Dushan-Wegner

27.03.2024

RKI-Protokolle und das Zwicken im Nacken

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild: »Von den Dächern aus«
Die RKI-Protokolle sind ein paar Tage draußen. Einige Politiker und Staatsfunker leugnen und beschwichtigen. Doch wichtige Mainstream-Funktionäre wagen die Flucht nach vorn … und bald werden sie alle »Querdenker« gewesen sein wollen!
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Die »RKI-Protokolle« sind draußen. Diese auch »RKI-Files« genannten Dokumente sind die vom Multipolar-Magazin freigeklagten Protokolle des Krisenstabes des Robert Koch-Instituts (RKI) zu den RKI-Handlungen während der Corona-Panik. (Siehe: multipolar-magazin.de, 20.3.2024)

Die internen Protokolle des RKI scheinen de facto zentrale Thesen sogenannter Querdenker und »Schwurbler« zu bestätigen. Allen voran jene These, wonach die Politik der Hauptmotivator so mancher Corona-Maßnahme war, nicht wirklich die Wissenschaft. (Zumal es seit jeher begrifflich mehr als fragwürdig war, zu sagen, die Wissenschaft erzwinge diese oder jene politische Maßnahme.)

Die Wucht dieser freigeklagten Protokolle, obwohl sie in vielen Passagen geschwärzt blieben, erzwang Aufmerksamkeit sogar außerhalb der Freien Denker und sonstiger freien Medien – und was für eine Aufmerksamkeit!

Ungewohnt wahrhaftig

In einem vermutlich brillanten internen Schachzug veröffentlichte ausgerechnet zdf.de einen Mainstream-Erstschlag zu den Inhalten der RKI-Files – und zwar spät am Abend des 23. März 2024, einem Samstag. (Für eine erste Chronik der medialen Verbreitung der RKI-Files siehe multipolar-magazin.de, 25.3.2024.)

Bei der späten Veröffentlichung in der Tiefe des Wochenendes schliefen vermutlich die Zensoren, und so konnte eine für den Staatsfunk wahrhaft ungewohnte Wahrhaftigkeit im Namen ebendieses Staatsorgans geschrieben werden.

Der Verdacht, dass da jemand durch geschicktes Timing die schlafenden Zensoren umgangen hatte, schien sich bald zu bestätigen, als der entsprechende ZDF-Text bald umgeschrieben wurde. Man vergleiche die archivierte Original-Version (archive.is/30dNP) und die später »aktualisierte« Version bei zdf.de.

Doch alles Zurückrudern durch Selbstzensur half wenig. Mittlerweile hat es sich auch im Ausland herumgesprochen, dass die Verantwortlichen in Deutschland sehr genau wussten, dass die Lockdowns mehr Schaden anrichten als nutzen würden (telegraph.co.uk, 25.3.2024) – womöglich auf Anweisung einer zentralen, wichtigen Person, deren Name auch in den freigeklagten Protokollen weiter geschwärzt ist.

Typisch für unsere Zeit

So spektakulär und dann doch wieder typisch die Vorgänge rund um die RKI-Files sind, so ist es ein kleineres Detail, ein »Tweet«, »X-Post« oder wie man das gerade nennt, das mich besonders amüsierte, das mir als typisch für die Zeiten erscheint.

Ein Georg Restle (den ich etwa schon im Essay »Propaganda in deinem Wohnzimmer« vom 27.7.2018 behandelte) schrieb: »Und nochmal: Nicht jeder, der überbordende Corona-Maßnahmen kritisiert (hat), ist ein ›Schwurbler‹ oder Recht(sextrem)er. Auch wenn viele damit ihre braune Suppe gekocht haben. Auch das gehört zum Job: Dass wir differenzieren.« (@georgrestle, 25.3.2024/ archiviert)

Da musste ich doch lachen. Das ist derselbe Herr, der über eine Pro-Grundrechte-Demonstration zu Zeiten der Corona-Panik noch hetzte, dass wer da auf die Straße geht, mit »Rechtsextremisten« »gemeinsam demonstriert« (@georgrestle, 24.8.2020/ archiviert).

Diese erste »Differenzierung« aber, die hat es in sich. Natürlich denke ich da an meinen Essay, den ich am 11.6.2021 schrieb, denn der trug den Titel: »Bald werden sie alle schon immer Querdenker gewesen sein«.

Es deutete sich schon damals an, 2021, als ich das schrieb. Jetzt ist es offizieller Mainstream. (Mainstreamiger als Georg R. wird es ja kaum.)

Herr Restle ist ja wahrlich und leider nicht allein damit! Leute, die eben noch recht unzweideutig gifteten, dass wer de facto für Grundrechte demonstriert, damit aktiv und bewusst mit Rechtsextremisten demonstriert, und so weiter, die jede Kritik an der »Ermächtigung« dämonisierten, diese und ähnliche Leute wollen plötzlich »differenzieren«.

Nein, nicht alle Politiker fliehen nach vorn. Ein Karl Lauterbach flüchtet sich bezüglich der Veröffentlichung der Protokolle des deutschen Robert Koch-Instituts (also einer Behörde des Gesundheitsministeriums), freigeklagt vor einem deutschen Gericht, in wirre Verschwörungstheorien bezüglich der »Einmischung fremder Regierungen« (@Karl_Lauterbach, 25.3.2024). Der Gesundheitsminister wirkt aber zunehmend isoliert.

Die Herren Habeck und Lindner etwa fordern nun plötzlich eine »systematische Fehleranalyse« zur Corona-Politik (tagesspiegel.de, 27.3.2024).

Ministerpräsidentin Malu Dreyer meint, eine Aufarbeitung sei notwendig, »um den Riss zu kitten, der zwischen Befürwortern und Gegnern der Corona-Maßnahmen entstanden ist« (ebenda).

»Heute wissen wir, dass viele Entscheidungen der früheren Bundesregierung großen sozialen und wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben«, lässt sich der Finanzminister zitieren. Exakt diese Formulierungen hätten einen bis eben noch als »Schwurbler« und Gefahr für die Volksgesundheit disqualifiziert – vielleicht tun sie es bei unaufmerksamen Zensoren bis heute.

Ja, bald werden sie schon immer Maßnahmenkritiker gewesen sein – bald werden sie alle Querdenker gewesen sein wollen.

Diese Gleise entlang

Ein Prophet ist einer, der den Gleisen, die vor uns allen liegen (die vor uns allen und jedem Einzelnen liegen), mit seinen Augen bis zu unser aller Horizont folgt und dann ausspricht: Der Zug, der diese Gleise entlangfährt, wird wahrscheinlich dort an genau jenen Punkt am Horizont gelangen, wo diese Gleise ganz offensichtlich hinführen.

Simple Frage: Wenn es so einfach ist, warum sind wir dann nicht alle Propheten?

Simple Antwort: Wir sind nicht jeder ein Prophet, weil Prophetsein – wie übrigens auch Heldsein oder Bäckersein – zwar als Text und Idee romantisch klingt, im realen Alltag aber anstrengend ist.

Der Mensch ist seiner Natur nach faul. Es braucht ganz besondere Nackenmuskeln, den Kopf und Blick vom kleinen, unmittelbaren Gleisstück weg- und hochzuheben, hoch zum Horizont, zu welchem die Gleise führen.

Das Zwicken des Propheten

Einige getriebene Zeitgenossen jedoch zwickt es im Nacken, sodass wir zwanghaft hochschauen müssen. Und wenn wir schon hochschauen müssen, dann können wir genauso gut mit dem Blick den Gleisen folgen. Und dann können wir genauso gut aussprechen, was mit hoher Wahrscheinlichkeit für uns der Fall wird, wenn wir weiter dahin fahren, wohin wir fahren.

Die »Propheten« stören die Ruhe und Bedächtigkeit des Moments. Propheten bereiten Stress und Unruhe. Also begegnen wir unseren Propheten mit Gespött und Geringschätzung, Misstrauen und Misshandlung. (Selbst Propheten gegenüber anderen Propheten. Oft gerade die. Zur Störung kommt ja die Konkurrenz dazu.)

Wer also wollte sich das Prophetsein antun, heute, jemals oder irgendwann, wenn sein Nacken ihn nicht zwickend dazu zwingt?

Kreislauf unterbrechen

Die Veröffentlichung der RKI-Files wirkt in Deutschland wie ein Novum. Erschrocken über so viel offengelegte Wahrheit wollen Politik und Staatsfunk wieder einfangen, was noch einzufangen ist. »RKI-Protokolle: Wie Sätze aus dem Zusammenhang gerissen werden«, salbadert br.de, 26.3.2024.

Im Text selbst arbeitet man sich dann in peinlich vielen Absätzen am Multipolar-Magazin ab, welches die Akten freiklagte. Es ist eine erbärmliche Übung in »ad hominem«-Propaganda. Der Absatz mit der Überschrift »Was steckt hinter dem Blog ›Multipolar‹?« enthält in jedem einzelnen der sechs Absätze ein Wort, das mit »verschwörungs-« beginnt, in einem sogar zweimal. Der Magen des deutschen Propagandastaates muss sich noch an so viel unerwartete Wahrheit gewöhnen.

In den USA hat sich die Gesellschaft (oder was davon noch übrig ist) bereits mit einem gewissen Kreislauf arrangiert: 1. Die Regierung leugnet Offensichtliches (»conspiracy theory«). 2. Später kommt es heraus (etwa durch »freedom of information act«). 3. Doch die Regierung und Geheimdienste sind dadurch nicht beschämt oder gar geschwächt. Vielmehr stärkt es die Macht der Regierung, denn die Veröffentlichung sendet die Botschaft: »Yep, wir haben es getan, doch was wollt ihr tun?« 4./1. Kritische Fragen zu der neuen, aktuellen Praxis werden wieder und weiter als »conspiracy theory« abgetan.

Es ist ein typisch amerikanischer Kreislauf, der auch in Deutschland und der sonstigen EU-Besatzungszone zutage tritt: Offensichtliche Schweinereien werden erst abgetan, dann als solche bestätigt – und schließlich wollen sie alle schon immer dagegen gewesen sein.

Was aber tun wir mit unguten Kreisläufen? So viel haben wir von den asiatischen Religionen gelernt: Wir entfliehen ihnen!

Kreisläufen entflieht man, indem man loslässt. Man lässt los, indem man die Dinge sieht, wie sie wirklich sind.

Um die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind, braucht es offenbar Propheten.

Wir befinden uns heute in so vielen Sachverhalten, bezüglich derer es dringend und notwendig wäre, die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind. Etwas geht zu Ende, es sind die letzten Tage des Westens, der letzte Tag auf dem letzten Jahrmarkt – und es wäre ratsam, wenn jeder von uns zum Propheten würde.

Wenn weiter der Fall bleibt

Prophet sein ist nicht schwer! Schaut auf die Gleise, die Linien auf dem Boden, die Flugrichtung der bereits umherfliegenden Scherben und Granatsplitter, prüft die Windrichtung (wofür man bekanntlich kein Wettermann zu sein braucht).

Es war wirklich nichts »Magisches« daran, »prophetisch« zu ahnen, dass sie bald alle »Querdenker« gewesen sein wollen, ob sie es dann so nennen oder nicht. Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass strukturell Vergleichbares passierte. (Es braucht halt »nur« den sturen Willen und dazu natürlich die Fähigkeit, diese Ahnungen in Worten zu fixieren, und das wiederum wird durch Ihre treue Unterstützung möglich.)

Am Ende gewinnt immer die Realität. Wie die Realität aber wahrscheinlich aussehen wird, das lässt sich viel öfter voraussagen, als wir uns zugestehen. Lasst uns Propheten sein!

Lasst uns Prophetie üben, indem wir uns die Wahrheiten über des Menschen Seelenleben eingestehen. Und indem wir dann in brutaler Ehrlichkeit sagen, was der Fall sein wird, wenn weiter der Fall bleibt, was jetzt vor unseren Augen der Fall ist.

Weiterschreiben, Wegner!

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