Dushan-Wegner

29.11.2023

Der Fall Ofarim, Kapitel 3: Die beste Variante

von Dushan Wegner, Lesezeit 3 Minuten, Bild: »Wohin?!!!«
Der institutionelle Antisemitismus-Begriff wurde entleert. Mal fake, mal sinnlos, immer Kampfvokabel. Der »normale« Bürger sollte sich weiter vor Antisemitismus hüten – aus gutem Grund! –, doch dabei zuerst dem eigenen Verstand und Gewissen folgen.
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Dieser Essay ist der dritte Teil einer Trilogie über den Fall Ofarim. Sie können auch den ersten Teil und den zweiten Teil vorab lesen!

Der Begriff »Antisemitismus« wurde in Deutschland mit jeder Instrumentalisierung als politisches Kampfwort weiter entleert und seiner Kraft beraubt. Spätestens als Kritik an etwa einem Bill Gates für »antisemitisch« erklärt wurde, als sei Gates ein »Jude ehrenhalber« und dazu jede Kritik am Handeln eines Juden generell antisemitisch, wurde klar, dass der Begriff nur noch wenig von seiner ursprünglichen Bedeutung trägt.

Ich bleibe im Übrigen bei meiner Einschätzung, die ich etwa auch im Essay »Nichts an Greta war unvorhersehbar« festhielt: »Es wäre aber selbst dann wichtig, Antisemitismus zu verstehen, wenn es keinen einzigen Juden gäbe!«

(Ich deute echten Antisemitismus als umgeleiteten Selbsthass, der von jüdischer Denktradition getriggert wird. Für Näheres verweise ich weiterhin auf meinen Essay »Antisemitismus« vom 15.12.2016.)

Weder die deutsche Gesellschaft noch die darin immer größer werdende Gruppe der AfD-Wähler entsprechen dem Bild, das Schuster oder Ofarim von ihnen zeichnen.

Wiederholen und aktiv fördern

Ich empfehle ja bekanntlich generell das Loslassen so mancher Dinge und Denkweisen. Mit Schuster und Ofarim wird klar, dass wir auch den institutionellen Antisemitismus-Begriff werden loslassen müssen – schlicht, weil er inhaltsleer wurde.

Ja, es gibt Antisemitismus, doch seine wahren Träger und Ausmaße werden noch immer nur zähneknirschend und leugnend genannt. (Nebenbei: Hat schon jemand den Unterschied zwischen »Islamist« und »Muslim« derart formuliert, dass der muslimische Mainstream zustimmt? Ich weiß es nicht. Man sollte es weiter beobachten.)

Aus unserer Geschichte haben wir gelernt, bestimmte Denkweisen und Handlungen schon im Ansatz zu meiden – und wir sind dadurch die ideellen und praktischen Gegner der selbsterklärten »Guten«, welche die Symbole und Worte jener Zeit bekämpfen, aber die Denkschwächen wiederholen und aktiv fördern.

Die beste Variante

»Mia san mia«, sagen die Bayern, auf Deutsch: »Wir sind wir«. Ach, würden die Bayern dies nur wirklich konsequent durchziehen – und es klingt mir wie eine Frage – Wer genau seid ihr nun? – und wie ein Auftrag zugleich.

Es galt einst als Menschenrecht und Grundlage des Rechtsstaats, als »unschuldig bis zum Beweis des Gegenteils« zu gelten, ob als Hotelangestellter oder Mitte der Gesellschaft. Ja, Deutschland trägt Verantwortung, aber nichts rechtfertigt es, dauerhaft und regelmäßig durch Fake-Vorwürfe für schuldig erklärt zu werden, ob nach Vogelschlag oder Davidstern-Fake-News.

Nein, wir als Gesellschaft und auch die AfD-Wähler unter uns sind nicht das, als was Funktionäre uns bezeichnen, wenn sie sich bei Politik und Presse »auskotzen«.

Ja, es gilt, den Antisemitismus zu bekämpfen, auch in uns selbst – und dies gälte auch dann, wenn es keinen einzigen Juden gäbe. Echtes antisemitisches Denken und Fühlen ist zuverlässig ein Hinweis auf nochmal andere Zerrissenheiten. Doch wir müssen diesen Kampf nach unseren eigenen Werten und unserem eigenen Verständnis führen. Und dieser Kampf gegen Antisemitismus ist der aller anständigen Menschen – frei nach Paulus –, ob Jude oder Grieche, ob Sklave oder Freier, ob Mann oder Frau.

Den Institutionen glauben wir nicht, der Presse glauben wir noch weniger. Auch weiter bleibt es unsere Pflicht, uns nicht von Begriffen und Anwürfen kirre machen zu lassen.

Mehr denn je gilt, dass wir zuerst und zuletzt unserem Gewissen und dem gesunden Menschenverstand gegenüber verantwortlich sind.

Wir wollen zuerst Menschen sein. Aufgrund unserer Geschichte und gewachsenen Identität sind wir Deutsche. Als Deutsche ist es unser Auftrag, des Deutschseins beste Variante zu sein.

Weiterschreiben, Wegner!

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