Wir sind Papst – so titelte 2005 die Bild-Zeitung (siehe Wikipedia) – es war ihre berühmteste Schlagzeile – und mit „wir“ meinten sie wohl Deutschland oder die Deutschen oder vielleicht auch „nur“ ihre Leser (welche im Geist eines zünftigen Bild-Chefs – damals Kai Dieckmann – doch immer identisch mit „die Deutschen“ sein sollten).
Der damals damit gemeinte Papst hieß einst Prof. Dr. Joseph Ratzinger, als Papst dann aber Benedikt XVI., und er trat 2013 vom Papst-Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. (Ich wusste auch nicht, dass ein Rücktritt vom Papst-Amt möglich ist; es ist wohl auch zum ersten Mal seit 1294, dass ein Papst von sich aus sein Amt aufgab. Über den Nachfolger schrieb ich 2019 übrigens, dass es mit ihm keine rein rhetorische Frage mehr ist, ob der Papst katholisch ist.)
Während der Mensch, der einst Prof. Dr. Ratzinger hieß, mit wechselnden Rollen und Namen ja doch dieselbe Person bleibt, so bin ich mir nicht sicher, ob das „Wir“ von „Wir sind Papst“ heute noch dasselbe ist – oder ob es überhaupt damals, 2005, noch wirklich dasselbe „Wir“ war wie etwa 1995 oder 1985.
Oder, etwas hochgestochen, aber dafür präzise gefragt: Wie „permanent“ sind wir?
Sogar denen peinlich
Auch wenn wir es im Alltag eher selten in Worte fassen, so wissen wir ja in etwa, was die Permanenz eines Staates ausmacht. Da wäre etwa die Souveränität bezüglich des geltenden Rechts. Da wäre die Hoheit über das eigene Staatsgebiet. Oder da wäre etwa das Recht, über sein eigenes Geld selbst zu verfügen.
Nun, angesichts solcher Fragen könnte ein Zyniker tatsächlich in Frage stellen wollen, ob Deutschland überhaupt noch existiert.
Das Auspressen der deutschen Bürger durch die EU ist inzwischen so übel geworden, dass die EU gar nicht mehr öffentlich sagen will, wie viel deutsches Vermögen „legal“ Deutschland entzogen und umverteilt wird. Deutschland zahlt so viel nach Brüssel, dass es sogar den schamlosen Bürokraten peinlich ist!
Deutschland und Brüssel wollen es wohl ähnlich geheim halten wie Frau von der Leyens SMS-Nachrichten mit dem Pfizer-Boss (stern.de, 29.12.2022).
Die Summe muss also geschätzt werden – und da die Briten sich aus der EU-Zahlknechtschaft verabschiedet haben, wird es so viel Geld sein wie nie zuvor (siehe welt.de, 29.12.2022).
Das offene Portemonnaie
Okay, (noch) wichtiger als die Permanenz eines Staates ist wohl die Permanenz eines Kollektivs, welches ja eher als ein Staatsgebilde vom „Wir“ reden kann.
Was bewahrt ein Kollektiv über die Zeit hinweg? Die gemeinsame Weltdeutung und damit verwobene Riten, wie sie etwa eine Religion bilden? Sind es gemeinsame Ziele, wie etwa schlicht das Überleben als ebendieses Kollektiv? Ist es die gemeinsame Abstammung? Ist es die gemeinsame Sprache, der gemeinsame Geschichtenvorrat, oder ähnliche Relevanzen, und damit Moral?
Nun, ich habe mit diesen Fragen eine Reihe von Völkern beschrieben, etwa Juden, aber auch Polen oder Ungarn, und wohl auch die Tschechen (wenn auch besonders Letztere heute eher ohne den religiösen Aspekt operieren, außer natürlich, dass sie auf ihre diesbezügliche Geschichte zurückblicken).
Jedoch, was macht die Permanenz der Deutschen aus?
Welche gemeinsame Ideologie teilen die Deutschen denn? Der „woke“ Wahnsinn auf dem geistigen Niveau alternativ begabter Grundschüler, wie Journalisten ihn in Mainstream-Medien predigen, will ja aggressiv die deutsche Identität zerstören, nicht bewahren.
Die gemeinsame Abstammung darf nicht mehr unsere Identität und damit Permanenz als Kollektiv bestimmen. Der gemeinsame Geschichtenvorrat hilft, so er denn noch gelehrt wird. Die eigene Sprache hilft auch, wenn denn die neueren Generationen sie noch wirklich jenseits der simplen Alltagssprache erlernen.
Wirklich zuverlässig permanent ist an uns als Deutschen doch, dass unsere Heimat sich – vermutlich „wegen der Geschichte“ – dazu verpflichtet sieht, der größte Nettozahler der EU zu sein – und das offene Portemonnaie der Welt sowieso.
Für die Zukunft klüger
Jedoch, wir sind nicht „nur“ Nettobeitragszahler, sprich die Zahltrottel der EU.
Wir sind Heilige – bitte lassen Sie mich erklären!
Wir könnten einen „Heiligen“ als jemanden beschreiben, der von höheren Mächten dazu bestimmt ist, sich selbst zu opfern, um Anderen zu dienen, stets in der mindestens unausgesprochenen Hoffnung, der Welt als Vorbild zu dienen.
Schauen wir aber einmal, wer es ist, für den Deutschland sich aufopfert! Der größte Nettoempfänger der EU ist Polen, danach kommen Griechenland und Ungarn.
Sicher, die lupenreinen Demokraten von Brüssel und Berlin drohen schon mal den Polen und den Ungarn, dass man das EU-Geld entziehen wird, wenn der Osten etwa in Sachen Migrationspolitik nicht dem westlichen Irrsinn folgt – doch noch ist da nicht allzu viel passiert.
Mit anderen Worten: Einige der von Deutschland finanzierten Länder stellen sich tatsächlich für die Zukunft klüger auf als Deutschland.
Wie Johannes der Täufer den Weg bereitete, für den, der nach ihm kam, oder wie Benedikt XVI. sich zurückzog, um den Stuhl Petri für einen Gesünderen freizumachen, so finanziert Deutschland ärmere, aber klügere Länder, in denen Familien noch Familien sein dürfen, ohne dort dafür von der Propaganda als rückständig fertiggemacht zu werden.
Eine andere Schlagzeile
Ich werde mit Essays wie diesen nicht die deutsche Politik zur Vernunft oder Brüssel zur Beschränkung bürokratischer Macht motivieren. Die wissen, dass Sie und ich es als „böse“ betrachten mögen, was die tun – und es kümmert sie wenig.
Ich kann uns aber eine neue Geisteshaltung anbieten, eine neue Deutung derselben Fakten!
Wir sind nicht mehr Papst, wir sind definitiv nicht Fußball-Weltmeister und wir rutschen dazu aus mancher internationaler ökonomischer Bestenliste heraus (etwa bei der Liste der 100 wertvollsten Unternehmen, siehe Essay vom 29.12.2022).
Doch wir sind Heilige! Wir opfern uns für Länder, in denen noch Werte gelebt werden, die in Deutschland zu leben verpönt wird.
Immerhin!
Eine Heiligsprechung ist zumindest in der katholischen Kirche ein langwieriges Verfahren, das erst nach dem Tod der Person abgehalten werden kann, und das letzte Wort hat dann der diensthabende Papst. Zumindest nach meiner Privattheologie ändert die Heiligsprechung ja nichts an Handlungen und Glaubensleben jener Person – womit sie ja bereits zu Lebzeiten „heilig“ gewesen wäre. Kann aber ein ganzes Land heiliggesprochen werden, und wenn ja, was hätten wir davon?
Wir lesen aktuell leider, dass Papst Benedikt XVI. ernsthaft krank ist (siehe etwa bild.de, 30.12.2022), und wir wünschen schnelle und vollständige Genesung.
Uns aber, den einfachen Einzelnen wünsche ich die seelische Kraft und auch Stabilität, dass wir uns trotz des drohenden Verschwindens des „Wir“ nicht verloren fühlen.
Sind „wir“ in erster Linie die zahlenden Trottel der EU? Vielleicht – eine solche Aussage wäre wohl eine persönliche Meinung, eine Bewertung.
Eine andere mögliche Bewertung und damit auch eine andere Schlagzeile könnte lauten: Wir sind Heilige.