Ich mochte ihn nicht. Ich fand, dass er ein blöder, nutzloser Kerl ist. Ich befand mich mit meiner Ablehnung in meinem Bekanntenkreis in der Minderheit, doch ich blieb dabei – lassen Sie es mich Ihnen erklären!
Er war ja durchaus sympathisch, so auf den ersten Blick. Das war ja das Problem, das war der Trick, mit dem er Menschen hereinlegte.
Dieser Kerl konnte »zuhören«. Er »akzeptierte, jeden wie er ist«. Er wünschte sich eine »tolerante, friedvolle Welt«. Er rauchte nicht, nur auf Partys. Er ging joggen und er nahm dazu gern Freunde mit. Er verdiente brauchbares Geld und er ging damit nicht geizig um, und auch wer eine Couch zum Übernachten brauchte, fand immer bei ihm eine Bleibe und im Kühlschrank seiner sauberen und doch gemütlichen Wohnung etwas Leckeres.
Und doch mochte ich ihn nicht. – Genau genommen begann mein Nichtmögen, als ich mich mit einer der Damen unterhielt, die sein Leben begleiteten.
Er hatte – und wer könnte es ihm verübeln! – das Bedürfnis, von einer Frau geliebt und begehrt zu werden. So weit ist das ein durchaus menschliches Bedürfnis. Zugleich wollte er auch seine Optionen offen lassen – auch das ohne Zweifel verständlich! – Als ich nun mit einer der Damen sprach, die seinem Leben als unverbindliches Unterhaltungsprogramm dienten, stellte ich fest: Er impliziert den Damen gegenüber, dass sie eine Chance haben, die eine Frau in seinem Leben zu werden – und doch meint er es nicht ernst. Er angelte sich unerfahrene junge Damen, die keinen besseren Rat von ihren Eltern bekamen (oder auf diesen nicht hörten), er »hörte ihnen zu« und er schlief mit ihnen und ließ sie ewig im Glauben, dass mit ihm ein dauerhaftes Zusammenleben möglich wäre, bald, irgendwie, wenn nur dies und das. Es war Lüge.
Er wollte keine Beziehung, mit aller Verantwortung und den normalen Einschränkungen. Er wollte lediglich vor sich selbst als »liebenswürdig« dastehen. Sein Beziehungsleben war eine als »freundliches Gesicht« getarnte Lüge. Dieser Junggeselle war ein Lügner und ich mag Lügner nicht.
Mit sich selbst nicht einig
Wir lesen in diesen Tagen von der Schlepperindustrie, die Menschen von Afrika in die europäischen Sozialsysteme bringt.
Wer Gold, Kohle oder Öl fördert, der holt etwas aus der Erde, was eigentlich allen Bürgern des Landes gehört, und verkauft es im eigenen Namen weiter. Ausländische Firmen holen in Afrika manchen Rohstoff aus der Erde und verkaufen ihn in Asien, Amerika oder Europa. Ähnlich ist es mit dem Migrationsbusiness, nur andersherum! Schlepper verkaufen de facto das deutsche Asylsystem an die Bürger Afrikas weiter, so wie Goldgräber das Gold und Ölfirmen das Öl bergen und anderswo weiterverkaufen.
Die Schlepper bringen die Migranten aufs Meer, dort planen sie ihre Kunden an NGO-Boote oder ähnliche Hilfsbereite zu übergeben. Wie ein erpresserischer (und seelisch verschrobener) Ehepartner, der mit Selbstmord droht, falls er verlassen wird, so drohen diese Migranten de facto mit ihrem eigenen Ertrinken für den Fall, dass ihnen nicht die Einwanderung nach Europa – sprich: das deutsche Sozialsystem – ermöglicht wird.
Die Staaten Europas sind sich mit sich selbst nicht einig, ob sie die Einwanderungswilligen begrüßen oder abweisen sollen. In den Demokratien tobt die Debatte zwischen suizidalen Gutmenschen und realistischen Bewahrern.
Mit der linken Hand winkt Europa die Menschen hinein, mit der rechten Hand weist es sie ab – die eine Hand hasst, was die andere tut, und währenddessen irren Schiffe mit genervten Migranten auf dem Mittelmeer herum, wie einst der fliegende Holländer auf der Suche nach seinem letzten Hafen. (Man sagt, »Der fliegende Holländer« sei Wagners Durchbruch zum eigenen Stil gewesen – und heute fragt man sich: Was ist Stil? Politisch, kulturell, ganz persönlich?)
Es braucht ja nicht einmal meine Behauptung, dass Europa sich selbst widerspricht! Nehmen Sie etwa einfach einen aktuellen Bericht vom ZDF, einem zwangsfinanzierten TV-Sender, der – bildlich gesprochen – am Morgen erst der lieben Frau Kanzlerin einen Kuss zum Wachwerden gibt und ihr dann den Kaffee ans Bett bringt. Lassen wir einfach das ZDF ein paar Zeilen lang reden, dann widerspricht sich es schon selbst.
Auf zdf.de heißt es heute in einer Überschrift: »177 Migranten sitzen auf Rettungsschiff fest«, doch in der Zusammenfassung, direkt nach der Headline und dem Datum, formuliert man dann: »177 Flüchtlinge haben den Hafen Catania auf Sizilien erreicht.« (Siehe zdf.de, und archiviert, falls es »korrigiert« wird.) – Der aufmerksame Leser ruft aber spontan aus: »Moment, ihr Haltungsjournalisten, entscheidet euch! Was nun? Sind es Flüchtlinge oder Migranten? Oder – Himmel, hilf! – waren die Begriffe gar die ganze Zeit über austauschbar und war der Ausdruck »Flüchtling« damit schlicht Betrug?« – Man scheint verwirrt zu sein, dort beim Staatsfunk. Schafft man es nicht mehr, die Widersprüchlichkeit unterm Topf zu halten – oder hat man es einfach aufgegeben?
Betrachten wir die Meldung selbst! Es ist ja nicht die einzige dieser Art in den letzten Wochen und Monaten. Dieses Boot durfte anlegen, doch Italien lässt die Migranten nicht an Land kommen, bis es nicht de facto eine Übernahmegarantie aus Deutschland etc. bekommt (Euphemismus: »Antworten von Europa«).
The times they are a changing. Ein europäisches Land nach dem anderen bekommt eine »rechte« Regierung. Bürger haben linken Suizidalismus satt und sie wählen Protest. Lieber die Katze im Sack als das Messer im Bauch.
Der italienische Innenminister Matteo Salvini verbietet den Migranten, an Land zu kommen. Verkehrsminister Danilo Toninelli hatte dem Schiff zuvor erlaubt, in den Hafen zu gelangen. Keiner weiß, wie es weitergeht, aber alle ahnen, wie und wo es enden wird: in Deutschland.
Was zum Kuckuck sollen die Menschen auf dem Boot denken? Ich kann sogar verstehen, dass sie angekekst sind! Erst wurden sie von Merkels Selfie-Politik eingeladen, solange sie den Schlepper selbst bezahlen, also haben sie den Schlepper bezahlt. Sie haben auf die NGOs gehofft und das Risiko auf sich genommen – und nun ist Europa mit sich selbst darüber uneins, ob es Merkels Einladung wahr werden lässt oder nicht. Was soll das? Entweder gilt das Versprechen der Merkel, der Schlepper, der NGOs und der Gutmenschen, oder es gilt nicht – entscheidet euch!
Europa erinnert mich an jenen Junggesellen, der die Frauen gleichzeitig in sein Leben einlud und aus seinem Leben fernhielt – und sie so unfairerweise über Monate und Jahre hinhielt.
Jener Bekannte wollte sich geliebt und »ehe-wert« fühlen, doch er wollte nicht die Verpflichtung eingehen, die Liebe und Ehe mit sich bringen. Also rief er sie herbei und stieß sie gleichzeitig weg. Er hielt sich für gut, nur das Leben, sagte er, war eben nicht so einfach. Seine Freunde hielten ihn für anständig, es war ja »gut gemeint«, angeblich. Man entschuldigte sein dauerndes Hinhalten der Frauen mit »es ist halt kompliziert«, doch auch das war eine Lüge. Es war nicht kompliziert. Es war einfach, er wollte sich nur nicht entscheiden. Das machte ihn zum Lügner und – in meinen Augen – zum Drecksack. Nicht jede Frau ist eine pseudo-toughe, männerhassende Netzkolumnistin. Es gibt sie noch, die weichen, zarten Seelen, und einige dieser Seelen hat dieser Drecksack über Monate und Jahre hingehalten. Er hat Menschen verletzt, um sich gut zu fühlen.
Einfach alle einladen?
Ein Staat und ein Kontinent sollten sich selbst gegenüber ehrlich sein – in vielerlei Hinsicht, und heute ganz besonders in dieser: Es muss eindeutig (und möglichst fair) sein, wen ein Staat hineinlässt und wen nicht.
Es ist unfair, Entscheidungen zur Migrationspolitik hinzuziehen wie ein Junggeselle, der sich begehrt fühlen und doch nicht binden möchte. Europa ist zerrissen. Auf der einen Seite zerren Gutmenschen an Europa, und sie gefallen sich darin, »open border« zu rufen (und die Verantwortung für die Folgen anderen aufzubürden, klar). Refugees-Welcome-Rufer wollen nicht wirklich mit Refugees zusammenleben (siehe auch mein Text »Aus Gutmenschen, die es selbst betrifft, werden schnell Bösmenschen«), so wie jener Junggeselle begehrt und verehrt werden wollte, ohne das implizite Versprechen wirklich einzulösen. Die Gutmenschen Europas sind wie der Junggeselle, der seine Freundinnen mit seinen Freunden verkuppeln will, sobald sie ihm lästig geworden sind. (»Ich will doch nur, dass du glücklich bist.«) Auf der anderen Seite sind da die Realisten, die darauf bestehen, dass nur wer sich selbst beschützt, anderen Menschen helfen kann.
Es gibt nicht nur zwei, sondern inzwischen drei Optionen, wie Europa den afrikanischen Migranten begegnen könnte:
Erstens: Man könnte einfach alle einladen, wie Gutmenschen es fordern, den Kommunen die Verantwortung aufbürden und sich auf die Schulter klopfen. Es wird kollabieren und man wird einfach Afrikas Probleme in Europa kopieren, doch eine Zeit lang fühlte man sich ganz toll moralisch.
Zweitens: Man könnte, wie Konservative es vorschlagen, die Situation vor Ort zu verbessern suchen, statt den starken Mittelstand, der sich Schlepper leisten kann, nach Europa zu holen.
Drittens: Man könnte, wie man es jetzt tut, gleichzeitig »komm her!« und »geh weg!« rufen.
Früher oder später wird Europa sich entscheiden müssen: Ist man das Sozialamt Afrikas oder nicht? Wenn ja: Steht dazu und wisst auch, dass es sich vorne und hinten nicht rechnet. Wenn nein: Steht auch dazu und seid konsequent! Europas Lavieren ist verlogen. Sind die Grenzen offen oder sind sie geschlossen?
Das erste Problem mit Gutmenschen ist, dass sie Heuchler sind und keine Verantwortung für die Folgen ihrer Taten übernehmen. Das zweite Problem mit Gutmenschen ist, dass sie auch den Rest von uns zu Lügnern machen.
Auf dem Mittelmeer irren Schiffe voller Menschen herum, und sie irren dort herum, weil Europa gleichzeitig einlädt und wegstößt.
Europa belügt sich, und es belügt Afrika. Europa sendet widersprüchlich Signale, es lädt ein und es stößt ab. Die Opfer dieser Verwirrung werden wie gammliges Getreide von Hafen zu Hafen verschifft.
Es ist unwürdig und es hat keine Zukunft. Die Krise wird größer werden und das Schauspiel unwürdiger. Manche Besserung beginnt damit, sich ehrlich zu machen, auch diese: Europa, mach dich ehrlich!