Wer nichts als einen Hammer hat, so heißt es, für den ist alles ein Nagel. Wenn man mit diesen notorisch erfolglosen Berliner Politikberatern redet, hat man manchmal den Eindruck, dass ihr sprachlicher Werkzeugkasten genau ein einziges Werkzeug kennt: Framing. Es gibt weit mehr (und mächtigere) sprachliche Werkzeuge, und doch sollten wir erkennen können, wann und wie Framing eingesetzt wird – etwa am Beispiel von Framing-Begriffs »Neid-Debatte«.
Über Rahmen reden
Das englische Verb »to frame« bedeutet auf Deutsch »zu rahmen«. Wer »framet«, der »rahmt« ein Problem nach seinem Gusto und verändert/kontrolliert damit die Debatte über dieses Problem.
Beispiel: Merkel war jahrelang damit erfolgreich, die Debatte von Problemen aus der Perspektive der emotionalen Reaktion ihrer Zuhörer zu betrachten – und diese zum eigentlichen Thema zu machen (Klischee-Merkelsatz: »viele Bürger sind besorgt und ich verstehe das«, siehe auch: »Der »Eindruck« von Recht und Ordnung?!«).
Beim extremen Framing kann einem schon einmal, äh, der Rahmen verrutschen, und man überschreitet die Grenze zur blanken Unwahrheit – siehe etwa die Debatte um den Begriff »Hetzjagd« in Chemnitz.
Wenn Journalisten heute über politische Sprache reden, könnte man den Eindruck gewinnen, dass es nichts als Framing gibt, doch das wäre einerseits falsch, denn Politische Sprache ist inzwischen viel weiter, andererseits ist Framing noch immer ein wichtiger und essentieller Trick politischer Rhetorik – und wir sollten erkennen können, wenn und wie Debatten »geframet« werden!
Es ist selbst eine Art von Framing, politische Sprachtricks auf Framing zu reduzieren: Framing allein bewegt keinen Menschen, einem Politiker zu folgen – es gibt wirkungsvollere Techniken, Gehorsam und Vertrauen auszulösen!
Framing dient nicht so sehr dazu, Macht zu erringen (dafür gibt es wirkungsvollere, weniger indirekte Techniken), als vielmehr dazu, Debatten zu einem Thema in eine bestimmte emotionale Richtung zu steuern – wenn man sich verteidigt, dann in eine weniger gefährliche Richtung, und wenn man angreift, dann in eine für den Gegner gefährliche Richtung.
In politischen Maßnahmen wie dem »Kampf gegen Rechts« oder dem UN-Migrationspakt (der auch de facto die Manipulation der Leitmedien verlangt) müssen wir uns in den nächsten Jahren auf mehr und mehr offene Propaganda einstellen, samt aller Tricks.
Ich will als freier Publizist nicht die Hoffnung aufgeben, dass wir für die Demokratie notwendige Kompetenzen wie das Durchschauen von Propaganda-Tricks am Leben halten können. Solange ein paar Bürger erkennen, wie manipuliert wird, ist meine Hoffnung noch nicht tot, dass die Demokratie wieder ganz demokratisch wird – und deshalb will ich mit Ihnen auch über Framing reden!
Neiddebatte, manchmal »Neid-Debatte«
Wer keine Argumente hat – oder wer die Debatte aggressiv weg von der Sache lenken möchte – der wird versuchen, die Debatte auf eine vermutete (oder schlicht: behauptete) Motivation der Kritiker und Argumentgegner zu lenken – sie also aus Perspektive unterstellter Motivation zu framen.
Ein derzeit immer wieder auftauchendes Framing erleben wir im Begriff Neiddebatte (manchmal: »Neid-Debatte«).
Der Neid gilt als ein niederes Gefühl. »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus«, heißt es in den Zehn Geboten. Der Neid (lateinisch: Invidia) ist die sechste der Todsünden.
Warum man dem Gegenüber vorwirft, »bloß« neidisch zu sein, scheint meist offensichtlich: Es ist eine Spielart des Argumentum ad hominem, denn wer von niederen Beweggründen getrieben ist, dessen Argumente braucht man gar nicht zu diskutieren…
Beispiel Flüchtlingswohnungen
In vielen Ländern des grenzoffenen Westens empfinden die Bürger es als ungerecht, wenn der Staat für Migranten neue Wohnungen baut, während der Bürger zum steuerzahlenden Trottel degradiert wird. Im Internet kursieren Bilder von Neubauten für Flüchtlinge/Migranten und inzwischen sogar die Zahlungs-Bescheide einzelner Familien. Es ist Bürgern nicht zu vermitteln, warum jemand, der nichts für Deutschland geleistet hat, der womöglich »Ungläubige« verachtet und keine berufliche Qualifikation mitbringt, mindestens gefühlt besser gestellt ist, als einer, der den ganzen Tag im Handwerk arbeitet. Man fragt sich: Wofür arbeite ich denn noch?
Bürger, die monatlich für ihre kleine Mietwohnung zahlen, die Jahrzehnte lang malocht und gespart, und am Wochenende selbst angepackt haben, oder die noch auf viele Jahre mit ihrem eigenen Häuschen verschuldet sind, sehen, wie in Deutschland nagelneue Häuser für Einwanderer gebaut werden – und es fühlt sich zutiefst ungerecht an.
Es ist besonders für einen immerzu auf Moral pochenden Staat natürlich unkomfortabel, wenn Bürger sich ungerecht behandelt fühlen – also muss man die Debatte framen. Man deutet das Gefühl von Ungerechtigkeit – also das Streben nach Gerechtigkeit auch in eigener Sache – in das niedere Gefühl Neid um.
Ein Beispiel für diese Technik im Kontext von »Flüchtlingen« und Wohnungsbau:
Diskussionen, warum die Stadt Wohnungen nur für Geflüchtete baut, kennt Nürnberger. „Da gibt es ganz klar eine Neid-Debatte“, sagt er. (nw.de, 8.3.2018, Titel: »In Bielefeld ziehen die ersten Flüchtlinge in neue Häuser«)
Inzwischen werden Ungerechtigkeits-Gefühle der Bevölkerung von vornherein einberechnet – und natürlich herabwertend als »Neiddebatte« geframet:
(…) Zudem müsse aufgepasst werden, dass keine neue Neiddebatte mit Einheimischen Wohnungssuchenden entstehe. (bild.de, 29.4.2017)
Dass die schmerzhafte Ungerechtigkeit ihres Handelns zu »sozialen Spaltungen« führen könnte, scheint der Regierung früh bewusst gewesen zu sein. Bereits 2015 titelte welt.de:
So will die Regierung eine »Neiddebatte« verhindern. (welt.de, 20.9.2015)
Es überrascht wenig, dass auch der evangelische Landesbischof Bedford-Strohm (siehe auch: »Gutmenschen riskieren das Leben anderer Leute«) das Gefühl von Ungerechtigkeit de facto als »Neid« herabwürdigt:
Dass jemand, der jeden Tag kämpfen muss, um mit seinem Geld auszukommen, anfällig für Neidgefühle ist, ist verständlich. (Bedford-Strohm, chrismon.evangelisch.de/neiddebatten, 22.11.2017)
Erstes Fazit: Regierung und regierungsfreundliche Sprecher framen Ungerechtigkeit als »Neiddebatte«. Wenn im Kontext von Flüchtlingen von »Neiddebatte« gesprochen wird, sollte man sich fragen, ob es nicht eigentlich um den grundanständigen Wunsch nach Gerechtigkeit geht.
Beispiel Rolexgate
Vor einigen Tagen stießen Internet-User auf Fotos der schillernden Berliner SPD-Prominenten Sawsan Chebli, auf denen sie sich mit einer teuren Rolex in Szene setzt (siehe z.B. »Der letzte Tag auf dem letzten Jahrmarkt«).
Bald erschienen Texte, welche das »Rolex-Gate« als »Neiddebatte« rahmten (in Bild »Neid-Debatte« geschrieben):
Neid-Debatte um SPD-Politikerin – Dürfen Linke Rolex tragen? (bild.de, 21.10.2018)
Wegen Neid-Debatte um ihre Rolex! Sawsan Chebli deaktiviert Facebook-Account (bild.de, 22.10.2018)
Diskussion um Staatssekretärin – Neid-Debatte um Sawsan Chebli – Dürfen SPD-Politiker Rolex tragen? (bz-berlin.de, 22.10.2018)
Es ging natürlich nicht wirklich um »Neid«. Jede Uhr jenseits von 19€ sendet eine Botschaft – davon lebt ja die Uhrenindustrie! – und eine Rolex sendet die Botschaft: »Fuck you! Ich kann es mir leisten, Geld zu verbrennen.« – Die Debatte um die Chebli-Rolex war in Wahrheit eine Debatte um die empfundene Abgehobenheit, Arroganz und Wählerverachtung gerade von linken Politikern, deren Qualifikation fürs reale Leben außerhalb der Parteien nicht unbedingt ersichtlich ist, die es selbst innerhalb komplett scheiternder Regierungen immer wieder schaffen, an erschreckend gut bezahlte Posten zu kommen.
Natürlich könnte man als Politiker (oder politikfreundlicher Journalist) diskutieren, was es für die Demokratie bedeutet, wenn die politische Klasse zu ihrer eigenen Karrikatur wird – oder man kann den Ärger über an den Tag gelegte Arroganz auch als »Neid-Debatte« framen – das ist einfacher.
Beispiel Merz
Während Merkel wohl mit der Unterwerfung Deutschlands unter den UN-Migrationspakt ihr »Werk« von 2015 abschließend wird, hält die Suche nach der nächsten Merkel eben dieser den Rücken frei.
Aktuell ist Friedrich Merz (siehe auch: »Wofür steht Merz – außer dass er die AfD doof findet?«) der am besten Konnektierte und war von Anfang an so etwas wie ein »Medien-Darling« (das war Martin Schulz allerdings eine Zeit lang auch).
Merz verdient ganz gut Geld:
»Heute verdiene ich rund eine Million Euro« (zeit.de, 18.11.2018, Merz in der BAMS zitierend).
Allerdings: Merz verdient sein Geld nicht direkt als selbstständiger Unternehmer, auch wenn er von Journalisten mit dem Titel »Selfmade Millionair« gebauchpinselt wird. Er verkauft nicht Immobilien oder auch nur seine Marke, wie Trump. Er ist nicht Rockstar und nicht Hollywoodstar. Er verkauft nicht Software, die er selbst geschrieben hätte, und er hat auch keine Firmen (mit-) gegründet wie Elon Musk (jedenfalls sind es nicht solche Firmen, von denen derzeit die Rede ist). Wenn ich es richtig verstehe, ist Merzens Haupt-Qualifikation, gut verbunden zu sein. Merz war Mitglied in einem Bukett von Aufsichtsräten, in manchen Fällen ist er es noch, berühmterweise als Chef im Aufsichtsrat des deutschen Ablegers von BlackRock, aber auch etwa beim Flughafen Köln/Bonn (laut wdr.de, 11.12.2017 und koeln-bonn-airport.de, Stand 19.11.2018). Immer wieder wird gesagt, dass Merz eine »Auszeit von der Politik« genommen habe, aber: Er ist Chef der Atlantik-Brücke (atlantik-bruecke.org, Stand 19.11.2018) und wohl auch Mitglied einiger anderer Gruppen bzw. »Think Tanks«, die sich zur Politik äußern – der Satz »Merz war nicht politisch aktiv« wäre meinem Sprachgefühl nach nur dann im klassischen Sinne vollständig richtig, wenn er sich trennscharf auf gewählte Ämter, Funktionärsposten, Fraktionsvorsitz et cetera bezieht und Tätigkeiten in jenen Gruppen ausklammert.
Es entspräche nicht unbedingt der Lebenserfahrung, dass ein Mensch so viel Geld verdient, ohne Pflichten und Dankbarkeiten zu haben. Die Debatte um Merzens Posten dreht sich um die Frage: Wie realistisch und glaubwürdig ist die Annahme, dass ein Kanzler Merz mit dem Tag seines Amtsantritts auch alle ungeschriebenen Verpflichtungen kappt?
Quer durch die Medienlandschaft wird zu Merz und seinen Jobs nun das Framing-Wort »Neiddebatte« verwendet, etwa wieder bei bild.de, 19.11.2018 – er lanciert das Framingwort sogar selbst, etwa im TV bei Anne Will, siehe welt.de, 19.11.2018.
Es ist eine Legende, dass Wähler ihren Politikern den Wohlstand nicht gönnen (siehe auch: »Für die Mächtigen gilt eine andere Moral«).
Soll Trump doch im Gold-Kitsch leben und soll Merz doch zwei Flugzeuge besitzen – solange sie das Land beschützen, gönne ich diesen Herren alle güldene Toiletten und das dritte Flugzeug dazu. Merz ist allerdings nicht Trump. Während Trump versucht, die Welt vor dem Offene-Grenzen-Wahn zu schützen, wie er auch unter Globalisten gefördert wird, scheint Merz geradezu das comicartige Klischeebild eines Super-Globalisten zu sein – warum er es sein sollte, der die deutschen Grenzen schützt und den von Merkel angerichteten Schaden auch nur ein wenig behebt, das ist noch nicht endgültig ausbuchstabiert.
Es ist geschickt (und ich würde es Merz auch explizit raten), von »Neiddebatte« zu sprechen. Indem er die Debatte aufs »verdiente Geld« framet, vermeidet er die Debatte um seine aktuellen Verpflichtungen.
Schluck für Schluck
Nein, Framing ist nicht die einzige politische Sprachtechnik, sie ist meines Erachtens nicht einmal die wichtigste. Aber wenn es um einzelne Themen (und deren »Abräumen«) geht, ist Framing sehr effektiv. Mit dem richtigen Rahmen wird ein Thema unsichtbar – oder ein eigentlich unsichtbares Thema überlagert alle anderen.
Die deutsche Regierung, propagandistisch aktive NGOs und der deutsche Staatsfunk scheinen kaum noch ein Geheimnis daraus zu machen, dass und wie sie öffentliche Meinung in Richtung eines einheitlichen Narrativs steuern wollen (im UN-Migrationspakt verpflichtet man sich sogar explizit dazu). Wie Jünger einer suizidalen Sekte werden Bürger manipuliert ihren eigenen Schaden zu fordern.
Wie trinkt man einen See aus? Schluck für Schluck. Wie bekämpft man politischen Bullshit? Trick für Trick und Wort für Wort – und heute eben den Framing-Begriff »Neiddebatte«. Framing ist eine wirksame Sprach-Technik (wenn auch nicht die einzige), ein »Hammer« sozusagen, und wir sollten als mündige Bürger erkennen, wenn Politiker und Journalisten den Framing-Hammer herausholen, um uns als Nagel auf den Kopf zu schlagen.
»Framing« bedeutet, einen Sachverhalt aus einer ganz speziellen Perspektive zu betrachten, so dass beim Hörer bestimmte gewollte Emotionen und/oder Assoziationen geweckt werden.
Wenn Sie heute den Framing-Ausdruck »Neid-Debatte« hören oder lesen, können Sie sich stets sagen: Hmm, interessant, dass da »Neid-Debatte« gesagt wird – von welcher eigentlichen Debatte lenkt das ab!
Ich weigere mich, aufzugeben, auch wenn es nicht nur rosig aussieht (um es höflich zu sagen). Ich versuche, uns allen bewusst und präsent zu machen, wie politische Sprachtricks funktionieren.
Um ein bekanntes Sprachbild (das auch Framing ist, klar) zu adaptieren: Wenn ihr schon durch den Kakao gezogen werdet, dann trinkt nicht auch noch davon. Haltet den Kopf hoch, haltet wenigstens den Kopf hoch!