Dushan-Wegner

08.01.2023

Was wäre, wenn?

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild: DW via Stable Diffusion
Ein 32-Jähriger wurde verhaftet, aufgrund des Verdachts, einen Anschlag mit Cyanid und Rizin geplant zu haben. Was wäre, wenn es stimmt, und er nicht erwischt worden wäre? – Überhaupt eine spannende Frage: »Was wäre, wenn?«
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Was wäre, wenn Sie damals jene Entscheidung getroffen oder nicht getroffen hätten? (Genau die, an welche Sie gerade dachten.)

Wie hätte sich Ihr Leben entwickelt, wenn Sie damals jene Aktie gekauft hätten, wenn Sie jenen anderen Beruf anders gewählt hätten, wenn Sie an entscheidender Stelle mutiger oder eben weniger leichtsinnig gewesen, und so weiter?

»Es gibt kein Leben im Konjunktiv«, so ermahne ich mich, wenn solche Fragen hochkriechen. (Ich habe es sogar aufs T-Shirt geschrieben.)

Die Entscheidungen, die wir nicht trafen, betreffen uns nicht mehr, und doch lassen Sie uns noch Jahrzehnte später des Nachts wachliegen, grübelnd: Was wäre, wenn?

Und: Was wäre, wenn die Nachrichten andere wären?

Vorbei und wieder da?

Corona ist doch – seien wir stets realistisch – so ziemlich vorbei. Sogar in China öffnen sie die Grenzen wieder für Touristen, obgleich wohl Chinas Covid-Zahlen steigen (siehe theguardian.com, 8.1.2023). Zugleich schaltet man, ähnlich wie in letzter Zeit im Westen, Kritiker der chinesischen Covid-Maßnahmen in den Sozialen Medien ab (aljazeera.com, 7.1.2023),

Aber dass die Corona-Panik in Deutschland de facto vorbei ist, trotz stellenweiser Maskenübungen, erkennen wir auch daran, dass ein gewisser Typ von Nachrichtenmeldungen wieder auftaucht, nämlich: Einige Islamisten scheinen die Freiheit und Sicherheit, die wir Ihnen geben, so sehr zu hassen, dass sie uns dafür töten wollen.

Ein 32-jähriger Iraner wurde in Castrop-Rauxel festgenommen (siehe welt.de, 7.1.2023). Er werde verdächtigt, sich Cyanid und Rizin beschafft zu haben, so lesen wir heute. Man könnte also mutmaßen, dass er sich für die Gastfreundschaft und Toleranz der Deutschen bedanken wollte, indem er die Ungläubigen von ihrem Leben als Ungläubige befreit.

Ja, es ist wahrlich ein Zeichen dafür, dass die Corona-Panik  vorbei ist – die letzte Meldung zu mutmaßlichen islamistischen Anschlagsplänen mit dem Giftstoff Rizin hörten wir 2018 aus Köln (siehe Wikipedia). Damals waren die Verdächtigen ein Tunesier namens Sief Allah H. und seine konvertierte Frau Gemahlin. Der damalige 29-Jährige, der 2016 nach Deutschland gekommen war, wurde laut krone.at, 15.6.2016 verdächtigt, das Gift für über 1000 Giftdosen von Sozialleistungen bezahlt zu haben.

Gute Angst vor der bösen

Auf eine zynische Weise könnten wir uns ja freuen, dass Deutschland und Europa wieder zum »alten Normal« zurückkehren: Nun bedroht uns wieder der gute alte Islamisten-Terror. (Und nicht mehr ein Virus aus China, das wir nicht »China-Virus« nennen sollen, was aber nur unsere eigene moralische Initiative ist, und keinesfalls der Einfluss der Kommunistischen Partei Chinas auf westliche Propaganda-Verantwortliche.)

Sicher, da sind noch die alten Abgründe, welche die Corona-Panik in Mitmenschen und Politik aufdeckte. (Siehe dazu etwa den Essay vom 11.11.2022: »Gott vergibt – ich nehme zur Kenntnis«)

Ein Islamist wollte uns also, so der Verdacht, fies vergiften. Daraus aber hat sich eine noch größere Angst zu ergeben, nämlich die Angst vor der Angst vorm Islam. Ein sarkastisch aufgelegter Zyniker könnte scherzen wollen: »Das Einzige, das der Propagandastaat mehr fürchtet als giftmischende Islamisten, ist das Phantom ‚Islamophobie‘.«

Deshalb dürfen wir dankbar sein, dass die EU mit viel Geld sehr wertvolle Programme gegen Islamophobie fördert! Diese werden übrigens zum Teil betrieben von einer Organisation, die laut deutschen Behörden dem Islamismus nahestehen könnte (so welt.de, 9.1.2023), die (laut kuwa.net) im Jahr 2014 von den Vereinigten Arabischen Emiraten als Terror-Organisation eingestuft wurde, und so weiter.

Das berühmteste Zitat des Gründers der von der EU geförderten Kämpfer gegen die Islamophobie lautet übrigens: »Wie die Türken haben wir Deutschen in der Geschichte schon oft für eine gute Sache gekämpft, obwohl ich zugeben muss, dass meine Großväter bei unserem gemeinsamen Hauptfeind nicht ganz gründlich waren.« (zitiert nach welt.de, 9.1.2023) – Später nahm er den Satz zurück, bat um Entschuldigung. Kann ja jedem mal passieren, dass er am Holocaust zuerst die mangelnde Gründlichkeit kritisiert – so sind sie wohl, die Leute, welche via Brüssel von deutschen Steuern finanziert werden.

Wettbewerb, aber mit wem

Ja, ich wünsche mir eine kluge Kleinstaaterei. Ich halte Zentralismus für wahres Teufelszeug, das zu menschlichem Leid und geistigem Stillstand führt. Ich schrieb etwa 2018 darüber, im Essay »Der Sirenengesang des Zentralismus«. Ich notierte es kürzlich wieder, im Essay vom 5.1.2023, der »Nein, es wird nicht – außer …« hieß.

Ich setze meine Hoffnung auf den klugen, freundschaftlichen und doch selbstbewussten Wettbewerb der Staaten und der politischen Systeme. Polen und Deutschland könnten etwa verschiedene Philosophien zur Einwanderung ausprobieren, und dann nach zehn Jahren die Ergebnisse etwa bei den Themen »innere Sicherheit« oder »sozialer Frieden« vergleichen.

Jedoch, wenn zwei Staaten – oder mehr als zehn – sich zusammenschließen, um kleineren Nachbarstaaten den Zentralismus aufzuzwingen, müssen die Kleinen schon sehr schlau vorgehen, um nicht verschlungen zu werden und als eigenständige politische Philosophien zu verschwinden.

Ich glaube heute allerdings, dass der Wettbewerb politischer Systeme zwar logisch unausweichlich ist – aber nicht zwingend innerhalb dieser Realität passieren wird.

Ebenfalls nicht.

»Was wäre wenn?«, so fragen wir uns nicht nur in persönlichen Angelegenheiten, sondern auch in politischer Sache.

Einige Philosophen – etwa David Lewis – haben für die Frage »Was wäre, wenn?« eine charmante Antwort gefunden, nämlich: »Es ist, was möglich ist!«

Die Rede ist hier von der philosophischen Theorie der »möglichen Welten«, und als dessen konsequentester Stufe dem »modalen Realismus« (siehe Wikipedia) – »modaler Realismus« bedeutet in etwa schlicht: »Was möglich ist, das ist auch.«

Wann immer sich verschiedene Möglichkeiten präsentieren, existiert auch eine Welt, in welcher jede der Möglichkeiten der Fall ist.

Die bessere Entscheidung, die Sie reich gemacht hätte? Es existiert eine Welt, in welcher Sie genau das taten und heute angenehm wohlhabend sind. Die schlechte Nachricht ist: Sie sind gerade nicht in dieser. (Und wenn doch, darf ich Ihnen zwischendurch meinen Leserbeitrag-Shop nahelegen?)

Die gute Nachricht ist: Es existieren auch Welten, in denen Sie derart dumme Entscheidungen trafen, dass Sie Ihr Leben vor diesem Zeitpunkt beendeten – und in jenen unschönen Welten befinden Sie sich ganz offensichtlich, da Sie diesen Text lesen, ebenfalls nicht!

Thank you

Ich glaube noch immer – und mehr denn je – an den Wettbewerb politischer Systeme, doch ich glaube nicht, dass die besseren Systeme unbedingt in dieser Welt ausprobiert werden.

Es existiert eine Realität, in welcher die Staaten Europas frei und unabhängig bleiben – und die EU gar nicht erst so mächtig, übergriffig und »abgedreht« ist, waschechten Islamisten nahestehende Organisationen zu fördern.

Was wäre, wenn wir klug genug wären, das Gute an unserer Kultur präventiv zu verteidigen, das so mühsam und teuer Erlangte nicht leichtfertig zu verscherbeln?

Und auch: Was wäre, wenn dieser oder jener mutmaßliche Gift-Islamist nicht rechtzeitig erwischt worden wäre? Uff!

Ich bin froh, dass wir in jener Realität leben, in welcher mutmaßliche Giftmischer rechtzeitig erwischt werden können. (Der Hinweis kam übrigens von einem ausländischen Geheimdienst. Ich weiß nicht, von welchem, sage deshalb einfach mal ins Rot-Weiß-Blaue hinein: Thank you.)

Außer in Gedanken

Es existiert eine Realität, eine mögliche Welt, in welcher unsere Zukunft strahlend ist, der Mensch zur Vernunft findet, und wir als Menschengemeinschaft durch Vernunft und Weisheit das wahre Glück und den erst inneren und damit auch äußeren Frieden.

Ach, mein Gehirn grübelt, was wäre, wenn der Fall wäre, was nicht der Fall ist, und die Philosophie tröstet mich, dass es in einer parallelen, mir außer in Gedanken vollständig verschlossen Welt der Fall ist.

»Was wäre, wenn?« – Dieses Grübeln kann ja durchaus zielführend sein: Indem wir die Ereignisse und möglichen Konsequenzen anderer »möglichen Welten« erörtern, können wir bessere Entscheidungen in dieser Welt treffen. Das aber setzt voraus, dass wir die »möglichen Welten« auch wirklich ehrlich beschreiben – und dann den Mut und die Kraft aufbringen, der besten Vernunft zu folgen!

Welche der möglichen

Ich wäre ja schon froh, wenn ich die Antwort wüsste auf die Frage: »Was wird in dieser Welt der Fall sein?«

Dies ist nicht die beste aller möglichen Welten – aber von allen möglichen Welten ist es die unsere. Welche der möglichen Welten diese Welt aber morgen sein wird, das liegt an uns, an unseren Entscheidungen, am freien Willen.

(Bitte achten Sie an dieser Stelle nicht auf philosophische Störenfriede, die Ihnen erklären, dass der Ausdruck »freier Wille« bei näherer Betrachtung herzlich wenig Sinn ergibt. Glauben wir einfach, dass es ihn gibt. Lasst uns den freien Willen praktizieren, ob es ihn gibt oder nicht – auf dass dies zumindest die beste der uns möglichen Welten werde!)

Weiterschreiben, Wegner!

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