»Nie wieder!«, so wurde mir einst in der Schule eingebläut. Also nicht im Wortsinn eingebläut, denn die Prügelstrafe war da bereits seit einigen Wochen abgeschafft, zumindest in den Metropolen.
In der Provinz aber, so höre ich – und das ist kein Scherz, also kein »Scherz« in dem Sinne, dass es in der Sache falsch wäre –, da lebten und lehrten in den Schulen noch Lehrer alter Schule. Und diese kraftvollen Lehrkräfte erzogen noch mit schnalzendem Lineal und erinnerungsförderndem Schlag auf den Hinterkopf.
In der Großstadt aber, da prügeln einen bloß die Mitschüler, immer wieder auch die, über deren Prügel sich zu beschweren heute rassistisch ist. Doch zu meinen Zeiten war auch das nicht ganz so brennpunkthaft.
Nein, in der deutschen Großstadt prügelt man die Schüler nicht am Körper, da prügelt man sie an der Seele, prügelt ihnen ein schlechtes Gewissen ein, auf dass sie gute Menschen seien. Ein schlechtes Gewissen, weil sie deutsche Schüler in Deutschland sind, und dafür, so lernten wir, hatten wir uns zu schämen.
Wir hatten keinen eigentlichen Geschichtsunterricht, keine Sozialkunde, keine Religion – wir hatten Nazis-sind-schlimm-Unterricht. Wer wissen wollte, wer Barbarossa war (ich habe inzwischen nachgeschaut: 1122–1190, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches) oder wer Karl der Große (747–814, Begründer ebenjenes Heiligen Römischen Reiches), der musste das heimlich unter der Schulbank nachlesen. Von der Paulskirche (Ort der ersten deutschen Nationalversammlung von 1848 bis 1849) oder den Weberaufständen (1844, Proteste der schlesischen Weber gegen die Industrialisierung) raunten wir einander nur verhuscht auf dem Schulhof zu.
Wie Suppe vor Stalingrad
Nein, von solchem Fliegenschiss lernten wir nichts, denn außer vielleicht Mathe und Physik war alles andere ja Nazis-sind-schlimm-Unterricht.
Ich höre, dass ich damit noch günstig lag, denn erstens sind heute stellenweise längst auch Mathematik, Physik und so weiter zu Nazis-sind-schlimm-Unterricht mutiert.
Und zweitens meint man heute mit »Nazis« gar nicht mal die NSDAP, sondern die einzige inhaltliche Oppositionspartei in Deutschland und dazu generell jeden politischen Abweichler, der Deutschland bewahren will. Also ist selbst die Geschichte, die man heute im Nazis-sind-schlimm-Unterricht lernt, eher so dünn und wenig nahrhaft wie die Suppe vor Stalingrad (wovon vermutlich heute ebenfalls lieber weniger gelehrt wird, sonst müsste man all den seit neulich kriegsbegeisterten Grünpionieren erklären, dass und warum es eine bewährt schlechte Idee ist, deutsche Panzer gen Osten zu entsenden).
Es scheint unwahrscheinlich
»Nie wieder!«, das aber war der Refrain, der uns mit täglicher seelischer Präventivprügelstrafe eingebläut wurde.
»Nie wieder!« dürfe es dazu kommen – doch sie ließen offen, als sei es ganz selbstverständlich, was dieses »Dazu« nun genau war, welches doch nie wieder passieren darf.
Wenn »Nie wieder!« bedeuten sollte, dass nie wieder jener österreichische Kunstmaler in Deutschland an die Macht kommen darf, dann schiene mir das inzwischen – selbst wenn sich jener Herr nicht selbst gerichtet, sondern mit der Reichsflugscheibe nach Neuschwabenland abgesetzt haben sollte – obsolet. Denn selbst dann hätte der Zahn der Zeit die Knochen jenes Herrn inzwischen zuverlässig blankgenagt. Insofern droht dieses konkrete »Nie wieder!« nicht.
Auch eine bevorstehende Neugründung der NSDAP scheint unwahrscheinlich. Selbst als ihre originalen Mitglieder noch lebten, hätte man sie ja erst aus all den anderen Parteien im Bundestag außer der AfD abziehen müssen, und wer sich als Altnazi etwa durch Mitgründung einer feinen Partei wie »Die Grünen« oder der »Bayernpartei« ein Pöstchen und dazu ein neues Mäntelchen samt Einkommen gesichert hat, der gibt das alles zumeist nie wieder her – seien wir realistisch.
Was also war es genau, über dessen »Nie wieder!« wir wachen sollten? Ich musste es mir selbst zusammenreimen, und ich muss es wieder tun.
Zu kritisieren wagen
»Nie wieder!«. Das könnte bedeuten, dass in Deutschland nie wieder das Leben von Menschen für eine Ideologie geopfert wird.
»Nie wieder!« sollte, finde ich, ganz wesentlich bedeuten, dass in Deutschland nie wieder Menschen bedrängt werden, weil sie anders denken, anders fühlen oder die Regierung zu kritisieren wagen.
Ich bin so alt, »Multimedia in der Schule« bedeutete in meiner Jugend, dass im Nazis-sind-schlimm-Unterricht der Video-Wagen in die Klasse gekarrt wurde und der Lehrer eine VHS-Kassette mit einem Videofilm einlegte. Bisweilen lief dann auf dem Röhrenfernseher ein Film mit Aufnahmen von »damals«.
Jene Aufnahmen waren der Filmchemie ihrer Zeit geschuldet in Schwarzweiß, was den unkonzentrierten Zuschauer zu dem Irrtum verführen konnte, dass es das Schwarzweiße sei, das nie wieder passieren darf. Dies wäre aber nur im metaphorischen Sinne richtig!
Denn erstens waren die Aufmärsche damals tatsächlich durchaus farbenstark (»farbenfroh« fühlt sich als Begriff falsch an; im Nachhinein betrachtet war da wenig Frohes dran, und neben den Erdtönen der Hemden war nur eine Farbe prävalent: Rot).
Und zweitens war das Denken der Menschen damals sehr »schwarzweiß«, also eher so im Sinne von Matthäus 12, Vers 30a: »Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich«.
Besonders dieses Schwarzweiße verstand ich naiver Jüngling als jenes, das »nie wieder« sein sollte. Nie wieder sollte ein Mob tausender aufgepeitschter Deutscher im Namen einer Ideologie aufmarschieren, Abweichler verhöhnen und manisch lachen. Nie wieder sollten Deutsche johlen und feixen auf den Gräbern der Toten, die sie für ihre Ideologie geopfert hatten, die sie noch opfern würden.
Andere auffällige Merkmale
Ich hatte »Nie wieder!« wohl falsch verstanden – oder in Deutschland läuft etwas gerade sehr falsch.
Ich beschreibe Deutschland als einen Propagandastaat, und eine der Eigenschaften, deren jede einzelne einen solchen Begriff stützen würden, ist die Tatsache, dass in Deutschland der »Protest« für die Regierung und gegen die Opposition von der Politik betrieben und mit Steuergeld finanziert wird.
Ein kleines Beispiel solcher offen anti-demokratischer Agitation wäre wohl die Förderung der im Verhalten und anderen Merkmalen auffälligen »Omas gegen Rechts« (siehe @MedienfuzziShow, 26.1.2025).
Diese und andere offen anti-demokratische Gruppen scheinen in der letzten Zeit bald im Wochentakt abkommandiert zu werden, um gegen abweichende Meinungen zu »demonstrieren«. Auch letztes Wochenende wurden in ganz Deutschland diese widerlichen Aufmärsche zigtausender kaltherziger Maschinenrädchen orchestriert.
Leider nicht ungewöhnlich
Der deutsche Staatsfunk berichtet von »Zehntausenden« (tagesschau.de, 25.1.2025), die »gegen Rechtsruck« demonstriert haben sollten – »rechts« ist deutscher Code für Kritik an linksgrüner Ideologie.
An und für sich ist der Aufmarsch von Demokratiefeinden im »Kampf gegen Rechts«, angeführt und aufgeheizt von Ideologen, leider nicht ungewöhnlich in Deutschland.
Diese Woche aber war die Stimmung besonders euphorisch, geradezu manisch.
Wenige Tage zuvor hatte ein Afghane in Aschaffenburg ein 2-jähriges Kind und einen 41-jährigen Mann so brutal wie »zufällig« zu Tode gemessert. (Ich schrieb darüber im Essay »Brandmauertote, die Opfer einer Ideologie«.)
Die Reaktion der moralisch verantwortlichen Ideologen? Gutgelaunte Aufmärsche »gegen Rechts«.
Macht übers Leben
Es sind die sogenannten Rechten, welche diese Art der so sinnlosen wie herzbrechenden Gewalt in Deutschland beenden wollen.
Doch diese Gewalt ist eine direkte Folge linksgrüner Ideologie – und die Linksgrünen scheinen inzwischen so weit zu sein, sich öffentlich an ihrer vermeintlichen Macht über das Leben zu berauschen.
Im vollen Bewusstsein, dass ihre Ideologie wieder Menschenleben gekostet hatte, feierten Grüne nicht nur in aller Öffentlichkeit, sie nahmen dabei auch ans Manische grenzende Fotos von sich selbst auf, sogenannte »Selfies«. Längst frei von jedem Schamgefühl oder Anstand posteten sie ihre Feierbilder im Internet (@fbrantner, 25.1.2025/archiviert).
Der Leichnam des zweijährigen Kindes von Aschaffenburg liegt noch gekühlt »im Kühlraum der Gerichtsmedizin« (@0815Meinung, 25.1.2025), ist noch nicht einmal beerdigt, doch die moralisch dafür Verantwortlichen johlen und lachen und feiern, berauscht von sich selbst.
Diese Leute machen nicht einmal ein Geheimnis darum, für welche Ideologie sie fröhlich feiernd Menschenleben opfern. Sie schreiben: »100.000 Menschen stehen zusammen. #Wirstehenzusammen für eine #Brandmauer«, so postete man.
Damit aber fällt auch jede Entschuldigung und Schuldbefreiung für CDU-Wähler weg: Grüne opfern Menschenleben für dieselbe Ideologie wie Friedrich Merz – für die »Brandmauer«.
Un und Mensch
In unserem Nazis-sind-schlimm-Unterricht lernten wir damals zwei Begriffe, die zunächst sehr ähnlich klingen, aber eine sehr unterschiedliche und praktische gegensätzliche Funktion haben.
Da wäre einmal der Begriff »Untermensch«. Damit sprach man Abweichlern und zu Feinden erklärten Randgruppen ab, überhaupt Menschen zu sein. Man bezeichnete sie als Ratten und Ungeziefer.
Es ist eine Praxis, welche »die Guten« – also jene politische Richtung, die zu »Gegen Rechts«-Demonstrationen aufruft – heute weiter pflegen. Ein »Untermensch« ist »Ratte«, »Bodensatz«, »giftiger Abschaum«, »eitriger Blinddarm« oder schlicht »Müll«. Das ist die Sprache derer, die damals zu Hunderttausenden marschierten – und das ist die Sprache derer, die heute zu immerhin Zigtausenden marschieren und über die Toten lachen und feixen.
Ein ganz anderer Begriff ist dagegen der »Unmensch«. Der »Unmensch«, so wie ich ihn verstehe, ist ein Mensch, der aufgrund von Bosheit oder Gehirnwäsche im Verhalten die Eigenschaften ablegt, die einen Menschen eben menschlich machen, der sich also unmenschlich verhält.
Ein »Unmensch« entscheidet sich, alle Wärme, Empathie und Menschlichkeit abzulegen, und stattdessen über die Toten zu lachen und auf ihren Gräbern zu tanzen, berauscht von sich selbst und seiner Ideologie.
Kein Versprechen, keine Zusage
Wenn du darum bittest, dass man das unnötige Sterben beendet, grölen die neuen Unmenschen dir höhnisch »Wir sind mehr!« ins Gesicht. Wenn du um Empathie für Kinder und die Schwächsten bittest, nennen sie das »Hass und Hetze«, denn für sie sind ihre Worte nicht Bedeutungsträger, sondern nur Waffen gegen jeden, der ihrem Wahn zu widersprechen wagt.
»Nie wieder!«, so bläute man uns ein, doch das »Nie wieder!« marschiert und johlt und feixt über die Toten. Man möchte diesen Menschen ja beinahe einen Hinterkopfschlag alter Schule verpassen, oder zumindest einen Schnalzer mit dem Lineal auf dem Handrücken, damit sie zu Sinnen kommen. Doch die Prügelstrafe ist abgeschafft, und wir sind ja nicht wie deren Schlägerbande, die »Antifa«, die auf Andersdenkende einprügelt.
Ich verstehe inzwischen, dass »Nie wieder!« ein naiver Wunsch war, eine Mahnung und Aufforderung vielleicht, aber kein Versprechen und gewiss keine Zusage.
Andere Dimension, auch tot
Doch, »es« wird immer wieder passieren, und »es« ist, dass eine gehirngewaschene Menge, angeführt von soziopathischen Ideologen, im kollektiven Rausch gegen Abweichler aufmarschiert, um auf den Gräbern der Toten zu herumtrampeln.
Bei all dem aber werden sie sich, immer wieder, moralisch gerechtfertigt und sogar überlegen fühlen.
Nein, exakt das, was damals war, das wird so »nie wieder« passieren, und jenes ist in seiner Dimension einmalig.
Fakt bleibt aber auch, dass jedes einzelne Opfer linksgrüner Ideologie, etwa der zweijährige Junge von Aschaffenburg, genauso viel oder wenig tot ist, wie jedes einzelne der vielen Millionen Opfer von damals ebenfalls endgültig tot ist. Tot ist tot ist tot.
Der Geist des Unmenschen ist wieder da. Wieder opfert er kalt Menschenleben für seine Ideologie. Wieder entledigt sich der Geist des Unmenschen freiwillig seiner Menschlichkeit.
Ein neuer alter Ungeist marschiert durch Deutschlands Straßen, verhöhnt seine Opfer und johlt und feixt – und grinst wie manisch auf Selfies.