Dushan-Wegner

18.02.2024

Es soll nicht alles schlecht gewesen sein

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten
Sicher, EU und Deutschland gleiten in eine Diktatur ab. Aber seht es positiv! Sucht doch schon heute nach Dingen, die euch später sagen lassen werden, dass »nicht alles schlecht gewesen« ist!
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Ihr kennt den halb sarkastisch und halb ernst gemeinten Satz: »Es war nicht alles schlecht.«

Ja, es ist wieder so weit. Ob in Deutschland das orwellsch-gegenteilig benannte »Demokratiefördergesetz« (apollo-news.net, 13.2.2024) oder in Frankreich aktuell das Unterstrafestellen von Kritik an Genmanipulation (berliner-zeitung.de, 16.2.2024): Der Geist des Totalitarismus ist wieder da – und durch neue Technologien wie Internet und Gentechnik gruseliger denn je.

Ja, es ist wieder so weit. Und also frage ich, halb im Scherz und ganz im Ernst: Was muss der Fall sein, damit wir dereinst sagen können, dass »nicht alles schlecht« war?

Schrecken und Diamanten

Im Schrecklichen und Hässlichen können »unschreckliche« Dinge entstehen.

Einige der schönen Dinge im Schrecklichen geschehen sogar mithilfe der Mittel des Schrecklichen. Fragen Sie etwa gewisse Klima-Aktivistinnen nach jenen hochwertigen Tabakprodukten mit NSDAP-Sammelbildern, die ihre Familie in der NS-Zeit mit Zwangsarbeit herstellte (spiegel.de, 23.8.2011). Volkswagen baut noch immer tolle Autos, Autobahnen sind weiterhin eine gute Idee, und Boss schneidert weiter feine Anzüge.

Doch wenn ich hier sage, dass »nicht alles schlecht war«, denke ich persönlich an etwas anderes. Ich meine jene innere Freiheit und Schönheit, die sich wie ein Diamant unter extra hohem Druck bildet – und womöglich nur da.

Das Werk Hannah Arendts etwa entstand als Reaktion auf die Schrecken totalitärer Herrschaft – und als Warnung vor der nächsten. Hat es etwas genützt? Werden wir beim nächsten Mal rechtzeitig die »Banalität des Bösen« erkennen und das Böse verhindern? Sagen wir mal so: In Berlin wurde dieser Tage eine Hannah-Arendt-Lesung aggressiv gestört und musste abgebrochen werden, ganz wie früher die NS-Schläger störten, nur dass sich die neuen Antisemiten heute »propalästinensische Aktivisten« nennen (rbb24.de, 11.2.2024).

Früchte des Monströsen

Das Gemälde »Guernica« von Pablo Picasso (museoreinasofia.es) entstand als Reaktion auf die Bombardierung des baskischen Dorfes gleichen Namens durch deutsche Flugzeuge am 26. April 1937, einem Montag und Markttag (aber streng genommen ist das Bild übrigens Auftragspropaganda). So schrecklich die Inspiration ist, so schrecklich-schön ist das ikonische Gemälde.

Nicht jede künstlerisch wertvolle Reaktion aufs Totalitäre muss von konkreten Ereignissen geprägt sein. Autoren wie Franz Kafka oder Albert Camus schrieben vor allem als Reaktion auf das Monströse, das sich in ihren Herzen eingenistet hatte – wohin es aber natürlich durch reale Umstände gelangt war.

Im Zweifel auf die Realität

Ich sage: Bereitet euch vor!

Bereitet euch darauf vor, dass die Knospen, die sich heute zu öffnen beginnen, demnächst zu voller Blüte aufgehen. Was werdet ihr dann tun, sodass ihr für euch danach sagen könnt – natürlich im edlen, anständigen Sinne –, dass »nicht alles schlecht« war?

Ihr fragt euch vielleicht, und ich frage mich selbst: Warum bereite ich uns auf etwas vor, was ich mit jeder Faser meiner Existenz verhindert sehen will?

Nun, die Realität interessiert sich kaum je für die Fasern deiner oder meiner Existenz. Also ist es klug, im Zweifel auf die Realität zu setzen, Existenzfasern hin oder her.

Gegenpol Zusammenhalt

Diejenigen von uns, die den »real existierenden Sozialismus« noch miterlebt haben, reden nicht selten von mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft, mehr Miteinander, mehr Hilfsbereitschaft. Menschliche Faktoren, die sich im täglichen Überlebenskampf absurderweise als guter Gegenpol zu einem bösen System entwickelten – und die man heute in der Gesellschaft vermisst. Man versuchte, aus der Situation das Beste zu machen – und ein gemeinsamer Gegner schweißt nun einmal zusammen.

Doch da wäre noch ein Grund. Es ist ein Gedanke, der mir jedes Mal kommt, wenn ich Viktor Frankl lese (im Video fälschlich als »Erich Fromm« erwähnt).

Frankl ist ja durch die unvorstellbare Hölle der »Nehmerseite« des Dritten Reiches gegangen. (Wer weiß, der weiß, und wer nicht weiß, der sollte dringend nachlesen.)

Gerade aus der höllischen Erfahrung heraus aber hat Frankl eine wunderbare, lebensbejahende Lebensphilosophie geschaffen, die sogar vor der Hölle als Kulisse funktioniert (mehr oder weniger).

Vom Luxus zur Notwendigkeit

Ich frage mich aber: Könnten und sollten wir nicht anstreben, solche guten »Früchte der Hölle« auch ohne die Hölle wachsen zu lassen?

Können wir tatsächlich nicht klug werden, ohne dass uns die Zeiten erst und immer wieder mit Dreizack und brennendem Schwefel die Klugheit in den Affenpelz brennen?

Lasst uns klug werden, noch bevor uns das, was absehbar ist, zum Klügerwerden zwingt. So werden wir bereits Übung im Klügerwerden haben, wenn das Klügerwerden vom Luxus des Bildungsmittelstands zur Überlebensnotwendigkeit wird.

Doch, wer weiß! Vielleicht kann rechtzeitiges Klügerwerden irgendwie doch noch verhindern und umkehren, was bereits begonnen hat.

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