11.11.2024

NATO oder Zensur, beides geht nicht

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten
JD Vance droht, wenn in der EU-Zone nicht wieder Meinungsfreiheit herrscht, werde man sich aus der NATO zurückziehen. Es ist logisch! Warum sollte man den Ungeist verteidigen, den zu bekämpfen die NATO überhaupt erst gegründet wurde?

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Der designierte US-Vizepräsident JD Vance hat (schon vor der Wahl) angekündigt, dass die Unterstützung der NATO durch die USA daran geknüpft ist, dass in Europa echte Meinungsfreiheit herrscht (siehe dazu tichyseinblick.de, 10.11.2024).

Konkrete Zensur und totalitäre Fantasien in Deutschland und der EU-Zone sind nicht mehr »nur« der Gegenstand kritischer Blogger und der Opposition. Man sieht es auch in den USA, auf höchster Ebene.

Vergangenen August richtete der (mittlerweile zurückgetretene) EU-Kommissar Thierry Breton offen eine Drohung an Elon Musk. Man würde Musk verhaften, so JD Vance, wenn Donald Trump auf »X« eine ungefilterte Plattform geboten würde und dieser etwas sagen sollte, das zu sagen in der EU-Zone verboten sei.

Mit Bullshit und Gesetzen

Der Begriff »Meinungsfreiheit« bedeutet in den USA heute offenbar etwas sehr anderes als für die inzwischen offen totalitär auftretenden Funktionäre in Brüssel und Berlin (siehe dazu auch den Essay vom 10.11.2024).

(Sprechen wir es aus: In Artikel 5 des Grundgesetzes heißt es: »Eine Zensur findet nicht statt«. Das ist aber falsch, man will die Zensur nur verschleiern: mit Bullshit wie »Hass und Hetze« oder »Delegitimierung«, mit § 188 StGB, und natürlich mit »Meldestellen«, »Trusted Flaggers« und »Digital Services Act«.)

JD Vance hat also der NATO gedroht, sich aus dem Verteidigungsbündnis zurückzuziehen, falls in der EU nicht (wieder) echte Meinungsfreiheit eingeführt wird – mit der freien Rede auf der Plattform »X« als Prüfstein.

Es könnte wie eine plumpe Erpressung wirken, vielleicht um dem Trump-Freund Musk einen Gefallen zu tun. Doch selbst wenn es das ist, so hat es doch Hand und Fuß. Es ist inhaltlich, ja: legitimiert – legitimiert durch den ersten Zweck und die Geschichte der NATO.

… and the Germans down

Dem ersten NATO-Generalsekretär Lord Ismay wurde dereinst die Frage nach der Funktion der militärischen Allianz gestellt. Er sagte: »To keep the Americans in, the Russians out and the Germans down.« (Zitiert nach auswaertiges-amt.de, 30.6.2015.)

Auf Deutsch: »Die Amerikaner drinzuhalten, die Russen draußen und die Deutschen unten.«

NATO, das bedeutet »North Atlantic Treaty Organization«, doch die NATO wurde quasi »für Europa« gegründet – das Gründungsjahr 1949 erklärt die Motivation.

Die Amerikaner drinzuhalten, die Russen draußen und die Deutschen unten – wir wollen es heute positiv deuten.

Man wollte die Amerikaner in Europa »drinhalten« und damit die freiheitlichen Werte westlicher Demokratie.

Die Russen »draußen«, also das Gespenst des Sozialismus.

Die Deutschen aber »unten«. Wirklich »die Deutschen«? Also die einzelnen Menschen? Wohl nicht, eher: den Geist des Totalitären.

Wenn JD Vance nun die Förderung der NATO durch die USA daran knüpft, dass die EU wieder zur Meinungsfreiheit zurückkehrt, dann ist das keine willkürliche Erpressung.

(Okay, zugegeben, es ist eine Erpressung, aber eben keine willkürliche. Es ist geschichtlich und moralisch stimmig.)

Quartum non datum

Wenn es die Aufgabe der NATO ist »Deutschland untenzuhalten«, sprich: den Westen gegen den Geist des Totalitarismus zu verteidigen, und wenn nun die Zensur und damit der totalitäre Ungeist in Europa und Deutschland wieder ausbrechen, dann haben die USA zuerst einmal drei Möglichkeiten:

Entweder die USA verstoßen gegen den Sinn und Zweck der NATO, so wie die deutschen Politiker täglich gegen ihren Amtseid verstoßen. Oder die US-Armee marschiert wieder in Deutschland ein, um die Deutschen erneut von den Deutschen zu befreien. Oder man verlässt eben die NATO.

Wenn in der EU wieder der Totalitarismus ausbricht, dann bedeutet das praktisch, dass man aus der Perspektive der USA die EU-Zone in die »backward states« einreiht (wie es JD Vance formulierte, im Interview am 11.9.2024) – dass man zum »Hinterwäldler« wird.

Warum sollten die USA ihr Geld ausgeben und bei Bedarf das Leben ihrer Söhne opfern, um politische »Hinterwäldler« zu verteidigen?

Die NATO soll westliche Demokratie und Freiheit schützen. Wenn die EU-Zone sich von demokratischen Werten und von der Freiheitlichkeit verabschiedet, warum sollten die USA sie noch verteidigen?

Eine Meinung zu haben und sie auch sagen zu können, das ist Wesensbestandteil des Menschseins. Seine Meinung nicht sagen zu dürfen, bedeutet, eines Teils seines Menschseins beraubt zu werden.

Die EU-Zone und Deutschland – hier unter Anstiftung von Leuten wie Faeser und Habeck – wollen die Meinungsfreiheit schleifen. Damit wollen sie nichts weniger als Deutschland und Europa wieder »un-menschlich« machen.

Was hat es mit uns auf sich?

JD Vance sagt in jenem Interview zu 9/11, die USA sollten ihre »Soft Power« nutzen, um eine »Free Speech Society« zu fördern.

Auf gewisse Weise werden wir durch die USA ein weiteres Mal von uns selbst befreit – diesmal ironischerweise nicht mit Soldaten, Panzern und Flugzeugen, sondern mit der Drohung, diese abzuziehen.

Was aber hat es mit uns Deutschen auf sich, dass wir anscheinend immer wieder von uns selbst befreit werden müssen?

Weiterschreiben, Wegner!

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