Dushan-Wegner

20.04.2021

Baerbock, Laschet, weiter Merkel – oder ein Wunder?

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Foto von Idella Maeland
Der nächste Kanzler heißt also Baerbock, Laschet – oder (direkt/indirekt?) weiterhin Merkel. Sagen wir es geradeheraus: Wenn nicht bald ein Wunder geschieht, könnte man dem Land der Deutschen raten wollen, seine letzten Dinge zu ordnen.
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Die CDU hat nun ganz offiziell den spaßigen Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten bestimmt (welt.de, 20.4.2021). Und auch Merkels Herzenspartei, die Grünen, haben diese Woche einen Kanzlerkandidaten aufgestellt, nämlich die kluge Frau Baerbock (siehe etwa welt.de, 19.4.2021). Die SPD hat diesmal Olaf Scholz bestimmt, um aufzusagen: »Das ist eine bittere Niederlage für die Sozialdemokratie. Wir haben dem Wähler nicht unsere Ziele vermitteln können.« (spiegel.de, 1.3.2021).

In aktuellen Umfragen (via wahlrecht.de, Stand 20.4.2021) liegt die CDU bei etwa 28 Prozent, die Grünen bei tendenziell über 20 Prozent, und die SPD tendenziell darunter.

Um zu verstehen, was die Ereignisse wirklich bedeuten, könnte es sehr erhellend sein, die sich ergebenden Möglichkeiten mit kühler Schärfe durchzugehen, eine nach der anderen.

Finger auf der Waage

Wenn ich Vorhersagen zu künftigen Ereignissen höre (oder gar selbst zu treffen wage), dann frage ich mich immer auch, welche Prämissen von einer Vorhersage impliziert werden. Ich frage: Welche unausgesprochenen Fakten müssen der Fall sein, damit diese Vorhersage eintrifft?

Wie wahrscheinlich ein konkretes Ergebnis eines Vorgangs ist, wird von der Wahrscheinlichkeit der Voraussetzungen dieses Ergebnisses bestimmt. Das klingt geradezu banal, ich weiß, doch unser Wunschdenken legt zu oft einen Finger auf die Waagschale in Richtung der Ereignisse, die wir sehen möchten – und manchmal lässt die Hoffnung von Ergebnissen ausgehen, deren Wahrscheinlichkeit bei Null liegt (wie so ziemlich alle linksgrünen/merkelschen Großprojekte).

Einfach so Machtlosigkeit?

Zunächst das Grundsätzliche: Alle Spekulationen über den »nächsten« Kanzler implizieren, dass Angela Merkel ihre über die Jahre gewachsene und dank Corona geradezu explodierte Macht plötzlich und einfach so aufzugeben bereit ist. Ich halte es nach aller Lebenserfahrung für unplausibel, dass sie sich einfach so in die Machtlosigkeit zurückzieht – es ist ein Mensch, der als Fixstern seines Lebens (als »relevante Struktur«) nichts als die Macht kennt, nicht das Volk, nicht die Menschen, nicht seine eigene Familie, es ist ein Mensch, der für seinen Machtrausch zynisch ein starkes Land zum Sanierungsfall macht und für Ihre Ziele den Tod von Menschen in Kauf nimmt. Sollte sie nicht ernsthaft erkrankt sein, dann ist es doch gut denkbar, dass sie Kanzlerin zu bleiben beschließt (siehe auch »Kanzlerin, so lange sie will« (3.4.2020)) – oder dass sie sich tatsächlich in höhere Sphären erheben lässt. (Hält Frau von der Leyen ihr nur den Sitz warm? Wäre Brüssel vielleicht sogar zu klein gedacht? Zu nah?)

Eine weitere, vielleicht nicht nur in Filmen theoretische Prämisse: Der ehemalige US-Präsident Barack Hussein Obama philosophierte bekanntlich (siehe etwa Essay vom 14.12.2020), wie es wäre, wenn er einen Präsidenten im Weißen Haus fernsteuern könnte. Manche denken hier etwa an das Interregnum des Dmitry Medvedev zwischen Putins erster Herrschaftszeit von 2000 bis 2008, und der zweiten, seit 2012 und wohl noch lange. Wie frei wird ein Kanzler von Merkels Gnaden wirklich sein können?

Alle Debatten über »frische Gesichter« im Kanzleramt setzen zur Prämisse, dass Merkel das Amt tatsächlich abgibt – und dass sie nicht von woanders aus einfach weiter die Strippen zieht (was erklären könnte, warum sie den wenig charismatischen, aber merkeltreuen Laschet durchsetzt).

Alle möglichen Ergebnisse

Gehen wir jedoch, der Erkenntnis halber, einmal von der Prämisse aus, dass die Macht übers Kanzleramt tatsächlich abgegeben wird: Alle Debatten über Kanzlerkandidaten setzen, um interessant zu sein, noch eine Reihe weiterer Prämissen voraus.

Eine fürs Interessantsein dieser Debatte notwendige Prämisse muss als gegeben setzen, dass der Bundeskanzler tatsächlich durch seine Persönlichkeit einen Einfluss auf die Geschicke der Bundesrepublik hat.

Neben der Manchurian-Candidate-These, wonach der nächste Kanzler in etwa so frei in seinem Handeln wäre wie zuletzt die CDU-Chefs unter Merkel es waren, ließen sich ja weitere Konstellationen denken, wonach es eigentlich egal wäre, wer Kanzler wird.

Von 2010 bis 2011 war Belgien ohne Regierung (siehe etwa handelsblatt.com, 10.12.2011), 541 Tage lang. Diese längste Zeit ohne Regierung war nicht nur ein Weltrekord innerhalb der zivilisierten Welt, sie zeigte auch eine andere Wahrheit auf: Es sind die Behörden und Beamten, welche einen Staat organisiert halten, nicht die Politiker; wenn also der Bundeskanzler tatsächlich machtlos wäre, würde man es nicht zwingend (sofort) merken – es könnten auch ganz andere Mächte herrschen.

Aber gut, wir alle haben erlebt, wie das Kanzleramt aktiv und nachhaltig schädigend auf das Land einwirken kann, also gehen wir hier von der Prämisse aus, dass der Bundeskanzler einen echten Einfluss auf das Schicksal des Landes und seiner Bürger hat – und betrachten wir nun schließlich die aktuell möglichen und in Sichtweite befindlichen Ergebnisse!

… oder ein Wunder

Liebes Deutschland, das sind aktuell unsere Denkmöglichkeiten, das Kanzleramt betreffend:

  1. Merkel bleibt direkt an der Macht.
  2. Merkel bleibt indirekt quasi-an-der-Macht.
  3. Das Kanzleramt hat in Wahrheit keine wirkliche Macht.
  4. Laschet oder Baerbock werden Kanzler (nicht Scholz: SPD ist zum Verlieren-und-sich-dann-doch-an-die-Macht-mogeln da) – und haben dann gestaltenden Einfluss auf unser Schicksal.
  5. Ein Wunder passiert (und mit »Wunder« meinen wir ein sehr nützliches Ereignis mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit, etwa: Staatsfunk und Rest der Propaganda-Maschine werden eingestellt, die Bürger wachen wie aus einem Koma auf und besinnen sich auf ihre Interessen und echte Werte).

(Schreiben Sie mir gern, wenn ich eine realistische Option übersehen habe!)

Das Vielleicht kalkulieren

Wenn Merkel direkt oder indirekt an der Macht bleibt, dann ist Deutschland unrettbar verloren – schon jetzt ist fraglich, ob überhaupt ein möglicher Weg zurück aus der merkelschen Zerstörung existiert.

Wenn das Kanzleramt in Wahrheit überhaupt keine Macht besitzt (oder wenn Merkel dessen Macht bricht, bevor sie abtritt, oder diese Macht nach Brüssel oder anderswohin abgegeben wird), auch dann wäre das Schicksal Deutschlands endgültig besiegelt.

Wenn einer der aktuell nicht-vollständig-unwahrscheinlichen Kandidaten tatsächlich Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird, sei es Armin »Klausurprofi« Laschet oder Annalena »Kobold« Baerbock, auch dann wird es in Deutschland »spaßig« – natürlich wenn man davon ausgeht, dass das Kanzleramt etwas zu sagen hat. (Baerbock hat bereits eine »einladende Einwanderungspolitik« angekündigt; welt.de, 20.4.2021 – die »Journalisten« applaudierten, und Erdogan hat dem »Türken-Armin« (fr.de, 1.2.2021) ja schon im Februar dieses Jahres gratuliert, als Laschet zum CDU-Vorsitzenden unter Merkel ernannt wurde.) 

Und schließlich darf es stets die Hoffnung auf ein Wunder geben – was aber soll das für ein Wunder sein? – Leonard Cohen, den ich zu Beginn des Warteraum 254 zitiere, rät uns, dass wir uns dumm stellen sollen, indem wir sagen, dass wir auf ein Wunder warten. – Nein, dieses Wunder zumindest ist wohl keines, auf das man warten kann (oder sollte). Reale Wunder haben die Eigenschaft, viel heimliche Arbeit vorauszusetzen. Damit der Wundertäter über den See laufen kann, muss jemand nachts wachbleiben und die Steine ins Wasser legen. Vielleicht arbeitet ja jemand am Wunder, ohne dass wir es sehen, doch welchen Wahrscheinlichkeitswert soll dieses »Vielleicht« tragen?

Die Dinge ordnen

Wenn Deutschland ein Patient wäre, dann würde ein Arzt unserem Land heute womöglich raten, die Angelegenheiten in Ordnung zu bringen und sich ansonsten zu verabschieden. (Ein Patient, der sein bevorstehendes Ende nicht wahrhaben möchte, hinterlässt womöglich ein lästiges Durcheinander, was nicht schön für sein Andenken ist.)

Deutschland ist aber kein Patient! Deutschland ist, entgegen aller linksgrünen und globalistischen Propaganda, noch immer die Heimat der Deutschen. (Zugleich ist schon jetzt, auch dank zahlreicher deutscher Bürger und Enklaven im Ausland, das Deutsche als Idee, Kultur und Denktradition weltweit zu finden, was vielen von uns, auch mir, etwas Trost spendet.)

Nein, Deutschland ist kein Patient, und doch wäre es eine gute Idee, wenn ein jeder Bürger zumindest die Ordnung seiner Kreise sicher stellt.

Liebe Bürger, hofft aufs Wunder! Arbeitet auch gern am Wunder! Jedoch, bedenkt genau, welche relevanten Strukturen es sind, die zu bewahren eure erste Aufgabe ist. Bedenkt genau, wofür euer Gewissen euch dereinst zuerst zur Rechenschaft ziehen wird.

Weiterschreiben, Wegner!

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