weil du keine Ahnung von Juristerei hast«, und ich würde nicht einmal darauf hinweisen (müssen), dass auch eine Reihe juristischer Schwergewichte mindestens an Merkels Treiben ernste Zweifel anmelden; ich würde vielmehr zurückfragen: Was wären Experten-Begriffe wert, wenn sie sich auf ganz andere Dinge beziehen, als die, welche der »Laie« herausgreift?
Wenn ich sagte, ich wolle eine Banane kaufen, und ein »Experte« mir etwas hinhielt, was ich bis dato eine Orange genannte hätte, müsste ich dann die Orange für eine Banane halten? Nein – und ähnlich doch mit dem Rechtsstaat! (Ich habe die politisch motivierten »Experten« satt, die mir sagen wollen, dass ich nicht sehe, was ich sehe.)
Den Bürgern die Zehennägel
Bezeichnet »Rechtsstaat« einen Staat, in welchem die Mächtigen mit der Hilfe von Anwaltsteams ganz legal Dinge tun, bei denen das Ordnungsgefühl der Bürger schmerzerfüllt winselt? Ist die formale Erlaubnis und/oder Nichtahndung bereits genug, um den begrifflichen Anforderungen der Rechtsstaatlichkeit zu genügen?
Ist die Rechtsstaatlichkeit wirklich allein dadurch gewahrt, dass die Mächtigen nicht verurteilt wurden, weil ihr Treiben formal »legal« war, während sich den Bürgern die Zehennägel hochdrehten? (Wäre es noch Rechtsstaat zu nennen, wenn etwa, siehe 2015, sich keiner zu trauen scheint, möglichen Rechtsbruch zu ahnden?)
Oder bezeichnet Ihr A-Begriff von »Rechtsstaat« vielmehr einen Staat, in dem die Dinge insgesamt »ordentlich« zu nennen sind, in welchem für alle weitgehend die gleichen Regeln gelten, und in welchem das Gebaren der Regierung auch (und gerade für!) Nicht-Juristen als »mit rechten Dingen zugehend« erscheint?
Wenn das Ihr vorwissenschaftlicher A-Begriff von Rechtsstaat wäre, und wenn Sie die Begriffszuordnung daran messen, dann wäre Deutschland unter Umständen kein vollumfänglicher Rechtsstaat (mehr) – ganz egal, was Experten im C-Begriff bestimmen mögen.
Ist ein Rechtsstaat, mindestens im »vorwissenschaftlichen« A-Begriff, denn nicht ein Staat, in dem die Bürger eine echte und faire öffentliche Ordnung spüren?
dürfen/sollen/können
Haben wir unsere Frage definitiv beantwortet? Ist Deutschland (noch) vollumfänglich ein Rechtsstaat zu nennen?
Ich fürchte, wir haben es nicht endgültig beantwortet, ja wohl nicht einmal provisorisch. – Und doch bleiben (Denk-) Werkzeuge und Lehren!
Zunächst: Ob ein Ding ein X zu nennen ist, hängt davon ab, was wir mit »X« meinen – und ob Sie unser schönes Land aktuell für einen Rechtsstaat halten dürfen/sollen/können, das hängt ganz davon ab, was Sie unter »Rechtsstaat« verstehen.
Und dann: Wenn Sie aber für sich die erste Frage beantwortet haben, dann muss sich doch die zweite Frage stellen, welche Konsequenzen Sie für sich ziehen.
Denken ist ein nettes Hobby, kein Zweifel – was das Denken aber wirklich taugt, und das hat es mit dem Rechtsstaat gemeinsam, das ist auch weiterhin an den sich daraus ergebenden Handlungen abzulesen.