Dushan-Wegner

22.01.2024

Ist das noch alles »demokratisch«?

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten
Simple wie knallharte Frage: Ist ein Staat dadurch »demokratisch«, dass demokratische Regeln eingehalten werden – oder schon dadurch, dass Politiker sich »demokratisch« nennen, wie undemokratisch sie auch handeln?
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Erleben wir in Deutschland (wieder) das Ende der Demokratie? Sind die Massen-Propagandakundgebungen ein Echo von Aufmärschen früherer Zeiten? Ist der Wille, die Opposition zu verbieten, de facto auch die Absicht, freie Wahlen in Deutschland zu beenden?

Wenn ich diese Fragen stelle, werdet ihr vermuten, dass ich mit »Ja« antworten will. Ich bin keiner von diesen bezahlten Lügnern mit Presseausweis, die regierungskritische und akute Fragen nur stellen, um anschließend zu beschwichtigen.

Doch weil ich kein »Journalist« bin und also nicht Propaganda treibe, lasst mich euch meine Argumentation vorlegen.

Freunde, es wird jetzt kurz ein wenig theoretisch und auf den ersten Blick banal. Doch ich lege hier Werkzeug bereit. Glaubt mir, dass das super wichtig ist, sonst würde ich nicht meine und eure Zeit dafür aufwenden. Ich versuche, es kurz und kurzweilig zu machen, in zwei knappen Szenen.

Szene Nummer 1: Ein Spaziergänger sieht ein Tier, das am Rand des Parksees entlang watschelt. Das Tier hat einen Schnabel und quakt in einer Weise, die dem Spaziergänger bekannt ist. Seine Federn (also die des Tieres, nicht die des Spaziergängers) sind grün, blau und braun gefärbt. Das Tier watschelt auf kurzen Beinen in Richtung Wasser, wo es dann zu schwimmen beginnt. Das Tier gleitet über die Oberfläche und taucht immer wieder nach Essbarem.

Dieser Spaziergänger aber ist privat ein Philosoph, und er sagt sich: Dieses Tier sieht aus wie eine Ente, es watschelt wie eine Ente und es quakt wie Ente. Es ist vernünftig, davon auszugehen, dass dies eine Ente ist.

Und zwar ist es eine echte, eine tatsächliche Ente. Der Spaziergänger hat nämlich daheim eine Bade-Ente, und auch die kann, wie richtige Enten, auf dem Wasser schwimmen.

Szene Nummer 2: Auf dem Heimweg vom Parksee, unterwegs von den lebendigen Enten zu seiner Gummi-Bade-Ente, vertieft im inneren Dialog über die notwendigen und akzidentiellen Eigenschaften des Entenbegriffs, ist dieser Spaziergänger unachtsam und wird von einem Automobil umgefahren.

Der Kopf des Privatphilosophen wird heftig gestoßen, und sein Gehirn ist ganz durcheinander.

Der Verunfallte muss nun leider seine Sprache neu lernen. Noch wabern Fragmente von Sinn und Bedeutung in seinem Verstand herum, doch die Hälfte der Verbindungen von Wortlaut, Begriff und Eigenschaften fehlt – und er irrt häufig darin, welche Verbindungen es sind, die fehlen.

Ein lieber Mensch nimmt sich seiner an und klebt Zettel auf alle Dinge im Haus des Entenfreundes.

Leider gerät dabei etwas durcheinander, und so landet der Zettel mit der Aufschrift »Ente« auf einer Suppenkelle. Aber sonst stimmt vieles, wahrscheinlich das meiste.

Der Philosoph schlurft also einsam durch seine ihm halb-fremde Wohnung. Er lernt diesen und jenen Begriff neu. Und da fällt sein Auge auf die Suppenkelle mit der Aufschrift »Ente«.

Wehmütig greift er nach dem Ding und sagt: »Ach, meine Enten! Manch schönen Moment habe ich mit euch im Park verbracht. So majestätisch gleitet ihr übers Wasser. Komm Ente, ich will dich schwimmen lassen.«

Er geht ins Bad, lässt Wasser in die Wanne laufen und setzt die Kelle auf das Wasser. Er sagt zur Kelle: »Schwimm eine Runde, meine Ente!«

Doch die Kelle geht unter. Eine Kelle ist nun mal keine Ente.

Der Philosoph mit dem Durcheinander im Kopf ist traurig. Seine Ente ist tot.

Er lässt die ersoffene Ente erst mal im Bad zurück und schlurft in die Küche, um sich ein Abendessen zuzubereiten.

Leider verursacht er an diesem Abend eine riesige Sauerei beim Versuch, sich Suppe aus dem Topf in den Teller zu befördern – und zwar mithilfe seiner Bade-Ente.

So weit die beiden Szenen. Ich hoffe, sie waren heiter genug.

Ich habe diese Szenen für euch erfunden, um eine wichtige Frage zu bebildern, nämlich: Was sorgt dafür, dass ein Ding (oder ein Phänomen) unter einen bestimmten Begriff fällt?

Typische Enten-Eigenschaften

Wird ein Ding zu einer Ente schon allein dadurch, dass jemand – warum auch immer – das Etikett »Ente« draufklebt?

Oder wird etwas zu einer Ente, indem es die Eigenschaften erfüllt, die wir traditionell und allgemein dem Begriff »Ente« zuordnen?

Und wenn ein beliebiges Ding zu einer ›Ente‹ erklärt wird: Erhält es dadurch schon die typischen Enten-Eigenschaften?

»Natürlich nicht«, sagt und denkt ihr jetzt, »das bloße Bezeichnen als ›Ente‹ macht ein Ding noch nicht zu einer Ente und verleiht ihm auch keineswegs deren natürliche Eigenschaften. Eine Ente muss typische Enten-Eigenschaften besitzen, damit sie eben eine Ente und nicht etwa eine Suppenkelle ist.«

So weit, so selbstverständlich, oder?

Theoretisch ja – praktisch weniger.

Es wäre naheliegend, sich hier an die Debatte erinnert zu fühlen, ob ein Mann, der sich begrifflich zur Frau erklärt und ein Kleid anzieht, dadurch auch eine Frau »ist«. Doch jene Debatte ist nur ein Symptom für ein größeres Phänomen – nämlich die propagandistische Verschiebung, Auflösung und Umkehrung von Begriffen.

Politik à la Suppenkelle

Wir erleben heute in Deutschland, dass die Politik und die Journaille sich auf eine Weise verhalten, die nach traditioneller Bedeutung des Begriffs ausreichen, die Politik und ihre Aktionen demokratiefeindlich und totalitär zu nennen.

Die Regierung beziehungsweise von der Politik abhängige »NGOs« rufen zu Propaganda-Aufmärschen gegen die Opposition auf.

Auf diesen Demonstrationen begnügt man sich nicht nur damit, die Opposition zu verbieten, in mindestens einem Fall wird dazu aufgerufen, Oppositionelle zu töten (@Eckleben, 21. Januar 2024). Die Polizei des Propagandastaates sieht dabei zu, erst mal ohne einzuschreiten.

Statt sich von den demokratiefeindlichen Aufmärschen zu distanzieren, werden diese von der Regierung explizit gelobt.

»Kanzler Erinnerungslücke« und einige Politiker der Regierungsparteien marschierten ja selbst zuvor bei mindestens einer dieser antidemokratischen Kundgebungen mit (dw.com, 14.1.2024).

Heute gilt ja: »Krieg ist Frieden, Unwissenheit ist Stärke und Faschismus ist Antifa(-schismus)«.

Der Aufruf der Antifa-Schlägerbande, Oppositionelle zu töten, dient der Weitung des Overton-Fensters, also des Sag- und Denkbaren.

»Seid froh!«

Im Video und Essay vom 17.1.2024 erklärte ich das Problem mit dem Begriff der »Goldenen Mitte«. Wenn hier der militante Arm der »Guten« zum Mord an der Opposition aufruft, dann wäre tatsächlich ein »bloßes« Verbot der Opposition eine »goldene Mitte«.

Wenn die deutsche Regierung die Demokratie und freie Wahlen beendet, indem sie die Opposition verbietet, kann sie nun sagen: »Hey, seid froh, dass wir euch nicht töten ließen, wie die Antifa es forderte.«

Die Propagandakundgebungen und der geduldete Mordaufruf durch die Antifa-Schlägerbanden sind wahrlich nicht die einzigen antidemokratischen Phänomene in Deutschland.

Deutschland weist mit 49,5 % eine extrem hohe Staatsquote auf (Staatsquote ist das Verhältnis der Staatsausgaben zum Bruttosozialprodukt – China hat übrigens nur 33,4 %, so Wikipedia). Entsprechend hoch ist die Zahl der deutschen Vereine, staatseigenen Betriebe und damit Arbeitnehmer, die direkt von der Politik abhängig sind und jede politische Forderung bejubeln werden, wenn und weil sie nicht ihre Existenz verlieren wollen.

Doch das genügt den Funktionären des Propagandastaates nicht. Immer wieder und immer lauter fordern Politiker auch von privaten Unternehmen, dass diese sich öffentlich gegen die Opposition stellen (siehe aktuell apollo-news.net, 21.1.2024). Ein Zweck neben anderen ist natürlich, via Arbeitgeber auch deren Arbeitnehmer zur nächsten Kundgebung gegen die Opposition treiben zu können.

Theater für das Volk

Simple Fragen: Sind all dies Verhaltensweisen, die man traditionell als Eigenschaft einer echten, diese Bezeichnung verdienenden Demokratie verorten würde?

Würden wir es »demokratisch« nennen, wenn das Gleiche woanders passierte?

Ein besonders markantes Kennzeichen totalitärer Undemokratien ist die Allgegenwart der Lüge in einer den Bürger in sämtlichen Lebensbereichen erfassenden Propaganda. Der Staatsfunk interviewt inzwischen ungeniert und regelmäßig Politiker, Aktivisten und sogar die eigenen Leute auf der Straße als »zufällige Passanten« und damit als »Stimme des Volkes« (man verfolge dazu zum Beispiel auf X/Twitter den @Oerrblog).

Ein milliardenschwerer Propaganda-Apparat, der praktisch täglich Politiker und die eigenen Leute als »normales Volk« ausgibt – das ist definitiv kein Phänomen, das man als Eigenschaft einer funktionierenden Demokratie beschreiben würde.

In den Abend-Talkshows des Staatsfunks werden derweil täglich Tribunale gegen Abweichler abgehalten – der Einfachheit halber verzichtet man am liebsten gleich ganz auf die Anwesenheit eines Abweichlers (siehe auch Essay vom 19.1.2024).

Spätestens aber, wenn eine der Regierung nahestehende »Journalistin« im TV-Tribunal (natürlich in Abwesenheit des Angeklagten) fordern kann, soziale Medien härter zu kontrollieren und falsche Meinungen mit häuslichen Razzien zu strafen (@tombassman, 22.1.2024), ist das nicht »nur« der übliche »linke Drall« des Staatsfunks. Das bringt alles mit, was es braucht, um totalitär und antidemokratisch genannt zu werden.

… und was nicht?

Die Frage ist hier: Was ist eine Ente, was ist eine Demokratie – und was nicht?

Wird ein Staat schon allein dadurch zur Demokratie, dass er sich das Etikett »Demokratie« aufklebt, während er offen antidemokratisch handelt?

Das ist die Frage und das Denkwerkzeug, die ich uns mitgeben will: Wer ist ein Demokrat? Der, der sich selbst so nennt, während er die Demokratie kaputtmacht? Oder doch eher der, der sich wie ein Demokrat verhält, der mit Mut und Wahrheit um das bessere Argument ringt und demokratisch für die Zukunft von Land und Volk kämpft?

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