Wie nennt man einen Bumerang, der nicht zu einem zurückkommt? Richtig: Ein Bumerang, der nicht zurückkommt, ist ein: Stock.
Für uns Erwachsene ist das mehr so ein Kalauer, laut Duden also ein »nicht sehr geistreicher, meist auf einem Wortspiel beruhender Witz«. Im Volksmund nennen wir es auch »Flachwitz«.
Ich fürchte, wer diese Witze herabwürdigt, als würde er sich darüber schämen, »unter seinem Niveau« zu lachen, der versteht womöglich nicht – oder mag sich nicht eingestehen – wofür Humor wirklich da ist.
Wie das Wort schon sagt
Betrachten wir ein paar weitere bekannte Kalauer und vermeintliche Flachwitze, etwa diesen: Was trinkt der Chef? – Leitungswasser!
Oder diesen: Im Kindergarten war heute Schrottwichteln? Und? Wir sind jetzt die Eltern von Kevin.
Oder, besonders schön: Der Aufzug ist heute kaputt – endlich trifft es auch mal »die da oben«.
Wortwitze sind, wie das Wort schon sagt, Witze über Worte, konkret über deren Bedeutung. Kinder finden sie oft viel »witziger« als wir Erwachsenen – und das hat mit der Natur von Witzen zu tun.
Anders als Erwachsene haben Kinder eben erst das Sprechen gelernt, sie leiden also noch viel mehr als die Großen daran, dass Wörter mal das eine und dann wieder das andere bedeuten. Die Wortwitze der Kinder sind also eine Art, den Schmerz unterschiedlicher Wortbedeutungen zu verarbeiten.
Wortwitze sind nicht »weniger geistreiche« Witze – Wortwitze sind prototypische Witze, ja, die reinsten Witze überhaupt!
Denn das ist bekanntlich Wesen und Aufgabe von Humor: Im Witz verarbeiten wir eine schmerzhafte Differenz zwischen dem Begriff (und seinem Ideal) und der Welt selbst.
Wirklich gute Wortwitze aber erfassen mehr als nur einen Schmerz!
In den eben erwähnten Witzen liegt neben der Doppeldeutigkeit der Worte (»Leitung«, »Schrott« und »die da oben«) zusätzlich auch ein Schmerz! Ja, auch der Chef »kocht nur mit Wasser« – und dennoch verdient er viel mehr als seine Untergebenen. Ja, manchmal ist ein Name auch eine »Diagnose« und eine Sozialprognose sowieso. Doch nein, »die da oben« werden nicht wirklich wie »wir hier unten«, nur weil der Aufzug kaputt ist – womöglich haben sie ohnehin ihren eigenen Aufzug.
Wo wir aber von Schmerz und Witz und »denen da oben« reden, kommen wir nicht umhin, wieder einmal unser bald blutunterlaufenes Auge nach Berlin zu richten – und diesmal nicht auf die Regierung des Bundes, sondern auf die Leute um Franziska »nicht mehr Doktor« Giffey und Kai »nicht mit Dushan verwandt« Wegner.
Müsste eigentlich
bild.de, 28.4.2023, titelt: »›Hauptstadt der Bundesclownsrepublik‹: Ganz Deutschland lacht über die Berliner Wahl-Blamage«.
Der Failed State Berlin hat einen neuen Regierenden Bürgermeister, und der heißt mit Nachnamen wie ich, ist ein Jahr älter, hat aber weniger Haare als ich (noch).
Es brauchte drei interne Wahlgänge, bis man – trotz eigentlich komfortabler eigener Mehrheit – den CDU-Mann auch gewählt bekam. Die AfD trollte aufs Charmanteste, als sie erklärte, sie habe schließlich Wegner mit gewählt (bild.de, 28.4.2023).
Laut der von Merkel stammenden, wohl offiziell undemokratischen (welt.de, 15.6.2022) CDU-Doktrin, müsste Kai Wegner eigentlich seine Wahl damit für »unverzeihlich« erklären und sie »rückgängig« machen. Wegner erhielt exakt so viele Stimmen, wie seine Leute haben. Also entweder lügt die AfD geschlossen und tat trotz vorheriger Ankündigung nicht, was sie angekündigt hatte – oder in der SPD und der CDU sind genau die Art von Leuten, für die wir sie halten. Die Große Koalition von Berlin startet mit einer grandiosen Demonstration von Prinzipienlosigkeit selbst bei ihrer Prinzipienlosigkeit!
Es ist ein Witz.
Es ist zum Lachen.
Die Vokabel »Bundesclownsrepublik« (Ulf Poschardt) als Beschreibung für ganz Deutschland, mit Berlin als Hauptstadt, trifft es recht präzise.
Ja, wir lachen über Berlin, doch uns wird auch aufs Neue bewusst, dass Humor die Verarbeitung von Schmerz ist, der schmerzhaften Differenz zwischen Anspruch und Realität.
Deutschland und Berlin werden von Leuten regiert, denen man nicht einmal die Verantwortung für eine Pommesbude übertragen würde. Promotionsfälscher, Erinnerungslücken und Clan-Kumpels, allesamt Figuren mit wenig Ernsthaftigkeit – und sie entscheiden über das Schicksal von über 80 Millionen Menschen.
Wäre Berlin ein Film, fiele dieser in die Kategorie »Horrorkomödie« – man lacht, und gruselig ist es dennoch.
Auf die Lust!
Ein Bumerang, der nicht zurückkommt, ist ein Stock. Die Verstocktheit der politischen Klasse aber, diese vollständige Abwesenheit von Anstand und Ernsthaftigkeit, die wird uns noch wie ein Bumerang am Kopf treffen.
Ach was, wie hundert Bumerangs, zack, zack, zack – die Bumerangs schlagen doch schon längst wieder ein, und sie bereiten uns reichlich Migräne!
»Bundesclownsrepublik« – ein Wortwitz. Berlin ist nicht mehr »arm, aber sexy«, sondern »armselig und unsexy«, so Poschardt.
Willkommen in Deutschland, Ihrer liebsten Zukunftsnation. Nächste Haltestelle: Berlin-Flachwitz, bitte alles aussteigen.
Das ist Berlin geworden: ein Kalauer, also jener Witz, den ein Philosoph als wertvolle »Urform des Witzes« preisen mag – der für alle normalen Leute aber mehr so ein »nicht sehr geistreicher« »Flachwitz« ist.
Was soll man tun? Soll man immer mehr Texte darüber schreiben, Glossen und Gedichte gar?
Soll man’s aufgeben und sich schlicht betrinken, bis man hackedicht ist und der Schmerz endlich nachlässt?
Ach, es würde nichts nützen! Egal, wie dicht du bist: Goethe war Dichter.
Und schon Goethe wusste zu berichten: »Lachen, Weinen, Lust und Schmerz sind Geschwisterkinder.« (via zeno.org)
Ich blicke in die Hauptstadt, und ich lache, und ich weine, und ich spüre Schmerz – und weil ich dem Dichter vertraue, hoffe ich nun auf die Lust.