Die Merkel, die ist so anständig, die hat mit Sicherheit keine Affäre, wie dieser Trump! Geschäfte mit ihrem Namen, wie der Trump, das würde sie nicht treiben! Die Merkel, das ist so eine wie ich.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Jeder von uns hat einen Nachbarn, einen Kollegen oder einen Freund, der solche Sachen sagt. Was aber ist die Basis solcher Ideen? Sehen wir hier von der Frage ab, wie realistisch das Image einer Kanzlerin ist, die regelmäßig kurz vor Wahlen von Zeitungen »zufällig« und »spontan« fotografiert wird, wie sie im Supermarkt die Butter für den Kuchen kauft. Wer so etwas glaubt, der glaubt auch, dass die Renten sicher sind.
Ich frage nach einer anderen Basis: An welchem Punkt der jüngeren Geschichte hat es sich etabliert, dass für die da oben dieselben Werte zu gelten haben wie für uns hier unten?
Es war in der Geschichte der Menschheit nie so, dass die Könige und Kriegsherren derselben Moral des Alltags folgten wie das gemeine Volk. In Zeiten, als der stärkste und klügste Krieger zum Häuptling erklärt wurde, war es etwa nützlich, dass er so viele Weibchen beschlief, wie seine Lenden es hergaben. So entstanden zahlreiche kleine Kämpferkinder, und das nutzte dem gesamten Stamm. Es ist zudem eine sinvolle Idee, den Häuptlingen so viel Nahrung und Ressourcen zur Verfügung zu stellen, wie sie brauchen, damit sie bei ihrem Nachdenken über das Wohl des Stammes nicht von Kleinkram und persönlichen Lästigkeiten behindert werden.
Doch, kein Recht darf ohne Pflichten sein, zumindest ist das in funktionierenden Gesellschaften so. Im Gegenzug für ihre Privilegien hatten die Mächtigen eine Leistung zu erbringen. Die Aufgabe der Macht ist es, die ihr anvertrauten Bürger vor äußerer und innerer Gefahr zu schützen; die Macht hat den Bürgern ein Leben in relativer Freiheit zu ermöglichen, ein Land, in dem sie in Frieden ihre Kinder großziehen, ihren Lebensunterhalt verdienen, die Gemeinschaft pflegen und sich am Glück versuchen können – dafür dürfen die Mächtigen dann gern Champagner saufen, bis es ihnen aus den Ohren schäumt.
Dieser Pakt wurde in den letzten Jahrzehnten einseitig aufgekündigt.
Die Banker, die längst nicht mehr nur der Wirtschaft das notwendige Kapital zu Verfügung stellen, sondern in Form gefährlicher Spekulationen die Wirtschaft immer wieder an den Rand des Kollaps bringen, nehmen Privilegien in Anspruch (und die Sozialisierung ihrer Verluste), ohne dafür eine gesellschaftliche Gegenleistung zu liefern.
In diesem Sinne ist Merkel vom gleichen Holz geschnitzt wie die Banker, die mit Derivaten spekulieren. Merkel hat ebenfalls den Deal einseitig aufgekündigt: Sie spielte auf der Klaviatur des Systems derart, dass ihr Macht zugestanden wurde, doch sie liefert nicht den Gegenwert. Sie liefert nicht Sicherheit, sondern Gefahr. Sie simuliert Normalheit und stellt jedwede Abgehobenheit in striktestdenkbare Abrede. – Es ist Bullshit.
Merkel und ihr Kreis von Ja-Sagern haben wenig Vorstellung davon, wie das »normale Leben« aussieht. Man kann es an ihren Auftritten und ihrem Gestammel erkennen, man kann es zum Beispiel in »Die Getriebenen« von Robin Alexander nachlesen, einem Autor der nun wirklich nicht übertrieben merkelkritischen WELT. Merkel und ihre Regierung nehmen erfolgreich die Privilegien der Macht in Anspruch, versäumen aber, ihren Teil des buchstäblich viele Jahrtausende alten Deals einzuhalten.
In diesen Tagen wird Merkel wieder auf Trump treffen. Es wird ein Treffen der Gegensätze. Merkel bricht den impliziten Deal mit den Untergebenen – Trump versucht, ihn zu halten.
Was den linken, neidzerfressenen Spießern in den Redaktionen an Trump wie verrückte Extravaganz vorkommt, ist nur Teil des Deals, den der amerikanische Wähler mit seinem Präsidenten abgeschlossen hat.
Trumps Wähler sagen: Es ist okay, dass du in vergoldeten Badewannen badest. Es ist okay, wenn du von dir erzählst, du seist der Klügste und hättest die besten Wörter. Wenn du mit Playboy-Models schläfst, dann finden wir das anders als linke Griesgrame nicht verwerflich, sondern wären sogar etwas enttäuscht, wenn dem nicht so wäre. Alles das ist okay, solange du nur dafür sorgst, dass das Land beschützt wird und wir in Ruhe leben können.
Ich will nicht einer von den Mächtigen sein. Ich will nicht jeden Tag den ganzen Tag um meinen Posten ringen, Querelen schlichten und meine Feinde niederringen müssen. Ich will nur lesen, nachdenken, schreiben, etwas nach draußen gehen und etwas Zeit mit meiner Familie verbringen. Das ist alles. Dafür nehme ich gern in Kauf, keine dicke Limousine zu fahren, keinen Jet nur für mich bereitstehen zu haben, keine Büros im Glaspalast zu besetzen, keine goldenen Wasserhähne zu bedienen und mir niemanden zu halten, der sich vor mir fürchtet und doch den Kotau machen muss. Ich gönne Trump eventuelle Techtelmechtel. Wenn er hier und da ein Geschäft an der Seite machen sollte, dann kann er selbst das von mir aus tun. Solange Politiker das Land sicher halten, sollen sie gern in Luxus schwelgen. Ich will in Ruhe im Café sitzen, meinen Kindern beim Spielen zuschauen, und wenn der Politiker dafür sorgt, dass ich es kann, soll er doch in der Stretch-Limousine umherfahren und sich von halbnackten Damen diamantbesetzte Austern in den Rachen kippen lassen.
Mit Trump und Merkel treffen zwei Welten aufeinander. Die eine tut bescheiden, ihre Politik aber brachte Antisemitismus ins Land, Terror, Messergewalt, Vergewaltigungen und Mord bis hin zur Enthauptung. Der andere lebt in Saus, Braus und goldenem Kitsch, kämpft aber für die Sicherheit des Volkes, hat die Arbeitslosigkeit gesenkt, besonders unter Schwarzen (einer unter Obama vernachlässigten Gruppe), was sogar seine politischen Gegner wie z.B. CNN anerkennen. Er hat positive Bewegung in die Korea-Spannungen gebracht und er kämpft gegen unvorstellbare Widerstände darum, sein Land nach Süden hin abzusichern.
Wenn aber die Mächtigen, wie Merkel, auf ihrer Macht und ihren Privilegien bestehen, während sie die Bürger in Gefahr bringen, müssen wir fragen, was die moralische Legitimation ihrer Macht und ihrer Privilegien ist.
Sollen die Mächtigen doch alle denk- und undenkbaren Privilegien genießen, ich brauche das nicht – nur sollen sie dafür ihren Teil des Deals einhalten! Trump lebt im Luxus, kämpft aber für das Wohl seines Landes. Merkel tut bescheiden, lässt aber Gewalt ins Land. Ich gönne den Mächtigen allen Champagner dieser Welt – doch im Gegenzug sollen sie dafür sorgen, dass ich meinen Kaffee in Frieden trinken kann.