Dushan-Wegner

11.09.2023

Die Zerrissenen

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten, swings2
In Berlin soll ein weiteres Asylbewerberheim eingerichtet werden. Diesmal allerdings gegenüber einer »queeren« Disko. Uff! – Was sollen die »Guten« tun? Wie heftig werden sie die Realität leugnen?
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Dieser Essay ist Teil eines Triptychons, die anderen beiden Texte sind »Die Gruppen« und »Die Gartenbesitzer«.

Wir lesen eine aktuelle Meldung zur Unterbringung junger Männer im wehrfähigen Alter aus rustikal muslimisch geprägten Kulturen.

Und es geht um Berliner Linke, die sich nicht einig sind, ob sie diese jungen Männer nun da haben wollen oder nicht.

Fast ein Déjà-vu. Hatten wir so etwas nicht schon einmal?

Es geht um Friedrichshain-Kreuzberg.

Dort ist ein weiteres neues Asylbewerberheim geplant, denn die bisherigen Heime sind größtenteils voll. Und das neue Heim soll in der Nähe eines »queeren« Lokals gebaut werden.

Die Betreiberin dieses Lokals ist in Panik, denn sie sieht die Sicherheit ihrer Gäste in Gefahr. Das schreibt sie in einem offenen Brief an Berlins Bürgermeister (bild.de, 26.8.2023).

650 Asylbewerber sollen nahe der Warschauer Brücke unterkommen, in einem schönen ehemaligen Hostel (siehe bz-berlin.de, 25.8.2023 für Foto).

Die Queer-Laden-Betreiberin schreibt, mit diesem neuen Heim würde »Erscheinungsbild und Zusammenleben« im Kiez verändert und für Familien entstünde ein »Angstraum«.

Die Zahl der Straftaten gegen Schwule ist in Berlin zuletzt gestiegen. Und viele der Straftäter gehören nicht zu den mythischen »Rechten«, sondern sind »junge Männer« mit muslimischem Hintergrund.

Der »Nazi auf Schwulenjagd« ist vor allem eine Angstfigur der Propaganda und ihrer Abendfilme im Staatsfunk – es sind nicht »Rechte«, die es gefährlich machen, als erkennbar Schwuler oder Jude durch die »toleranten« Teile Berlins zu spazieren.

Die Besorgte heißt Carla Pahlau, und sie eröffnete ihren Queer-Laden noch zu DDR-Zeiten.

Wie aber reagiert die Berliner Politik auf die Mahnung aus der »queeren« Szene?

Man flüchtet sich in Märchen und Traumtänzerei – dit is Berlin.

Die Berliner »queerpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion« erklärt: »Wenn die Geflüchteten etwa durch Sozialarbeiter*innen auf ihren neuen Sozialraum vorbereitet werden, entsteht auch kein erhöhtes Konfliktpotenzial« (queer.de, 28.8.2023).

Der Vize-Bürgermeister aus der umbenannten Mauermörder-Partei salbaderte, dass niemand ohne Grund fliehe und die bereits länger im Kiez Lebenden und die neu Ankommenden sich »aneinander gewöhnen müssen«. (ebenda)

Nicht in unserem Hinterhof!

Der Konflikt erinnert an jenen Fall aus dem Jahr 2018, den ich im Essay »Aus Gutmenschen, die es selbst betrifft, werden schnell Bösmenschen« beschrieb.

Damals ging es um eine linke Künstler-Initiative in Friedrichshain-Kreuzberg (dürfte und könnte eine nicht-linke Initiative dort existieren?!), auf deren Areal die Stadt einige »junge Männer« unterbringen wollte, sprich: die »Refugees« aus dem verlogenen Gutmenschen-Slogan »Refugees Welcome«.

Plötzlich fanden die linken Moralisten tausend Gründe, warum sie im Prinzip für Migranten und Toleranz und so weiter sind – aber doch bitte nicht in ihrem buchstäblichen Hinterhof!

Die Fälle unterscheiden sich mindestens darin, dass heute, fünf Jahre später, die Propaganda-Maschine geölter läuft.

Zum Gegenangriff

Während die Politik im Jahr 2018 noch recht ratlos agierte, geht man heute sofort zum Gegenangriff über. Über soziale Medien werden Vorwürfe mit Schlagworten wie »Rechtspopulismus« lanciert. Man macht der »Störerin« de facto klar, dass sie nichts zu sagen hat, und dass der erste Zweck deutscher Politik die Um- und Ansiedlung afrikanischer junger Männer ist, nicht der Schutz von ein paar schwulen Deutschen.

Carla Pahlau will sich aber nicht »in die rechte Ecke« drängen lassen, denn sie habe »nichts gegen Migranten«.

Man wirft ihr vor, ihre Bedenken würden den »falschen« Kreisen argumentatives Futter geben. Natürlich antworten wir hier mit einem Zitat aus dem Essay vom 9.5.2023: »Wenn das Aussprechen der Wahrheit den ›Falschen‹ nutzt, dann stimmt etwas mit den Richtigen nicht«.

Die Dame hat nichts gegen Migranten, will aber keine bei sich gegenüber einquartieren lassen. Denn die Gefahr für ihre Gäste sei real.

Es ist ein interessanter Seiltanz, den die Betreiberin da vollführen muss. Einst war ihr Lokal die einzige Schwulendisko in der DDR. Heute werden ihre Gäste vom Staat instrumentalisiert und auf ein Podest gehoben, zugleich aber realer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt.

Carla Pahlau sagt, sie fürchte, ihren Laden aus Angst um die Sicherheit der Kundschaft schließen zu müssen.

Mein Feuer für das zweifellos berechtigte Anliegen der Dame würde heißer brennen, wenn sie ihre Sorgen um die Folgen der massenhaften Einwanderung junger Männer geäußert hätte, bevor es ihr ans eigene Portemonnaie zu gehen drohte.

Aber dann hätte sie ja erst recht als »Rechtsextreme« gegolten.

Ich nenne Menschen in einer solchen Lage die »Zerrissenen«. Der Trieb zur ökonomischen Selbsterhaltung zwingt sie, zumindest äußerlich linke Lebenslügen zu unterstützen. Gleichzeitig bedrohen die praktischen Folgen einiger dieser linken Lebenslügen ihre Existenz – und womöglich die Unversehrtheit ihrer Kunden.

Der Unterschied

Daraus aber ergibt sich logisch die Bestätigung jenes wesentlichen Unterschieds zwischen Linken und sogenannten Rechten, den ich schon 2017 im Text »Eine Brücke über den großen Graben« beschrieb: Sowohl Linke als auch »Rechte« stören sich an den Folgen unbegrenzter Migration; einen Linken stören sie aber erst, wenn sie ihn selbst betreffen, den Rechten stören sie schon zuvor, wenn sie den biblischen »Nächsten« betreffen könnten.

Der Linke will sich in verlogener Moral wohlfühlen, solange die Folgen ihn nicht selbst betreffen; der »Rechte« übt gleich zwei Praktiken, die dem Linken beide wesensfremd sind: Menschenverstand und Empathie.

Weiterschreiben, Wegner!

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