Dushan-Wegner

10.09.2023

Herr Scholz meint es diesmal ernst

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild: »Sicher ist sicher (vor Beschwerden)«
Herr Scholz will einen »Deutschland-Pakt« auflegen (schwieriger Name, aus Gründen). Jetzt soll alles besser werden. Argh – immer der kleine Fehler! Deutschland versucht, an einem anderen Zielpunkt anzukommen, aber ohne die Denkrichtung zu ändern.
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Nehmen wir an, Sie sind sich mit den Kollegen und Ihrem Chef darüber einig, dass es mit Ihrer Firma so nicht vorangeht!

Die Kunden springen ab, die Spezialisten heuern bei der Konkurrenz an, die Maschinen sind veraltet und der Filterkaffee schmeckt bitter.

»Chef, das geht so nicht weiter«, sagen Sie. Und der Chef sagt: »Ja, Angestellter, man müsste etwas tun. Und, noch besser: Ich werde selbst etwas tun!«

Sie wissen: Der große Chef ist dieser Tage etwas abgelenkt. Man hört schlimme Begriffe wie »großer Steuerbetrug« und »ein Normalbürger käme dafür vor Gericht«. Umso ehrenwerter, dass der Chef sich vornimmt, »etwas dran zu tun«.

Der Chef hält eine Rede. Eine Rede zu halten bedeutet, dass er »etwas tut«.

Der Chef spricht zur Belegschaft – genauer: zu dem Teil der Arbeiter, der gerade nicht arbeiten muss und doch für seine Anwesenheit bezahlt wird. (Es sind erstaunlich viele.)

»Es muss ein Ruck durch unsere Firma gehen«, so proklamiert der Chef, »wir brauchen einen Unsere-Firma-Pakt!«

Die Vorgänge in der Firma sollen weniger bürokratisch werden, so kündigt der Chef an. – Applaus!

Die Mitarbeiter sollen sich wohler fühlen, sollen für Erfolge belohnt werden! – Wieder Applaus, wenn auch etwas verhaltener. Zu viele Fragen: Und was ist mit den Erfolgen der Vergangenheit? Wohl mit dem Lohn abgegolten. Na gut. Vor allem aber: Welche Erfolge?

Der Chef spricht weiter: Wer sein Gehalt ohne Rechtfertigung bezieht, soll entlassen werden. – Nur zögerlicher Pflichtapplaus einiger weniger. Nicht wenige im Publikum schauen sich nervös um.

Doch der große Chef ist in Fahrt. Seine Stimme bebt, als er verspricht: »Und wer in dieser Firma auch nur in die Nähe der Korruption gerät, wird nicht nur fristlos entlassen, der wird auch den Behörden gemeldet! Dies ist eine saubere Firma, ein Vorbild an ehrlichem Kaufmannswesen!«

Im Publikum herrscht kurze Stille, dann bricht Gelächter aus. Hahaha, schön, dass der Chef noch Humor hat.

Wenn der große Chef wirklich alle latent korrupten Mitarbeiter entlassen würde, müsste er ja seine halbe Familie von den wohlversorgten Sinnlosjobs entfernen.

Die Frage bezüglich dieser Ankündigungen war, wie er sich dann noch bei einem seiner privaten Treffen im Freundes- und Familienkreis zeigen könnte.

Und dann stellt sich natürlich die entscheidende Superfrage bezüglich der übrigen Ankündigungen zu Effizienz, Vernunft und der Neu-Ausrichtung zum Wohl des Unternehmens, und diese lautete: Wenn der Chef doch wusste, was zum Wohl des Unternehmens getan werden musste, und wenn er es auch zu tun vermochte … warum hatte er es bislang nicht getan?

Diese Frage, im Ernst und mit kühlem Kopf untersucht, verspricht wichtige Antworten. Wir wollen gleich hier darüber nachdenken, doch lassen Sie mich zwischendurch eine vollständig zufällige aktuelle Meldung zitieren.

Wie Raubritter

In Berlin steht ein Haus, da treffen sich von Konzernen und Milliardären gesponserte Wichtigleute, um zu verkünden, wie sie das Volk als Nächstes ausnehmen werden. Und dann lassen sie sich dort von Hunderten (merkwürdigerweise meist nicht anwesenden) ebenfalls gutbezahlten Abnickern den jeweils neuesten Raubzug am Bürger genehmigen.

Weil es viele Bürger sehr wütend macht, was für Dinge in diesem Haus beschlossen werden, baut man sich einen Burggraben um dieses Haus, wie früher um die Burgen der Raubritter. (Der Fachbegriff für die Art von Burgen, von denen aus Plünderungen und Raubzüge unternommen wurden, ist übrigens »Raubhäuser«, siehe Wikipedia.)

In diesem Haus also sprach letzte Woche ein gewisser Herr, der für seine Erinnerungslücken zum größten Steuerbetrug der deutschen Geschichte bekannt ist. Der Herr erschien nicht im Kostüm eines Raubritters, sondern in der Optik eines Kinderbuch-Piraten, mit Augenklappe überm Auge.

Und dieser Herr erklärte, der Niedergang Deutschlands gehe »nicht so weiter«, und nun gelte es, das Land »wirtschaftlich wieder auf Kurs zu bringen« (n-tv.de, 6.9.2023).

Die Talking-Points-Entwickler jenes Herrn haben ihm den Begriff »Deutschland-Pakt« dafür herausgesucht. Zuvor wurde genau dieser Begriff von den tatsächlich rechtsextremen Parteien NPD und DVU benutzt (siehe Wikipedia). Entweder es ist zynische Absicht, oder die Wortentwickler sind waschechte Sozen und haben, frei nach Alfred Tetzlaff, sehr viel »Pech beim Denken«

Es soll der Kritik durch die (tatsächliche) Opposition etwas entgegensetzen. (Während man Merkels Zerstörungswerk fortsetzt und sogar beschleunigt, wirft man der Opposition vor, ein »Abbruchkommando« zu sein. Eine weitere Übung in der unter Sozialisten beliebten Taktik: »Wirf dem anderen vor …«)

Die Geldgießkanne

In einem Akt orwellscher Gegenteilsprache wendet sich ausgerechnet er, noch dazu mit Leuten wie Faeser und Habeck im Kabinett, an die »demokratische« Opposition, womit er die umbenannte Mauermörder-Partei und Merkels Resterampe meint, die ja heute von BlackRock-Merz angeführt wird. Er will demonstrativ jene ausschließen, die sich die freche Forderung erlauben, die Regierung sollte dem Land nutzen, statt den Wohlstand an ausländische »Heuschrecken« (Zitat Müntefering/SPD) zu verscherbeln.

Bauanträge sollen bis Ende des Jahres überall in Deutschland digital eingereicht werden können. (Zugleich beschließt man – gegen Vernunft und Amtseid –, Hauseigentum noch teurer zu machen.)

Kanzler Erinnerungslücke verspricht, wo er überall die große Geldgießkanne hinhalten möchte. Etwa 110  Milliarden Euro für den »Klimaschutz und die Modernisierung Deutschlands«. »Klimaschutz« klingt aber längst wie ein Code für »mit Klimalügen begründet Geld leihen und an internationale Akteure weiterleiten«. Öffentliche Schulden – private Profite.

Investitionen von Unternehmen heißen jetzt »Zukunftsinvestitionen«, und es soll großzügigere Abschreibungsregeln dafür geben. (Ist die Bedienung von Schulden dann eine »Vergangenheitsinvestition«?)

Herr Erinnerungslücke predigt: »Nur gemeinsam werden wir den Mehltau aus Bürokratismus, Risikoscheue und Verzagtheit abschütteln, der sich über Jahre hinweg auf unser Land gelegt hat.« (Schon Merkel ge- und missbrauchte die Worte »gemeinsam« und »Gemeinschaft« regelmäßig, wie ich im Essay vom 5.6.2018 ausführte. Es ist in etwa so ein »gemeinsames« Handeln, wie das Schlachten des Schafes ein »gemeinsamer« Akt von Schlächter und Schaf ist.)

Die Gottlosen

Als Zuhörer stellt man sich die Frage: Wenn die Notwendigkeit all dieser Maßnahmen bekannt ist und auch die Möglichkeit ihrer Umsetzung besteht, warum sind sie nicht längst umgesetzt?

Hatte man womöglich ganz andere Prioritäten als solche »rechtsextreme« Forderungen gemäß Amtseid? (Übrigens: Im Kabinett des Herrn Erinnerungslücke verzichteten neben ihm selbst so viele weitere Minister wie noch nie auf den Gottesbezug im Amtseid. Wie wohl auch an ihrem Handeln abzulesen, sind in diesem Sinne sämtliche Grünen-Minister »gottlos«, siehe welt.de, 8.12.2021.)

Was also soll jetzt im »Deutschland-Pakt« plötzlich möglich sein und umgesetzt werden, das bislang nicht möglich war und umgesetzt wurde?

Viel Pech beim Denken

Wenn man hört, dass es »ab jetzt anders« werden soll, dann ruft man aus: »Und warum habt ihr das alles nicht längst getan?!«

Zunächst ist diese Frage eine emotionale Reaktion, ein Ausdruck von Frustration und Unglauben. Doch lassen Sie uns versuchen, ganz sachlich zu antworten!

Wenn die aktuellen Zustände nicht an bislang mangelndem Willen oder mangelnden Möglichkeiten liegen – woran dann?

Ich fürchte, es liegt an unserem Denken.

Ganz Deutschlandt wirkt heute wie ein Sozi: Wir sind nicht grundsätzlich dumm, wir haben nur sehr viel Pech beim Denken.

Und ein monströser, riesenhafter Propaganda-Apparat will dafür sorgen, dass es auch so bleibt.

Wenn Kanzler Erinnerungslücke in Deutschland wirklich etwas zum Besseren ändern wollte, müsste er ARD und ZDF auflösen oder zumindest auf ein Hundertstel ihrer Größe zurechtstutzen. Er müsste die Verflechtung von Politik und Presse kappen. Er müsste es verbieten, dass Politiker willige NGOs finanzieren, mit deren Hilfe sie vorbei an den noch vorhandenen demokratischen Kontrollen Politik und Propaganda machen oder sogar ihre privaten Gerichtsverfahren gegen allzu freche Bürger auf Kosten des Steuerzahlers führen.

Und wenn Herr Erinnerungslücke es wirklich, wirklich ernst meinte, den »Mehltau« aus Deutschland zu vertreiben, müsste er die Medienbeteiligungen des SPD-Konzerns loswerden und dann, als Geste zur Förderung der Glaubwürdigkeit, das Geld an verfolgte Andersdenkende spenden.

Der Schiff-Ruck

Ich weiß, die alte Beraterweisheit ist etwas abgegriffen, wonach du Probleme nicht mit derselben Denkweise lösen kannst, durch welche sie entstanden sind – doch sie enthält eine immer noch relevante und brandaktuelle Wahrheit!

Wenn der Kapitän sieht, wie sich das Schiff den Klippen nähert, hat er die Möglichkeit, seine Augenklappe zurechtzurücken und eine große Rede zu halten, wie wichtig es doch wäre, nicht die Klippen zu rammen – es brauche einen »Schiff-Ruck«.

Oder er könnte die Richtung wechseln, falls dafür noch genug Zeit bleibt.

Wenn die Passagiere und unteren Chargen der Mannschaft aber ahnen, dass der Kapitän im Widerspruch zu seiner großen Rede weiter auf die Klippen zuhält, dann sollten sie sich dringend ihre nächsten Schritte überlegen.

Was erscheint erfolgversprechender: Das Denken auf dem Schiff zu verändern, den Kapitän gegen einen anderen auszutauschen, oder womöglich, das Schiff zu wechseln?

Erst dann Sinn

»So geht es nicht voran«, sagt der Chef. Wir sollten zurückfragen: »Heißt das, du willst die Richtung ändern? Willst du gar eine Richtung probieren, die bislang als böse galt?«

Ich weiß, dass in Deutschland so manche selbstverständliche Wahrheit infrage gestellt wird. Schulden sind Sondervermögen, Männer sind Frauen, demokratischer Widerspruch ist undemokratisch.

Doch Wahrheiten bleiben wahr, auch wenn Regierung und Propaganda noch so laut das Gegenteil behaupten.

Also bleibt eben auch wahr, ob du ein räuberischer Pirat oder ein ehrlicher Seemann bist: Um den Ort zu verändern, an dem das Schiff ankommen wird, musst du die Richtung wechseln, in welche das Schiff fährt.

Und Geschwindigkeit, wie sie nun allenthalben gefordert wird, ergibt erst dann Sinn, wenn die Richtung stimmt!

Weiterschreiben, Wegner!

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