20.10.2023

Weder schreiben noch lesen – das Volk kann’s ja auch nicht

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten, Bild: »Angerichtet is´!«
Habeck-Staatssekretärin sagt offen, dass man als (grüner?) Bundestagsabgeordneter weder lesen noch schreiben können muss – und eben das sei deutsche »Demokratie«. Selten war Politik so ehrlich. Und so furchteinflößend.
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Wer Kinder hat – oder wer selbst einmal ein Kind war – wird sich erinnern, dass dem Kind schon mal ein Nachtisch versprochen wurde, wenn es nur zuvor das »eigentliche« Essen vom Teller in den Magen beförderte.

»Iss auf, dann bekommst du auch deinen Nachtisch«, so hieß es, und es schwang mit: »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.«

Später dann, als wir verantwortungsvolle Erwachsene geworden waren und essen durften, was wir wollten (und was die Partei erlaubte), behielten wir meist die Hauptgang-Nachtisch-Reihenfolge bei. Gelernt ist gelernt.

Bisweilen setzen wir ja eine Vorspeise vors Eigentliche. Ein Salätchen als »Ablass« für das Folgende. Oder zur Anregung des Appetits. (Ich werde nie eine Vorspeise essen können, ohne an jene Anekdote zu denken, die über Pavarotti erzählt wird. Als man dem Gesangsgenie vorab einen Appetitanreger brachte, soll er geschimpft haben: »Wofür bringen Sie mir den vor dem Essen? Den brauche ich, wenn ich satt bin!«)

Und zum Finale, nach Anregern und Hauptgängen, hat der kleine Zuckerschock zu folgen. Oder zumindest etwas Koffein, als Espresso. Man will ja nicht, wie der Löwe in der Savanne, erst mal zwecks Fleischverdauung dösen müssen.

Man mag mich dafür einen Idioten nennen, doch ich fände es schön, wenn auch unsere Texte zumindest als Vorspeise, Hauptgang und Nachtisch zubereitet würden. Es wird nicht die Welt retten, doch es wird hoffentlich eine Zeitlang satt machen. Der Salat ist abgeräumt – der Hauptgang darf kommen. Ist Ihr Magen bereit?

Hauptgang

Im Deutschen Bundestag spielte sich diese Woche ein Theater ab, das selbst für den aktuellen Zustand dieses hohen Hauses als clownesk und absurd auffiel.

Im Protokoll der Sitzung vom 18.10.2023 (PDF via bundestag.de) lesen wir, wie der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner die Staatssekretärin des grünen Ministers für De-Industrialisierung fragte, ob deren Ministerium davon ausgehe, dass Deutschland sich in einer Rezession befinde.

Staatssekretärin Dr. Franziska Brantner fand eine Nischen-Defintion von Rezession, nach der sich Deutschland nicht in einer solchen befindet. Die Staatssekretärin las diese vor. Der Abgeordnete lobte sie für ihre Fähigkeit, vorlesen zu können.

Es entwickelte sich das übliche Geplänkel mit vulgären, unverschämten Grünen. (Zwei Ordnungsrufe für Frau Künast durch Vizepräsident Kubicki.)

Das Gezanke Brantner vs. Brandner gipfelte in einer Verlautbarung, die selbst für Grünen-Verhältnisse erstaunlich formuliert ist.

Ich zitiere Frau Dr. Brantner wörtlich aus dem Protokoll (S. 16251): »Selbst wenn eine deutsche Staatsbürgerin, ein deutscher Staatsbürger des Lesens nicht mächtig sein sollte, hat sie oder er alle Möglichkeiten, auch in diesem Deutschen Bundestag zu sein, weil wir hier eben nicht darauf setzen, dass jemand irgendeine Art von Bildungsabschluss haben muss. Sondern hier ist der Ort der Demokratie, dieser Bundestag repräsentiert die Bevölkerung.«

Ja, das hat sie so gesagt, wörtlich nach Protokoll.

Zu dieser Passage wurden zwei Zwischenrufe notiert.

AfD: »Oah!«

SPD: »So ist es!«

Wir können beiden Zwischenrufen zustimmen. Und ich möchte die Passage inhaltlich nur noch mit dem Bezug auf zwei eigene Essays kommentieren.

Die Grünen sind »eine Partei wie ein Affe mit Maschinengewehr« – und ebenso gefährlich.

»Es gibt kein Recht auf Dummheit«, so postulierte ich 2016, sehr explizit in Bezug auf die Grünen und die Politik. Die grüne Staatssekretärin sieht das, wie sie zu Protokoll gab, offenbar völlig anders.

Die Extrawürze auf diesem Gericht des politischen Irrsinns ist ja die »Logik« der Argumentation: Es sei ausdrücklich zu begrüßen, wenn im Bundestag ungebildete Analphabeten sitzen, denn der Bundestag repräsentiere ja »die Bevölkerung«.

Falls wir uns wirklich noch fragten, welches Bild von den Regierten man bei den Grünen pflegte, jetzt wissen wir es ganz offiziell.

Dessert

Nach derart fettem Hauptgang sollte der Nachtisch eher leicht sein. Luftig und doch lieblich. Gern klassisch – genug der Aufregung! Vielleicht aber frisch, mit ein paar Vitaminchen?

Lassen Sie mich als Süßspeise ein Bonmot des Meisters Goethe auftischen, nämlich: »Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande.« (Maxime aus dem Nachlass)

Irgendwann zwischen 1968 und Merkel hat Deutschland ein paar Knopflöcher verfehlt, und seitdem wird das Zuknöpfen Jahr um Jahr beharrlich falscher, je länger man es zu betreiben versucht. Politik als tödlich-tragische Parodie ihrer selbst.

Und schließlich, als paradoxerweise ernüchternden Absacker, eine weitere Weisheit desselben: »Es ist nichts schrecklicher als eine tätige Unwissenheit.« (aus: »Kunst und Altertum«, Band 5, Heft 3)

Das große Problem an den Grünen ist nicht, dass sie dumm sind, sondern dass sie Dummheit zelebrieren und es ihnen auch noch gelang, ihre Dummheit tätig werden zu lassen.

Verdauung

Hat Meister Goethe also gar die Grünen vorhergesehen? – Jein.

Goethe hat den verheerenden grünen Zeitgeist gesehen, denn das Äquivalent gab es schon damals – das gab es immer schon.

»Was ihr den Geist der Zeiten heißt«, lässt Goethe den Faust sagen, »das ist im Grund der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln. Da ist’s dann wahrlich oft ein Jammer.«

Die stolze Trägheit des Geistes, die in den Grünen ihre politische Vertretung fand, sie existierte immer schon.

Doch dass im Bundestag verkündet wird, ein Politiker müsse weder lesen noch schreiben können, weil das Volk es ja auch nicht kann, das ist neu.

Wir werden daran noch einiges zu verdauen haben!

Was man uns wohl morgen serviert?

Weiterschreiben, Dushan!

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