Dushan-Wegner

22.03.2024

Neue Risse in der deutschen Illusion

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten
Dutzende Länder planen neue Atomkraftwerke, nur Deutschland holzt fleißig Wälder für Vogelhäcksler ab (und importiert Atomstrom von den klügeren Nachbarn). Und das ist nur einer der vielen »Risse« im deutschen System!
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Was für eine Nachricht! Banal, vernünftig und klug, nach vorn denkend – und gerade deshalb schockierend.

welt.de, 21.3.2024 titelt: »30 Staaten kündigen beschleunigten Ausbau von Atomkraft an«.

Ausgerechnet in Brüssel trafen die sich, Staatschefs aus vieler Herren Länder, und auch die gottlose EU, mit Frau Dr. von der Leyen an der schillernden Spitze.

Und wer war nicht auf diesem Treffen der Vernunft und kluger Zukunftsplanung vertreten? Richtig: Deutschland.

wdr.de, 21.3.2024 schreibt vom »Aussteigerland Deutschland«. Weltweit werden Atomreaktoren gebaut, aber Deutschland holzt tapfer weiter seine Wälder ab und verschandelt dann seine Landschaft mit Vogelhäckslern aus zukünftigem Sondermüll. (Und weil die nur bei Wind etwas Strom liefern, importiert man den Atomstrom aus dem Ausland.)

Lastenrad statt Raumfahrt

Ein Gedanke, den man dieser Tage immer wieder hört und liest: Andere Länder fliegen ins Weltall, pflanzen Computerchips in menschliche Gehirne und programmieren dazu künstliche Intelligenz. Und zum Betrieb des Fortschritts betreiben sie modernste Atomkraftwerke. In Deutschland schmiert man derweil das Kettenfett der Lastenfahrräder und studiert Genderwissenschaft.

Deutschland fühlt sich an, und zwar schon seit einiger Zeit, wie wenn man im Zug sitzt und feststellt, dass man vor 200 Kilometern in die falsche Richtung eingestiegen ist. Allerdings ist das nicht für alle Passagiere im falschen Zug eine wirklich neue Erkenntnis.

Nicht wenigen der Passagiere im Deutschlandzug ist seit einem Dutzend Stationen klar, dass der Zug komplett in die falsche Richtung fährt.

Genauso falsch, nur schneller

So einfach wechselt man einen Zug aber nicht. Nicht, wenn mit dem Zug auch das eigene Leben in voller Fahrt ist. Nicht, wenn man sich und seine Familie im eigenen Abteil eingerichtet hat.

Manche glauben tapfer daran, das Zugpersonal zum Richtungswechsel bewegen zu können. (Eine neue Weichenstellung und damit ein absehbarer Richtungswechsel erscheinen unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass das Zugpersonal zwischendurch wechselte und der Zug in die falsche Richtung weiterfährt. Seit dem Personalwechsel fährt der Zug nicht langsamer in die falsche Richtung – eher schneller.)

Mir drängt sich in diesen Tagen eine Art »philosophische Hoffnung« auf: Risse in der Wand aus großen und kleinen Lügen werden sichtbar.

Risse im System

Aktuell hört man von den »RKI-Files«. Mutige, beharrliche Bürger haben interne Dokumente aus dem Robert Koch-Institut freigeklagt, welche quasi die zentralen Verschwörungstheorien der »Schwurbler« und »Querdenker« zu bestätigen scheinen (siehe etwa @SHomburg, 22.3.2024).

Dutzende Länder zucken nur noch die Schultern über Deutschlands Energiewahnsinn und planen eigene Atomkraftwerke. Auch das ist ein »Riss im System« der in Deutschland offiziell geltenden »Wahrheiten«.

Und, heute aktuell, wird noch ein Riss sichtbar. Ein Riss, den keiner auf dem Radar hatte.

Realität als Hinweisgeber

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft – oder heißt sie »die Mannschaft«? Darf man überhaupt noch »Mann« sagen? Egal für jetzt. –, die einzig wirklich ökonomisch interessante DFB-Auswahl wechselt die Marke auf ihren Trikots nach 70 Jahren von Adidas zu Nike. Noch zweieinhalb Jahre lang wird man mit Adidas-Streifen auflaufen, dann mit dem Swoosh (siehe etwa n-tv.de, 22.3.2024).

Und plötzlich merken auch deutsche Politiker, die bislang nicht gerade durch übergroßen Patriotismus auffielen, dass der Wechsel der Nationalmannschaft von einer deutschen zu einer amerikanischen Marke symbolisch für viel tiefgreifendere Risse in der deutschen Gesellschaft ist.

Spätestens aber, wenn der Grüne Habeck – der bekanntlich Vaterlandsliebe zum Kotzen findet und mit Deutschland noch nie etwas anfangen konnte – plötzlich »Standortpatriotismus« vermisst, gewinnt der Riss zwischen deutschem Narrativ und Realität eine komische Qualität (welt.de, 22.3.2024).

Licht ins Dunkel

Ja, manche Nachricht wirkt recht banal dieser Tage. Sei es die Konferenz mit den 30 Ländern, die ihr Bekenntnis zur Atomkraft erneuern. Seien es freigeklagte Wahrheiten vom RKI. Sei es der demonstrative Wechsel des DFB von Herrn Dassler zur griechischen Siegesgöttin. Seien es die innerlichen Widersprüchlichkeiten der öffentlichen Debatte – jeder Widerspruch ein Riss.

Ich bin nicht der Einzige, der immer wieder an Leonard Cohens schönen Satz denkt: »In allen Dingen ist ein Riss, so gelangt das Licht hinein.«

So banal und widersprüchlich die Nachrichten erscheinen, es liegt Hoffnung darin. Risse und Widersprüche bedeuten, dass die Dummheit noch nicht ganz gewonnen hat, dass Menschen noch immer um Erkenntnis ringen, dass die Vernunft noch lebt, dass sie hier und da noch gewinnen kann – und sei es versehentlich.

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