10.04.2024

Kriminalität, Statistik und Ritual

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild: »Die Gäule stehen (bereit)«
Alle Jahre wieder kommt die Kriminalitätsstatistik. Die Zahlen sind jährlich mehr »rechts«. Die Politik verspricht jedes Jahr, dass sie nun durchgreifen wird. Wer nimmt sie noch ernst? Es ist ein zynisch-clowneskes Ritual in einer gottlosen Zeit.
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Jedes Volk und jede Kultur leben und pflegen ihre Rituale. Die Rituale einer Menschengruppe stärken ihren Zusammenhalt. Rituale sind eine Verbindung zum Übergeordneten und Höheren, sei dies der Staat oder der Stellvertreter des Staates im Himmel.

Zu den neuen deutschen Ritualen in den 2020-er Jahren gehört die jährliche Veröffentlichung der Kriminalitätsstatistik, zusammen mit den rituellen Beschwichtigungen wie auch Beteuerungen unmittelbar danach.

Dieses Jahr las man sogar im Staatsfunk zu dieser Statistik überraschend wahre Schlagzeilen wie etwa: »Polizeiliche Kriminalitätsstatistik: Gewaltkriminalität um 8,6 Prozent gestiegen« (mdr.de, 9.4.2024).

Ja, das diesjährige Kriminalitätsstatistik-Ritual wurde wahrlich fulminant eingeläutet!

Zeit, Raum, Ordnung

Der Mensch braucht Rituale, wie er Wasser, Nahrung und Luft braucht. Während aber Wasser, Nahrung und Luft externe Faktoren sind, die vorhanden sind oder nicht, bilden sich Rituale wie von selbst, überall dort, wo Menschen leben.

Selbst der einzelne Mensch – oft gerade der – wird Rituale entwickeln, um seiner Funktion in (seiner) Zeit und (seinem) Raum jene Ordnung zu geben, die das nur in der Wiederholung jenes »erhabenen« Erlebnisses höherer Zusammenhänge (und der Mächte hinter diesen) entstehen lässt.

Ob ein Mensch im Privaten komplizierte, von Kirche oder Rabbis vorgegebene Rituale befolgt, ob er sich selbst beruhigende Rituale mit billigen Teelichtern und Esoterik-Klimbim erfindet, oder ob er zunächst »unspirituelle« Angelegenheiten wie die Begeisterung für einen Fußballverein oder das Trinken schottischer Spirituosen zum Ritual ausbaut – der Mensch braucht bereits im Privaten echte Rituale. (Und das neuerdings wieder »modische« Ritual, ein Tagebuch zu führen, kann man nur empfehlen!)

Eine Gesellschaft aber, so scheint es, kann ohne Rituale gar nicht erst existieren. Gesellschaften, die aus ideologischen Gründen ein bestimmtes Ritual einstellen, etwa die Sonnenwendfeier, werden sehr bald ein anderes Fest an dessen Stelle einführen, etwa das Weihnachtsfest. Und später wird dieses, wieder aus ideologischen Gründen, zur Jahresendfeier – womöglich mit Jahresendflügelfiguren.

Was tut eine Gesellschaft, wenn die alten Rituale ihre Kraft und Funktion verlieren? Es bilden sich neue Rituale, und die Kristallisationspunkte der neuen Rituale wirken bisweilen auf den ersten Blick beliebig, sind also überraschend. Doch auch die neuen Rituale haben ihre Logik – wie etwa die jährliche Kriminalitätsstatistik im besten Deutschland aller Zeiten.

Dieses Jahr erstaunlich offen

Das deutsche Bundeskriminalamt, dem Innenministerium unterstellt, gibt seit 1953 die »Polizeiliche Kriminalstatistik« heraus. Und trotz der Unterordnung des Bundeskriminalamts unters Nancy-Faeser-Innenministerium, gilt diese Kriminalstatistik noch immer als Indikator für den Zustand der Sicherheit in Deutschland.

Die Erkenntnisse dieser Statistik sind jedes Jahr aufs Neue von der Art, die man umschreiben könnte mit: »Die bösen Rechten heißen ›Rechte‹, weil sie so häufig recht behalten.«

Natürlich wird das nicht so formuliert, zumindest nicht von der Politik, doch was sie sagen, ist dieses Jahr erstaunlich offen.

»Es gibt mehr Ausländerkriminalität«, wird Nancy Faeser zitiert. Die Gewaltkriminalität erreichte ein historisches Hoch. Die Zahl der (von der Polizei erfassten) Fälle gefährlicher und schwerer Körperverletzung sprangen um 6,8 % auf 154.000 Fälle.

jungefreiheit.de, 9.4.2024 schreibt: »Unter den ermittelten Tatverdächtigen stieg der Anteil der Ausländer um 14,4 Prozent auf 63.000 Personen an. Demgegenüber standen etwa 90.000 deutsche Tatverdächtige. Demnach machten Ausländer bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung 41,2 Prozent der Tatverdächtigen aus.«

Ich könnte immer weiter absolute und relative Zahlen zitieren. Fakt ist: Deutschland wird immer gewalttätiger und immer mehr Deutsche werden zu Opfern von Ausländern. Jeden Tag fließt unnötigerweise Blut und Menschen werden fürs Leben traumatisiert. Und das alles ist direkte Folge linker Lebenslügen, politischer Korrektheit und sogenannter Toleranz.

Es klingt wie jedes Jahr, nur die Zahlen ändern sich, werden »rechter«. Und jedes Jahr folgen auf die Bekanntgabe der Zahlen bestimmte vorhersehbare Reaktionen, große Worte und Ankündigungen, die dann aber doch bei aller Grandiosität ohne überprüfbare Folgen bleiben. Spätestens an diesem Punkt wird dieses jährliche Tieffest (oder was auch immer das Gegenteil von »Hochfest« ist) zum neuen deutschen Ritual.

Selbstverständlich als Teil

Es scheint dem Menschen – und: der Menschheit – ein tief eingegrabenes Anliegen zu sein, dass gelegentlich Opfer erbracht werden. Also verwundert es nicht, dass Opfer seit jeher ein Teil praktisch aller religiösen Rituale sind.

Manche Menschen wollen selbst (das) Opfer sein (wir nennen es neudeutsch »Opfermentalität«).

Andere wollen zumindest für Opfer gehalten werden und über diesen Status dann Vorteile beziehen (wir kennen es aus der »Wokeness«, aber auch aus dem »verdeckten Narzissmus«).

In biblischen und anderen alten Zeiten wurden als Opfer noch geschlachtete Tiere gebracht. Einige Flügel einiger Religionen opfern bis heute, regelmäßig und auf blutigste Weise – und selbstverständlich als Teil eines Rituals.

Es passt also, dass es im Kern der jährlichen Kriminalitätsstatistik auch um Opfer geht, auch wenn es an der Oberfläche angeblich um eine andere Bedeutung von »Opfer« geht.

Laut der neuesten Kriminalitätsstatistik wurden 1,25 Millionen Menschen zu Opfern von Straftaten. Die Mehrheit der Opfer, 75 %, waren Deutsche.

Raubdelikte stiegen um 17 %. Laut Statistik wurde 45.000-mal ein Mensch zum Opfer eines Raubdelikts. Fast jeder zweite Tatverdächtige hatte keinen deutschen Pass.

Die Zahl der Wohnungseinbrüche stieg um 18,9 %, die Zahl der Autodiebstähle um 17,5 %, die Zahl der »gefährlichen und schweren Körperverletzungen« um 6,8 % auf 154.000.

Jede dieser Zahlen bedeutet, dass ein Mensch zum Opfer wird. Die Tatsache aber, dass die Zahl der ausländischen Täter weit überproportional steigt, bedeutet schlicht, dass die Deutschen »Opfer bringen«.

Das Kriminalitätsstatistik-Ritual dokumentierte in den letzten Jahren auch ein Opfer. Menschenopfer, die einer Ideologie gebracht werden.

Ritual und Identität

Ein Ritual muss Identität stiften, und zwar die »richtige« Identität. Ein Problemchen der Kriminalitätsstatistik ist – zumindest aus Sicht der Propaganda und der »richtigen Meinung« –, dass sie die Identität »Deutsche« stärken könnte, in Abgrenzung zu den überproportional vertretenen Nicht-Deutschen.

Doch die Gruppe, gegen die heute abgegrenzt werden soll, ist natürlich die Gruppe der Andersdenkenden. Es ist also Teil des Kriminalitätsstatistik-Rituals, dass man sich präventiv »gegen Rechts« positioniert. Als ein Beispiel sei hier t-online, 10.4.2024 zitiert: Bildungs- und Integrationsprogramme seien wichtiger, »als rechten Reflexen nachzugeben und Schutzsuchende abweisen zu wollen«. Denn: »Rassismus ist ein Fakt in dieser Gesellschaft. In diesem Fall drückt er sich darin aus, dass Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe – da ist der Pass ganz egal – häufiger von der Polizei kontrolliert werden.«

Emotionsregulation

Rituale helfen, Gefühle zu kanalisieren und so zu regulieren. Wer etwa einen Menschen verloren hat, der ist dankbar für Trauerrituale.

Auch Gefühle der Wut und der Rache brauchen Rituale. Kirchen dienten früher dazu, Gefühle der Wut und erlittenen Ungerechtigkeit gegen höhere, unfassbare Mächte zu richten (statt gegen die wirklich Mächtigen).

Das Kriminalitätsstatistik-Ritual enthält zur Ableitung von Wut die rituelle Beteuerung, dass jetzt aber wirklich hart durchgegriffen würde.

Die Innenministerin wird aktuell zitiert: »Wer sich nicht an die Regeln hält, muss gehen« (welt.de, 10.4.2024).

Niemand, wirklich niemand in Deutschland glaubt, dass eine nicht nur in ihrem demokratischen Geist fragwürdige, sondern auch noch offen antideutsche Regierung ernsthaft in irgendeinem ernstzunehmenden Maßstab kriminelle Ausländer ausweisen wird. Doch es gehört zum Ritual dazu, dies zu behaupten.

Normen und andere Werte

Rituale helfen den Menschen, zu heilen und neue Kraft zu schöpfen. »Heilt« Deutschland beim Ritual namens »Kriminalitätsstatistik«? Nun, die Politik des Propagandastaates hätte es gern.

In Ritualen werden Normen und Werte nachgezogen. Das immerhin ist beim Ritual »Kriminalitätsstatistik« recht geradeheraus: Das Personal des Propagandastaates will noch mal betonen, dass die alten Normen und Werte prinzipiell noch gelten – auch wenn sie von Jahr zu Jahr krasser gebrochen werden.

Kluge Rituale geben Ereignissen eine Bedeutung, eine Einordnung in einen höheren, größeren Zusammenhang.

Ich bin mir noch nicht sicher, welche höhere Bedeutung die in der Kriminalitätsstatistik dokumentierten Ereignisse (plus die Dunkelziffer) haben – oder haben sollen.

Doch es ist nicht von der Hand zu weisen, dass in Deutschland zumindest implizit so getan wird, als hätte das Ertragen dieser Opfer eine Bedeutung. Als sei die Bewältigung eine göttliche Aufgabe. Als sei es vom Himmel verordnete Pflicht, dass zusätzlich zu den in der Statistik erfassten Opfern der Rest von Deutschland »sich opfert« – beginnend mit den Schulen. (tagesschau.de, 10.4.2024: »Polizeiliche Kriminalstatistik: ›Schulen haben eine besondere Aufgabe‹«)

Bessere(s) verdient

Wir haben sie oft genug gehört, all die »klugen« Sprüche, wonach jedes Volk oder jede Zeit die Politiker, Sportler oder auch mal Künstler hat, »die es verdient«.

Freunde, ich kann in diesem Fall einer entsprechenden flapsigen Spontanweisheit nicht zustimmen. Was auch immer man den heute lebenden Deutschen vorwerfen kann – etwa, dass sie sich elend lange von elend schlechten Politikern und nicht weniger elenden, zwangsfinanziertem Propaganda-TV quälen lassen: Rituale wie das folgenlose jährliche Trara um die Kriminalitätsstatistik verstoßen gegen die Würde, die doch nicht nur dem Menschen, sondern auch den Menschen zugestanden werden sollte.

Deutschland und die Deutschen haben bessere Rituale verdient, zumindest bessere als das jährlich unwürdigere Theater rund um die jährlich deutlicher »rechte« Kriminalitätsstatistik.

Weiterschreiben, Dushan!

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