Ach, wie sehr hatten wir gehofft, dass die Dinge nach Merkel besser würden. Die „Trümmerfrauen nach dem Merkelsturz“ würden wir sein – ach, was waren wir naiv.
Die neue Frau Merkel heißt nun Herr Scholz, und diese Person kann sich an einige wichtige Details beinahe so schlecht erinnern wie Herr Biden an den Grund, warum er ist, wo er ist. Was sagt es uns aber, wenn Personen wechseln, aber nicht die Effekte ihrer Handlungen, das »das System«?
Fotos aus dem Hotel
Zu den jährlichen Ritualen öffentlicher Politiker gehört das jährliche Treffen von Privatjet-Freunden im schweizer Ferienort Davos.
Und, weil das öffentliche Moralisieren so anstrengend ist, muss man sich abends auch entspannen. Es überrascht also nicht so wirklich, dass laut aktuellen Berichten (etwa nypost.com, 18.1.2023) auch Prostituierte aus dem Umland nach Davos kommen, und trotz Preisen von locker mal $2.500 pro Beratung ziemlich gut gebucht sein sollen. (Und natürlich verraten sie keine Namen, posten aber durchaus online, was für feine Hotels sie um 2 Uhr morgens angeblich verlassen.)
Von Nachfolgeregelungen
Jedoch, es mehren sich womöglich die Zeichen, dass das jährliche Hochfest der Dekadenz seinen Zenit überschritten hat – ähnlich wie sein Übervater. Klaus Schwab inszeniert sich inzwischen in Wort und Bild wie die Karrikatur eines Film-Bösewichts (siehe dazu etwa die Essays vom 18.11.2022 und vom 27.11.2022), und dies tut er derart überzogen, dass ihn wörtlich zu zitieren genügt, um vom deutschen Staatsfunk als »Verschwörungsideologe« beschimpft zu werden (notiert im Essay vom 18.1.2023).
Herr Schwab aber ist 82 Jahre alt, und noch ist das Leben insoweit gerecht, als auch die Mächtigsten – und die, die es gern wären – an irgendeinem Punkt ihre Nachfolge regeln sollten.
Herr Schwab, so berichtet theguardian.com, 19.1.2023, scheint dies in Sachen WEF aber bislang ebensowenig unternommen zu haben, wie Frau Merkel damals in der CDU – vielmehr hat er sich laut kursierenden angeblichen Insiderberichten wie Merkel wohl von »Niemanden« umgeben.
politico.com, 17.1.2023 berichtete, dass einige Geldgeber des WEF darüber unglücklich seien, dass Herr Schwab seine Nachfolge noch nicht geregelt hat.
Sicher, laut jenem Bericht hat Schwab in seiner 52-Jahre-Ägide aus einem $6.000-Startup ein $390-Millionen-Dollar-pro-Jahr-Business gemacht, und also fragen manche Stimmen: Warum sollte er also sein Amt aufgeben? Andere wie Murdoch und Buffett sind doch auch weiter im Amt! (Dazu sei angemerkt, dass im Amt zu bleiben, solange man der Sache dient, keinesfalls ausschließt, seine Nachfolge zu regeln – im Gegenteil.)
Das Herumgemäkel an „Mr. Great Reset“ könnte aber noch einen ganz konkreten Grund haben.
Eine Gutwetter-Macht?
Nicht nur hämische Stimmen etwa aus Russland stellen fest, dass die Bedeutung von Davos schwindet.
Man wird Publikationen wie Politico oder CNN nun wahrlich keinerlei Anti-Narrativ-Agenda unterstellen wollen, und doch berichten diese darüber, wer alles nicht nach Davos gekommen ist (politico.eu, 16.1.2023) und wie die Relevanz des Privatjet-Clubtreffens verblasst (cnn.com, 16.1.2023).
Sicher, es pilgern noch immer Leute hin, doch laut Presse-Konsens wohl keine „A-Lister“, keine wirklich wichtigen Leute. Sogar George Soros musste leider kurzfristig absagen, aus dringenden Termingründen (newsweek.com, 17.1.2023). Nicht einmal ein Justin »Blackface« Trudeau gibt sich die Ehre, um sich durch sein Gehaspel lächerlich zu machen (siehe youtube.com, 2016).
Der politischen A-Liste sei ihre Zeit zu schade für Davos, so lesen wir, doch wir empfehlen den dort aufkreuzenden Herren Scholz, Habeck, Lindner, Heil und Lauterbach (laut offizieller Teilnehmerliste auf weforum.org), die Meldungen ob der schwindenden Bedeutung von Davos für »Fake News« zu erklären. Und auch Herrn Nouripour von den Grünen wünschen wir inspirierende Gespräche etwa mit Herrn Alexander Soros (@AlexanderSoros, 17.1.2023). (Weiß Nouripour, dass Alexander der Sohn ist und nicht „der“ Soros?)
Man wird es kaum leugnen können: Wenn auf einer Party wichtige Gäste fehlen, ist es ja stets ein wenig peinlich für die, die eben doch gekommen sind.
Es gibt aber eine Kategorie von Punkten, an denen ich regelmäßig auch mir freundlich gesinnten Leuten widerspreche. Es sind Behauptungen, die sich mit jener simplen Rückfrage anzweifeln lassen: „Er … und welche Armee?“
Womöglich haben sich so manche ehemaligen Besucher ähnlich Fragen gestellt bezüglich der Reset-Ideen des Herrn Schwab: »Er und welche Armee?«
Ich sage nicht, dass nichtstaatliche Akteure sich nicht irgendeine Form von Armee beschaffen könnten – ich sage präziser, dass ich im Fall von Schwab keine „Armee“ sah – und weiterhin keine sehe. Schwabs Macht scheint mir eine Gutwetter-Macht zu sein. (Elon Musk widerspricht hier; er sieht im WEF eine „ungewählte Weltregierung“, siehe @elonmusk, 18.1.2023.)
Vor der Funktion
Ich wage die These, dass Systeme und gewisse soziale Mechanismen für die Geschichte langfristig oft einflussreicher sind als einzelne Personen, auch wenn es die Namen sind, von denen wir in Geschichtsbüchern und in den Nachrichten hören.
Im Essay »Was bleibt: Wir Mechaniker« beschrieb ich das Phänomen, dass wenn man bestimmte Völker samt ihrer Kultur in einem leeren Gebiet ansiedeln würde, sie dort innerhalb weniger Jahrzehnten so etwas wie Wohlstand schaffen würden – egal wo dieser Ort ist. (Stimmt es eigentlich auch andersrum, dass also gewisse andere Denkweisen mit sich bringen könnten, immer wieder trotz Gratisversorgung und Transferleistungen im Elend zu enden?)
Systeme wie ein Staat könnten sich als eine Art von Aushärtung von Denkweisen beschreiben.
Sarkastisch gestimmte Zeitgenossen meinen schon mal, dass Deutschland besser dran wäre, wenn man Politiker im Losverfahren statt durch Wahlen bestimmen würde. Aktuell stehen als Politiker ja Leute bereit, welche über lange Jahre in den Parteirängen aufstiegen, was sie nach mancher Meinung ja moralisch für jedwede Verantwortung disqualifiziert.
Jedoch, ich bezweifle, dass es wirklich zuerst an den einzelnen Personen liegt. Es ist ein System, errichtet aus unseren Denkweisen. Deshalb ist ja der milliardenteure Staatsfunk notwendig, um die absurden Denkweisen zu stützen, die das wahre Baumaterial dieses Systems sind!
Die Idee des Losverfahrens zur Stärkung der Demokratie wird ja sogar von unzynischen Theoretikern vorgebracht; siehe bpb.de, 9.9.2014. Es soll die „Partizipations-Repräsentations-Lücke“ schließen.
Ich aber glaube nicht an die These von der zwingend besseren Regierung durchs Losverfahren. Menschen formen Systeme, das ist wahr, doch dann formen die Systeme die Menschen. Der Unterschied ist, dass Systeme über Jahrzehnte oder noch ganz andere Zeitspannen entstehen und geformt werden, während der Mensch, welcher in diesen Systemen eine Funktion einnimmt, innerhalb von Stunden oder Tagen zum (Bestand-) Teil dieser Systeme wird – und in der Praxis ja meist sich bereits mental eingefügt hat, bevor er sich auch nur um eine Funktion bewirbt.
Vermutlich einig
Im Essay vom 25.1.2022 schrieb ich vom Standbild aus dem biblischen Buch »Daniel«, und seinen aus einem Ton- und Eisengemisch geklebten Füßen, die höheren Mächten zuwider sind. Im Essay vom 28.11.2019 erwähnte ich den Turmbau zu Babel (im Text ging es um den hanebüchenen »Klimanotstand«).
Die alte Weisheit, die in der Bibel codiert und festgehalten ist, warnt davor, das Neben- und Miteinander verschiedener Systeme zu einem künstlichen Miteinander zwingen zu wollen.
Elon Musk und wohl auch Klaus Schwab sind sich vermutlich einig darin, dass Letzterer gern Herr einer Weltregierung wäre.
Jedoch, anders als die Systeme, denen Scholz, Merkel oder Biden bevorstehen, hat Herr Schwab keine Armee, die seinen Machtanspruch sichern könnte, vermutlich nicht einmal einen Geheimdienst, der ihm Kompromat über die Mächtigen besorgen könnte (und selbst der wäre heute nur begrenzt wirksam, siehe Hunter Biden und das FBI (Essay vom 22.12.2022). (Ich deute Musks Kauf von Twitter übrigens als Aufbau einer medialen Privatarmee; siehe Essay vom 28.3.2022.)
Wie klug ist unser System?
Nein, früher war nicht alles besser (siehe dazu das „Vorwort“ gestern). Und ein oder zwei Dinge scheinen mir heute tatsächlich besser zu werden – oder zumindest ein Anlass zur Hoffnung, ein zarter Funke.
Wenn die wirklich Mächtigen nicht mehr zum Schwab pilgern, dann könnte das bedeuten, dass Staaten zurückkehren zu einem Wettbewerb ums bessere System.
Demokratie bedeutet, dass der Bürger wählen kann – und Klugheit bedeutet, aus den Fehler anderer zu lernen, auch anderer Staaten.
Auf Merkel folgte Scholz, und das zeigt womöglich, dass das „System Deutschland“ nicht besonders klug ist. Davos aber wird wieder unwichtig, und das könnte bedeuten, dass das „Gesamtsystem Welt“ womöglich klüger ist, als wir manchmal befürchteten.
Wie frei ist der Mensch in seinem Willen? Wissenschaftler und Philosophen debattieren es noch immer. Es scheint aber festzustehen, dass der Mensch zuverlässig innerhalb seines Denksystems „frei entscheiden“ wird.
In diesem Geiste empfehle ich uns zumindest die Pflege unserer persönlichen und privaten Denksysteme. Dies aber sollte damit beginnen, sich seiner relevanten Strukturen bewusst zu werden – und dann alles, was nicht dazu gehört, loszulassen.