Es ist doch schön, wenn einer gefragt wird, wie sein Tag war, und wenn er dann ehrlich antworten kann: »Ich bin zufrieden.«
Wir wissen ja ein jeder – hoffentlich! – wie es sich anfühlt, zufrieden zu sein. Lässt sich Zufriedenheit aber auch in Worten definieren?
Wenn es um Zufriedenheit geht, da wird sogar der Duden poetisch!
Wenn einer zufrieden ist, und ich zitiere hier den Duden, dann ist dieser Mensch »sich mit dem Gegebenen, den gegebenen Umständen, Verhältnissen in Einklang befindend und daher innerlich ausgeglichen und keine Veränderung der Umstände wünschend«.
Ich will das mal etwas einfacher formulieren, weg von den schwer verdaulichen Partizip-Konstruktionen: Ein zufriedener Mensch befindet sich mit dem Gegebenen, also den gegebenen Umständen und Verhältnissen in Einklang. Daher ist er innerlich ausgeglichen, und er wünscht sich keine Veränderung der Umstände.«
Ich mag sie, diese Duden-Definition von Zufriedenheit. Ich lese in und zwischen den Zeilen wahre Lebensphilosophie!
Wer zufrieden ist, der ist mit den Umständen im Einklang. Wer zufrieden ist, der ist dankbar dafür, wie die Welt sich ihm gibt. Wer zufrieden ist, der ist okay damit, wie die Welt um ihn herum beschaffen ist – wie er sie selbst mit-geschaffen hat.
Jeder Zufriedene hat ein wenig die Welt verändert, sei es im Beruf, in der Familie oder in der sozialen Gemeinschaft, also etwa im Verein oder schlicht in der Nachbarschaft. Der Zufriedene hat die Welt so verändert, dass sie ein klein wenig besser zu ihm passt.
Der Zufriedene hat aber auch sich selbst verändert, seinen Charakter, seine Gewohnheiten und sein Wissen. Das ist wichtig und ohne geht es nicht! Der Zufriedene hat sich selbst so verändert, dass er besser zur Welt passt.
Der Zufriedene schwingt im Einklang mit der Welt, so wie zwei gleiche Töne, auf zwei Instrumenten gespielt, im Einklang schwingen.
Der Zufriedene wünscht sich keine Veränderung, zumindest laut dem Duden.
»Moment«, höre ich den Einwand, »hat der Wegner nicht eben gesagt, dass Zufriedenheit eine Veränderung voraussetzt?«
Ja, das habe ich, und es ist kein Widerspruch. Im Gegenteil! Ich füge sogar noch weitere, wichtige Elemente der Veränderung hinzu.
Der Zufriedene hat hart dafür gearbeitet, zufrieden sein zu können.
Jemand, der reich erbt, wird sich eine Aufgabe ausdenken, um mit sich zufrieden sein zu können, denn ohne Überwindung und geleistete äußere wie innerliche Veränderung kann auch er nicht zufrieden sein.
Der Zufriedene hat meist Geld verdient, denn zum einen zahlt es die Rechnungen, zum anderen ist Geld die unzweideutigste Form von Anerkennung innerhalb der modernen Gesellschaft. Der Zufriedene hat an seinem Zuhause gearbeitet, oft hat er Kinder aufgezogen. Vielleicht hat er Arbeitsstellen geschaffen und Arbeitern samt ihren Familien ein Auskommen beschert. Vielleicht hat er Kunst geschaffen, und vielleicht hat er sogar ein Publikum für seine Kunst gefunden.
Der Zufriedene ist zufrieden, wenn und indem er das Erreichte betrachtet. Und dass er es erreicht hat, diese Tatsache will er nicht verändern – höchstens ausbauen, absichern, erweitern.
Aber da wäre noch eine Kategorie von Veränderungen! Wir dürfen, können und sollten wohl auch zufrieden sein über bestimmte Veränderungen, die jetzt und in diesem Moment passieren, ja, die noch lange nicht abgeschlossen sind. Die edelsten der Veränderungen werden niemals abgeschlossen sein!
Ein Beispiel: Ich bin zufrieden, wenn meine Kinder und ich jeden Tag lernen.
Lernen, das ist andauernde Veränderung, und dass diese Veränderung passiert, das will ich auch auf keinen Fall verändern!
Dieses Lernen, überhaupt die Arbeit am rauen Stein unseres allzu tierischen und doch zum Erhabenen begabten Ego, das ist eine Veränderung, deren Ausbleiben erst die schlechte, gefürchtete Veränderung wäre.
Ich mag an der Duden-Definition von Zufriedenheit auch das, was nicht enthalten ist.
Es steht nicht im Text, dass nur ein solcher Mensch zufrieden sein kann, dem ausnahmslos alles gelungen ist.
Es steht nicht im Text, dass Zufriedenheit es ausschließen würde, Niederlagen erlitten zu haben.
Und es wird ganz sicher nicht definiert, dass Zufriedenheit mit Sorgenfreiheit einhergehen müsste.
Zufrieden zu sein, das bedeutet nicht, dass mich nichts mehr stört und nichts mehr ärgert.
Zufrieden zu sein, das bedeutet vielmehr, etwas an der Welt zu finden, womit ich okay bin, und dann für den Augenblick genau dafür dankbar zu sein.
Alle der Weisesten aller der Zeiten haben alle möglichen Lebensregeln aufgestellt – und einige gefährlich unmögliche Regeln.
Zuletzt aber münden die brauchbaren unter den Lebensregeln in der einen Regel von der Zufriedenheit, und diese lautet: Lebe und handle so, dass du am Ende jedes Tages, wie auch am Ende aller Tage, ehrlich sagen kannst: Ich bin im Einklang, ich will nichts mehr verändern, ich bin zufrieden.