Dushan-Wegner

20.06.2023

Warum, Deutsche, warum?

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten, Bild: KI im Walde
Wenn man ein »Warum« hat, so Nietzsche, erträgt man fast jedes »Wie«. Das Riesenproblem der anständigen Bürger heute ist, dass das »Wie« immer unschöner wird, während das »Warum« zugleich wegbricht.
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Nietzsche sagt: »Hat man sein warum? des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem wie?« (Götzen-Dämmerung: Sprüche und Pfeile, § 12, siehe zeno.org)

Und für Viktor Frankl wurde die kurze Form dieses Satzes zum Leitspruch: »Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie.«

Es ist ein wirklich guter Satz, denn er ist tief und wahr und wichtig – und doch sehr eingängig. Wir können es nachfühlen.

Ein Student erträgt das nächtliche Lernen für die Prüfung, denn sein »Warum« ist es, ein Mensch mit Studienabschluss zu werden.

Unternehmensgründer ertragen die 20-Stunden-Tage, die Angst vor dem Fernbleiben der Kunden oder die Seelenqual, einen Menschen entlassen zu müssen, denn das Unternehmen selbst, der Dienst an den Kunden – und gegebenenfalls die übrigen Angestellten, geben dem Unternehmer ein »Warum«.

Eltern ertragen die Mühen des Elternseins und auch mal die seelenfressende Eintönigkeit ihres Berufs, wenn und weil die Kinder ihnen genug »Warum« sind. (Siehe dazu auch die »Do It For Her«-Szene der Simpsons, via YouTube.)

Doch auch der Bürger braucht ein Warum, das ihn motiviert, all die Mühe auf sich zu nehmen, die man aufwenden muss, um ein guter Bürger zu sein.

Einige Jahrzehnte lang

Ob Monarchie, Theokratie, sogenannter Sozialismus oder sogenannte Demokratie: Jede Staatsform wird dem Bürger via Propaganda einreden, dass sie selbst Teil seines Warum ist. Der Bürger soll die Lasten ertragen – im Neusprech: »tolerieren« – und die Staatsform selbst, also etwa Sozialismus oder Demokratie, soll ihm dafür Grund und Motivation genug sein.

Das funktionierte ja auch einige Jahrzehnte lang, etwa in den sozialen Marktwirtschaften des Westens.

Menschen kamen in den Westen, weil sie aktiver und auch steuerzahlender Teil dieser Gesellschaften werden wollten.

Wirtschaftswundern sei Dank fuhren die Deutschen in Urlaub, nach Italien oder Spanien. Und wenn sie dann nach einem Monat zurückkehrten, sagten sie so etwas wie: »Zu Hause ist es doch am schönsten.«

Heute wird uns genommen und genommen und genommen, und was wir uns dennoch ansparen, wollen uns die Grünen wegnehmen.

Doch fast noch größer ist das Problem, dass »das Warum« verloren geht.

Wochenende im Bunten

Ich kann mich noch erinnern, als das wichtigste deutschlandtypische Ereignis am Wochenende die »Wetten dass?«-Sendung war.

Heute sind es die Clan-Kriege in Nordrhein-Westfalen (focus.de, 17.6.2023). Syrische Fachkräfte gegen libanesische Fachkräfte. Deutsche Polizisten halten ihre Knochen hin, um den Wahnsinn des nationalen Suizidalismus ein wenig zu bremsen.

Dazu kommen die »kleinen« Meldungen. Freibadspaß mit Messer und Tötungsversuch durch Mann mit »südosteuropäischem Aussehen« (focus.de, 19.6.2023). 27-jähriger Iraker nach Messer-Attacke festgenommen (bnn.de, 18.6.2023). Und so weiter.

Aus Frankreich sehen wir via Soziale Medien die Bilder des brutalen Überfalls eines jungen Mannes auf eine 73-Jährige und ihre Enkelin (@MarionMarechal, 20.6.2023) – in deren eigener Haustür, aus der sie sich kaum herauswagen. Der junge Mann schleudert das kleine Mädchen wie einen Gegenstand umher. Kalt und brutal, wie aus einem Horrorfilm.

Das ist das »bunte« Europa, das die EU und ihre betuchten Freunde uns bereiten.

Deren Warum

Die Bürokraten in Berlin und Brüssel und die NGO-Financiers wissen, dass sie bildungsferne Männer im wehrfähigen Alter aus den superharten Krisenzonen Nordafrikas nach Europa holen.

Ich weiß nicht, was das Warum der Migrations- und Schlepperindustrie ist – oder ob die überhaupt eines Warums jenseits von Macht und Geld bedürfen.

Doch mir bereitet heute Sorge, dass immer mehr der Bürger »hier unten« ihr Warum verlieren. 2021 warnte ich noch vor der »Warumkrise« – 2023 stelle ich fest, dass für erschreckend viele Bürger ihr Warum, zumindest in Bezug auf das Land, übers Krisenstadium hinaus ist, nämlich tot.

»Warum soll ich mich krumm machen für dieses Land?«, so fragt sich mancher Bürger. Warum soll ich für ein Land leben und arbeiten, das ich quasi nicht einmal »mein Land« nennen darf?

Ein patriotischer Mitbürger könnte ihm antworten, man müsse Land und Regierung trennen. Doch wenn einem guten Teil der Mitbürger das Gehirn so gründlich gewaschen wurde, dass sie Blut fließen sehen und noch immer die »Toleranz« preisen, wenn man nicht mehr der Neutralität der Gerichte vertraut, wenn Wahlergebnisse kassiert werden, weil sie den höheren Mächten nicht passen, dann erscheint die Trennung von Land und Regierung als abstrakte, realitätsfremde Übung.

Unser Warum

Mancher Mensch kämpft sich heute von Tag zu Tag wie ein Stein, der aus diesem oder jenen Grund immer weiterrollt – bis er irgendwann für immer liegenbleibt.

»Wie geht’s?«, fragt man einander, aus Höflichkeit und Gewohnheit. Und gelegentlich hört man als Antwort: »Muss ja.«

Was aber, wenn jemand fragt: »Warum muss es?!«

Ein funktionierendes Warum erwächst meist aus einer Kombination von Biologie und persönlicher Entscheidung. Es ist uns angeboren, etwa unseren DNA-tragenden Nachwuchs als relevant zu empfinden (manchen Eltern gelingt eine Übertragung auf adoptierten Nachwuchs). Doch wir müssen uns auch dafür entscheiden – jeden Tag neu. Zusammengenommen kann das ein Warum ergeben.

Je nach Lebensalter und Situation können sich natürlich auch andere Inhalte als Warum anbieten. Ein Leben für die Kunst etwa, ein Leben für die Wahrheit, ein Leben für bedürftige Mitmenschen.

Mut zum Warum

Es gruselt mich ehrlich gesagt, wie vielen Mitbürgern das eigene Land oder das eigene Volk – soweit und solange beide überhaupt noch existieren – als Warum wegzufallen scheinen.

Die AfD plakatierte einst »Mut zur Wahrheit«, doch ihre aktuell steigenden Umfragewerte könnten als »Mut zum Warum« gedeutet werden, und mit der Antwort aufs »Warum« ist hier wieder das eigene Land gemeint – gegen die buchstäbliche Sinnlosigkeit deutscher Politik.

Auch wenn Sie sonst nicht besonders »philosophisch« oder gar »spirituell« unterwegs sind, halten Sie doch für eine Sekunde inne und ziehen Sie für einen Augenblick nach, welche »Warums« Sie für sich selbst angeben können.

Warum stehen Sie morgens auf? Warum tun Sie, was Sie tagsüber tun? Welches Warum wird Ihre nächste große Entscheidung motivieren? Und vor allem: Sind Sie zufrieden mit Ihrem Warum?

Ich kann Ihnen nicht helfen, Ihr Wie einfacher zu machen. Ich habe nur diesen einen Rat: Prüfen Sie Ihr Warum!

Weiterschreiben, Wegner!

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