Am 25. April 2024 feiern die Portugiesen den 50. Jahrestag der Nelkenrevolution (siehe Wikipedia). Und weil ich genau am Tag jener Revolution geboren wurde, feiere auch ich meinen entsprechenden Geburtstag.
In den vergangenen Jahren gab ich zum 25. April stets einen »Zwischenstand«, etwa 2023 mit dem Titel »Desillusionierte Euphorie und der richtige Bosporus«. Fünfzig Jahre sind »Zwischenstandswoche«: sieben Essays, sieben »Lektionen«, die ich in meiner ersten Jahrhunderthälfte lernte.
»Links? Rechts? Hä?«
Stellen wir uns eine Welt vor, in der alle Menschen verrückt geworden sind. Ich meine »verrückt« im einfachsten Sinne.
Etwa eine Welt, in welcher alle Menschen vergessen, wie »mehr« und »weniger« bei Zahlen funktionieren. Das klingt banal, doch plötzlich könnte niemand mehr im Supermarkt eine vernünftige Entscheidung treffen.
Oder eine Welt, in welcher niemand mehr weiß, wie »oben« und »unten« funktionieren. Wie soll man da Häuser bauen?
Oder eine Welt, in welcher simple Wahrheiten wie »2 + 2 = 4« vergessen werden – weil das zu vergessen angeordnet wurde?
Oder eine Welt, in der die Hälfte der Menschen »links« von »rechts« nicht unterscheiden können – was für ein Chaos ergäbe das?! (Tatsächlich habe ich vor Jahrzehnten mal als Ticketabreißer im Kino gearbeitet. Ich sagte den Kinobesuchern, welche Treppe sie nehmen sollten, jeweils links oder rechts. Bei der Hälfte der Gäste war es auch nach meiner Ansage vollständig zufällig, welche Treppe sie hochgingen. Ich werde aber hier nicht sagen, welche Hälfte der Gäste das war.)
Ausgeblendete Ursachen
Freunde, wir leben in einer ähnlich absurden Welt! Wir leben in einer Welt, in welcher die meisten Menschen sich nicht der simplen Tatsache bewusst sind – oder diese aktiv ignorieren –, dass absolut alles dem Prinzip von Ursache und Wirkung folgt.
Das zählt womöglich zu den schockierendsten Erkenntnissen meines bisherigen Lebens: Erstaunlich viele Menschen vergessen immer wieder – oder wollen schlicht nicht wahrhaben –, dass die gesamte Welt nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung funktioniert. Und »erstaunlich viele Menschen« schließt mich definitiv ein. (Auch deshalb habe ich im Januar dieses Jahres einen Essay dazu geschrieben und auch ein Video gedreht.)
Menschen lesen, schauen oder hören die Nachrichten, Tag für Tag. Und ihr Leben lang akzeptieren sie es als gegeben, dass die neuesten Katastrophen und Krisen durchweg unvorhersehbar waren, dass all die milliardenschweren Geheimdienste und sonstigen Akteure nicht vorhersehen konnten, dass all das passieren konnte.
Unvorhersehbare Folgen
Staaten und Konzerne betreiben organisierte Vorhersage. Man bespricht sich, heimlich und öffentlich, man investiert und heckt aus, man bezahlt Armeen von Lobbyisten und Anwälten, um politische Entscheidungen zu beeinflussen. Die Drehtüren zwischen Politik und politisch gut konnektierten Firmen sind legendär (und besonders in Deutschland kommen die Drehtüren zu Redaktionen und Medienhäusern dazu).
Aber ja, wer einmal neugierig nachfragt und dann ein paar Thesen wagt, welche die Ursachen der sichtbaren Wirkungen sein könnten, gilt als „Verschwörungstheoretiker“ und „rechter Schwurbler«. Als solches will der Mensch aber nicht gelten, das ist unfein, also tut man so, als sei gerade für die einflussreichsten Ereignisse der Welt das Prinzip von Ursache und Wirkung aufgehoben.
Dieselbe Ignoranz bezüglich des Ursache-und-Wirkung-Prinzips wird aber auch im Privaten gelebt! Ob Nahrung und Lebensstil als Ursachen zur vorhersagbaren (und dann messbaren) Wirkung führen, ob Berufswahl als Ursache und spätere Berufschancen als Wirkung. Und reden wir lieber gar nicht erst über das Prinzip von Ursache und Wirkung im Kontext von Beziehungen …
Alles ist Wirkung
Den Menschen wird gesagt, sie sollten bei ihren Handlungen ihrem »Herzen« und ihrer »Intuition« folgen. Gemeint ist, dass sie tun sollen, was sich gerade gut anfühlt. Wer den Menschen aber wirklich einen Gefallen tun wollte, würde ihnen sagen, dass sie in ihrem Herzen danach forschen sollen, welche Wirkung sie später im Leben erzielen wollen. Und dann sollen sie dazu passende Handlungen wählen, sprich: Ursachen setzen – unabhängig davon, wie diese Handlungen sich jetzt anfühlen. Die Ursache führt zur Wirkung, also sollte sich die Wahl der verursachenden Handlung aus der gewünschten Wirkung ergeben.
Dies ist nicht die einzige Lektion, die ich in meinen fünf Jahrzehnten auf diesem Erdenrund lernte, und einige weitere Lektionen werde ich in den folgenden Tagen vorstellen. Doch wenn ich nur eine Lektion angeben müsste, wäre es diese: Alles, was geschieht, ist Wirkung einer Ursache – und selbst wieder Ursache einer anderen Wirkung.
Wir wissen nicht, was sein wird. Wir wissen nicht, was genau dazu führte, dass es ist, wie es ist. Doch wir wissen, dass wer sucht, der findet. Alles hat eine Ursache, und wer sucht, findet sie auch. Und wer eine bestimmte Wirkung beabsichtigt, muss eben nach der geeigneten verursachenden Handlung suchen – und diese dann auch ausführen.