Dushan-Wegner

30.06.2023

Zur Vorbereitung

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten, Bild: »Schön, oder?«
»Prepper« bereiten sich auf Ausfälle des Systems vor. Man beschimpfte sie als »rechtsextrem« – bis man es plötzlich empfahl. Nun scheint es, dass Politik und Behörden die Demokratie selbst beschädigen. Worauf soll man sich da vorbereiten?
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Heutzutage beginnen viele Gespräche unter Deutschen mit einem subtilen Prüfungsritual, wodurch wir feststellen, ob wir einen Non Player Charakter oder einen Selbstdenker vor uns haben. (Von der anderen Seite des Spektrums natürlich: ob der andere ein »Guter« ist, wie man selbst, oder »Rechtsextremer«/»Schwurbler«/»Faschist«/»Bodensatz«.)

Beide Seiten halten die jeweils andere für fehlgeleitet. In der irrealen Welt sozialer Medien oder moderner Universitäten werden sie einander beschimpfen. Im Alltag aber werden sie die Kommunikation meist aufs Notwendige und Neutrale beschränken.

Der Kontext dieses modernen »Beschnupperns« zweier Deutscher ist jener »große Graben«, den ich seit Jahren beschreibe – und den ich einst überbrücken wollte. (Siehe dazu etwa die Essays vom 15.12.2017, vom 8.3.2018, vom 3.11.2019, vom 9.1.2022 oder vom 28.10.2022.)

Naturgemäß sind die meisten Menschen, mit denen ich privat Umgang pflege, aber auch die meisten meiner Leser, wohl in jene Kategorie einzuordnen, die ihr Bestes geben, selbst zu denken, und dafür von der »offiziellen Meinung« geächtet werden.

Doch ich stelle dieser Tage noch eine Besonderheit unter »uns« fest – und es ist eine Eigenschaft, die bis eben noch von Regierung und Propaganda als Merkmal der »Rechtsextremen« galt, aber plötzlich durchaus positiv beschrieben wird.

Die Vorbereiter

Etwa um das Jahr 2019 versuchten die Journalisten des deutschen Propagandastaates eine Hysterie bezüglich sogenannter Prepper zu schüren. »Prepper« leitet sich von »Preparation« ab, was »Vorbereitung« bedeutet.

Im Essay vom 15.7.2022 fragte ich dann: »Beobachtet der Verfassungsschutz das Innenministerium?« – Der Anlass für diese ironisch gemeinte Frage war, dass die Regierung selbst plötzlich dazu riet, sich Vorräte anzulegen, sprich: sich auf Katastrophen und Notlagen vorzubereiten.

Eben galt es noch als Zeichen für Staatsfeindlichkeit, auch nur zu denken zu wagen, dass das große »System Deutschland« ins Stocken gerät – und plötzlich raten die Verantwortlichen ebendieses Systems, sich darauf vorzubereiten?

Nun gut, es scheint wie ein weiterer Fall von »eben noch Verschwörungstheorie, kurz darauf ganz selbstverständliche Verlautbarung« – wir sind es gewohnt.

Ich stellte aber erstaunt fest, dass sich ziemlich viele Menschen in meiner Umgebung derart einrichten, dass sie auch etwa einen Ausfall der Lebensmittelversorgung über einige Wochen oder zumindest Tage überleben könnten, manche sogar Ausfälle der Strom-, Wasser- und Gasversorgung. (Nebenbei: Auch das ist ein Aspekt des Wahns aktueller Politik; man destabilisiert die Stromversorgung, doch zugleich macht man die Bürger von dieser absolut abhängig.)

Doch in unruhigen Minuten befällt mich heute die Sorge, dass wir uns auf noch etwas vorbereiten sollten.

Ausfall 2.0

Die Vorsitzende der Grünen – also einer Regierungspartei! – erzählte dieser Tage ganz offen und geradezu selbstverständlich, dass die Politik die Parteiaustritte von AfD-Mitgliedern fördern wolle – mit Steuermitteln (weltwoche.de, 29.6.2023).

Dies ist bekanntlich nicht die erste wenig demokratische Äußerung eines deutschen Funktionärs als Reaktion auf den AfD-Sieg im Landkreis Sonneberg. Erst vorgestern berichtete ich etwa von der üblen Wählerbeschimpfung »Bodensatz«.

Der eigentliche Skandal an der Lang-Äußerung ist aber, dass diese keinen Skandal hervorrief, keinen Rüffel vonseiten der Regierung, keine Korrektur durch das Familienministerium, Deutschlands Quasi-Propagandaministerium, geschweige denn einen Rücktritt der Entgleisenden selbst.

Nun frage ich Sie: Wenn wir sehen, wie in Deutschland täglich die Grundprinzipien der Demokratie vom politischen Personal beschädigt werden: Worauf sollten wir uns eventuell noch vorbereiten?

Vorsichtige Vorbereitung

In Deutschland haben sich Politiker einige Gesetze zurechtgelegt, welche scharfe und unangenehm präzise Kritik an ihrem Verhalten in die Nähe der Illegalität rücken.

Wer etwa das Denken und Handeln der aktuellen etablierten Akteure mit dem Denken und Handeln in der NS-Zeit vergleicht, kann schnell fürs Aufzeigen der Detail-Ähnlichkeiten bestraft werden, indem behauptet wird, sein Vergleich würde die NS-Zeit »verharmlosen« – während diejenigen, die das vorwerfen, selbst die Opposition noch vorm Frühstück dreimal als »Nazis« und »Faschisten« bezeichnet.

In einem parallelen Ansatz wird man schnell zur Zielscheibe von Funktionären und Behörden, wenn man darauf hinweist, wie das Denken und Handeln deutscher Politik wenig demokratisch wirkt. Wer im Bundestag darauf hinweist, dem wird schnell vom Bundestagspräsidenten über den Mund gefahren (wobei die Tatsache, dass immer noch kein Bundestagspräsident-Vize von der AfD existiert, die Wähler mit jeder Sitzung aufs Neue verhöhnt). Offenbar hat der Bundes-Verfassungsschutz die berüchtigte Kategorie »Delegitimierung« extra eingeführt, um jeden in den Fokus nehmen zu können, der hinterfragt, wie demokratisch die deutsche Demokratie wirklich ist. (Die Fotos auf verfassungschutz.de, Stand 30.6.2023 zeigen den Protestspruch »Diese Politik vernichtet uns alle«, ein Grafitti mit nichts als dem Wort »Coronalügen« und ein Plakat mit »Coronagate, Pharmagate, Merkelgate, Billgate«. Hmm.)

Es ist in Deutschland nicht unproblematisch, öffentlich aufzuzeigen, dass aktuelle Entwicklungen erschreckend an andere Regierungsformen erinnern. Und doch scheint es mir für jeden von uns als moralische Pflicht, Verantwortung für sich und seine relevanten Strukturen zu übernehmen und entsprechend zu handeln.

Am Ende gewinnt die Realität. Die Realität ist, dass Funktionäre die unseren Glauben an die Demokratie beschädigen – während sie mit Wortverdrehung und Drohungen verhindern wollen, dass Leute die Harke eben eine Harke nennen.

Nehmen wir aber an, dass die Funktionäre mit ihrem Ansinnen durchkommen – sie scheinen ja wenig Gegenwehr zu erleben –, und die, die zur Verteidigung der Demokratie eingesetzt sind, scheinen bisweilen selbst Öl ins Feuer zu gießen.

Sagen wir mal so

Ich weiß nicht, ob es als »rechtsextrem« gälte, sich darauf vorzubereiten, dass in Deutschland jede inhaltliche Opposition verboten wird, mit entsprechenden Folgen für alle Sympathisanten und generellen Kritiker.

Erst will man es mit »Aussteigerprogrammen«, Wählerbeschimpfung und Propaganda-Dauerbeschuss versuchen, dazu mit Diskriminierung und Benachteiligung im Alltag.

Doch was, wenn das nicht funktioniert? Sagen wir mal so: Eine robuste Diskriminierung und dazu Verfolgung der Opposition und ihrer Wähler würde vermutlich auf noch weniger gesellschaftliche Gegenwehr stoßen als die wenig demokratische Ächtung von Menschen, die sich der mRNA-Injektion verweigerten.

Die Geächteten aber, wenn sie einander nach vorsichtigem Abklopfen erkannt haben, tauschen heutzutage bald Ideen aus, wie man sich darauf vorbereitet, wohin sich das alles entwickelt. Man bereitet sich vor und will dennoch jetzt erst recht ein produktiver und vielleicht sogar glücklicher Mensch bleiben!

Nehmen wir an, dass das Wunder ausbleibt und das Herausrutschen aus der Demokratie weitergeht – wie bereitest du dich vor?

Weiterschreiben, Wegner!

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