Wer in einem Unfall ein Bein verliert, so habe ich gehört, der ist wenige Jahre später oft glücklicher mit sich und seinem Leben, als einer, der zeitgleich im Lotto gewann.
Zunächst gerät einer, dem sie das Bein abnehmen, natürlich in seelische Not.
Wer in einem Unfall sein Bein verliert, dessen Leben wird angehalten, auch ganz praktisch im Krankenhausbett, und dann muss er neu gehen lernen.
Der Amputierte denkt sentimental zurück, wie sich das Gras zwischen den Zehen beider Füße anfühlte.
Irgendwann war das letzte Mal, dass er mit beiden eigenen Füßen umherging, doch er wusste es damals nicht. Ach, hätte er nur seine beiden Füße zu genießen verstanden!
Sich über seine zwei Füße zu freuen, das wirkt banal und läppisch – bis uns ein Fuß abhandenkommt.
Der Amputierte muss sein Leben neu organisieren. Er lernt, sich über die Möglichkeiten zu freuen, die ihm geblieben sind. Er muss Hürden überwinden, ganz praktisch. Er wägt neu ab, was ihm wichtig ist – und was nicht. Er definiert neue Ziele. Er kämpft fürs Erreichen dieser Ziele, und wenn er sie erreicht hat, dann darf er zufrieden sein.
Der Amputierte tut viele Dinge, und hier wird es spannend, die eigentlich ein jeder tun muss, wenn er glücklich sein will.
Der Lottogewinner aber wurde ohne Mühe wohlhabend. Er hat nichts erreicht, er hat das Geld nicht verdient. Er muss nicht über sich selbst nachdenken, er wird sich mit dem Geld von sich selbst ablenken. Und wenn er sich nicht bald neue, schwierige Ziele setzt, dann ist er ganz verloren.
Sollen wir also uns ein Bein abhacken, um glücklich zu sein? Ach nein.
Auch wenn es zunächst ungewohnt klingt: Ich will mich darüber freuen, dass ich über beide Füße verfüge, und dass ich ohne Hilfsgeräte gehen kann.
Sollte ich ein Bein verlieren, dann organisiere ich mein Leben neu, und mein Denken, so dass ich mich auch dann freuen kann.
Für jetzt aber will ich dankbar sein, dass ich mit beiden Füßen auf dem Boden stehe, und dass ich den Boden unter meinen Füßen auch spüre.