Ein Gewitter braut sich zusammen, nicht erst seit 2015. Doch 2015 steht als Jahr für das, was kommen wird. Es hat mit Menschen zu tun. Genauer: Dieses Gewitter hat mit dem zu tun, was zwischen Menschen passiert, wenn ihre relevanten Strukturen unterschiedlich sind.
Allein im ersten Quartal dieses Jahres sind 31.000 Migranten in Süditalien mit Booten gelandet (so schreibt etwa welt.de, 11.4.2023). Im selben Zeitraum 2022 waren es weniger als 8.000. Die jungen Männer werden nicht nur mehr, sie werden schneller mehr.
Am Dienstag dieser Woche hat das italienische Parlament den Notstand erklärt. Damit gibt Italien sich selbst die legale Möglichkeit, schneller und wirksamer zu agieren und etwa Gelder für betroffene Regionen für den Bau von Aufnahmezentren bereitzustellen.
Und man will ein Signal an die EU senden, die solle endlich eingreifen. Die Migranten starten in Tunesien oder Libyen, fahren dann übers Meer mit Italien als Zwischenstation auf dem Weg nach Deutschland, teils aber auch zur Verwandtschaft in Frankreich oder Großbritannien.
Einige der Gäste gründen Unternehmen (gq-magazin.de, 2.7.2021) oder werden Bürgermeister (welt.de, 6.4.2023). Andere flanieren durch Berlin und äußern Israelkritik (Essay vom 11.4.2023).
Es blitzt und donnert ja bereits – und es braut sich noch einiges mehr zusammen. Es ist ja nicht nur die Mittelmeerroute über Italien!
Im März 2023 stieg die Zahl der Asylbewerber in Deutschland um 78 %. Im März stellten 25.175 Migranten einen Erstantrag auf Asyl in Deutschland, 80.978 seit Anfang des Jahres.
Die Regierung
Was aber tut die Regierung, namentlich jene Innenministerin, die einst im Antifa-Magazin publizierte? Die Regierung trickst.
Die Innenministerin vermischt in ihrer Kommunikation perfide die beiden Gruppen »Flüchtlinge aus der Ukraine« und »Asylbewerber aus Nordafrika« (focus.de, 12.4.2023) – die Flüchtlinge aus der Ukraine sind aber keine Asylbewerber, kommen also als zu verpflegende Fremde nochmal auf die Zahlen drauf.
Faeser lässt sich von Merkel inspirieren. Merkel wollte damals keine »Obergrenze« festlegen, Faeser faselt, es könne keine »Höchstgrenze für Menschlichkeit« geben.
Die meisten der Asylbewerber aber sind junge Männer aus den islamischen Ländern Syrien, Afghanistan, Türkei, Iran und Irak. (jungefreiheit.de, 12.4.2023).
Nur langsamer
Durch Aufwinde und Luftbewegungen werden Elektronen in Wolken freigesetzt. Die Erdoberfläche zieht die Ladung an, und die zuckt als Blitz durch unsere Atmosphäre. All die Effekte des Gewitters, die uns Angst machen und Zerstörung anrichten, beginnen mit dem Aufeinandertreffen krasser Unterschiede.
Wenn etwa die elektrische Ladung sich als Blitz entlädt, erhitzt dieser die umgebende Luft auf Temperaturen von zigtausend Grad. Die erhitzte Luft breitet sich brutal schnell in alle Richtungen aus, und wir hören die Druckwelle als das typische, angsteinflößende Donnergrollen.
Wenn plötzlich viel Regen auf trockenen Boden fällt, kann die unvorbereitete Erde die Flüssigkeit nicht aufnehmen. Und so kommt es zu Überschwemmungen, während derselbe Boden dieselbe Menge Wasser aufgenommen hätte, wenn sie nur langsamer gefallen wäre.
Ein Gewitter braut sich zusammen. Migranten sind Menschen, und ich verstehe jeden einzelnen von ihnen, denn ich bin einer von ihnen. Einmal Migrant, immer Migrant (siehe auch Essay vom 6.12.2021). Doch nicht alle eintreffenden Migranten besitzen ein Mindset, das mit dem Aufnahmeland kompatibel ist. Im Essay vom 25.6.2018 zitierte ich Erdoğan, der Assimilation als »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« sieht. Er steht nicht allein damit.
Nicht alle begeistern sich für Literatur, Sprache und Denktradition des Ziellandes – oder versuchen gar nach besten Kräften, diese zu erweitern, und sei es um ein paar Fußnoten. Nicht alle halten Apostelgeschichte 20, Vers 35 hoch – Sie wissen ja: »Geben ist seliger denn Nehmen.«
Manche Luftströmungen sind zu kalt oder zu heiß für die Luft an dem Ort, an den es sie treibt, und dann knallt und donnert es. Manchmal ist es viel zu viel Wasser, und der Boden kann es einfach nicht mehr aufnehmen – und plötzlich wird er fortgeschwemmt.
So viel wie ich
Weder das Donnern noch die Überschwemmungen sind die »Schuld« eines bestimmten Wassertropfens. Bei einem Gewitter sind größere, weitreichendere Effekte im Spiel. Dem Gewitter ist es herzlich egal, ob wir das Sprechen darüber mit politisch korrekten Lügen leugnen wollen oder fälschlicherweise einzelnen Tropfen die Schuld an dem großen Phänomen geben, dessen Teil sie sind.
Es blitzt und donnert ja bereits, doch das Gewitter, das sich da zusammenbraut, wird nochmal eine Nummer größer sein. Wie bereitet man sich auf ein Gewitter vor? Nun, Sie wissen so viel wie ich. Es beginnt aber wohl damit, ehrlich anzuerkennen, dass sich da etwas zusammenbraut.